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Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker

Titel: Dracula, my love - das geheime Tagebuch der Mina Harker
Autoren: Syrie James
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sei Dank, dass er nun vorüber ist.«
    »Der alte Herr Swales hat gestern wegen dieses Sturms so viele düstere Vorahnungen ausgesprochen. Ich hoffe, dass alle Fischerboote
     das Unwetter unbeschadet überstanden haben.«
    »Lass uns zum Hafen gehen und nachsehen.«
    Rasch kleideten wir uns an, verzichteten auf unser Frühstück und eilten nach draußen. Die Luft des frühen Morgens war frisch
     und klar, und hier und da blitzte die gerade aufgegangene Sonne zwischen den aufgetürmten Wolkenbergen hervor. Während wir
     die Straße hinunterliefen, verspürte ich eine plötzliche Kälte, und es überkam mich ein seltsames Gefühl. Ich bemerkte, dass
     auch Lucy erschauerte, und fragte: »Ist dir kalt?«
    »Nein«, erwiderte sie, »aber mir war gerade so merkwürdig zumute. Beinahe, als beobachtete uns jemand.«
    »Genau das habe ich auch verspürt!« Wir schauten uns rasch um. Entlang der Straße lagen die Häuser alle im Schatten. Die Straße
     selbst war menschenleer, bis auf uns und zwei andere Seelen, die mit raschen Schritten genau wie wir auf die Westklippe zusteuerten.
    »Ich sehe nichts«, sagte Lucy.
    »Ich glaube, das Unwetter hat unsere Nerven aufs äußerste angespannt.« Wir lachten ein wenig, hakten uns unter und eilten
     weiter zum Hafen.
    Das Meer war noch finster, und die Wellen schäumten |42| wütend. Die wenigen Menschen, die zu sehen waren, unterhielten sich angeregt. Alle Fischerboote schienen sicher vor Anker
     zu liegen. Ein großer Segler jedoch – dasselbe seltsame, schlingernde Schiff, das am Tag zuvor solche Neugier erregt hatte
     – war am Pier unterhalb der Ostklippe auf den Strand gespült worden. Nun ragte es windschief aus Sand und Kies. Die Segel
     waren zerfetzt, und ein Teil des Takelwerks war auf dem Deck und dem darunter liegenden Sand zerschellt.
    »Das schöne Schiff!«, rief ich aus. »Wie schade!« Ich wandte mich an einen rotbärtigen, wettergegerbten Mann, der in der Nähe
     stand und fragte ihn: »Was ist geschehen? Wissen Sie es?«
    »O ja«, antwortete er feierlich und sog an seiner Pfeife. »Ich habe es gestern spät in der Nacht mit eigenen Augen gesehen.
     Man sagt, es sei ein russisches Schiff, die
Demeter.
Der Küstenwart hat beobachtet, wie sie hereinkam, ganz von Dunst und Nebel umhüllt, und signalisierte ihr, sie solle angesichts
     der drohenden Gefahr weniger Segel setzen, doch niemand reagierte. Das Schiff schlingerte weiter hin und her, als hielte keine
     Hand mehr das Steuer. Dann brach das Unwetter los, und eine Zeitlang verloren wir das Schiff aus den Augen. Plötzlich drehte
     der Wind, und da war es wieder. Wie durch ein Wunder hatte es den Weg in den Hafen gefunden und kam mit vollen Segeln so schnell
     vor dem Wind herangerauscht, dass es irgendwo auf Grund laufen musste. Als die Küstenwachen an Bord gingen, erwartete sie
     ein Schreckensbild.«
    »Was denn?«, fragte Lucy ängstlich.
    »Dieses Schiff hatte ein Toter gesteuert«, antwortete der Mann, und seine Augen weiteten sich vor Entsetzen unter den buschigen
     Augenbrauen.
    »Ein Toter?«, wiederholte ich. »Wie kann das angehen?«
    »Darin liegt das Geheimnis, Fräuleinchen. Die gesamte Mannschaft ist verschwunden. Den Leichnam des Kapitäns |43| fand man an das Ruder gefesselt; er schwankte schrecklich hin und her und hielt ein Kruzifix in den erstarrten Händen.«
    »Oh!«, riefen Lucy und ich, beide vor Furcht wie benommen.
    »Der einzige Überlebende, so scheint es, ist ein Hund.«
    »Ein Hund?«, wiederholte ich überrascht.
    Der Mann mit der Pfeife nickte. »In dem Augenblick, als das Schiff auf Grund lief, sprang ein riesiger Hund über den Bug auf
     den Sand, rannte geradewegs auf die steile Klippe zu und verschwand. Seither hat man ihn nicht mehr erblickt. Er ist ohne
     Zweifel eine wilde Bestie, denn er scheint mit einem der Hunde in der Stadt einen Kampf ausgetragen und jenen getötet zu haben.
     Man fand einen Doggenbastard tot auf der Straße. Seine Kehle war durchgebissen und sein Leib aufgeschlitzt, wie von den Klauen
     eines Raubtieres.«
    »Oh!«, rief Lucy erneut aus.
    Ich hätte gern noch verweilt und weiter gelauscht, aber diese Geschichte war zu aufregend für Lucy. Sie bestand darauf, unverzüglich
     zum Royal Crescent zurückzukehren. Später, als sie lustlos in ihrem Frühstück herumstocherte, sagte sie mit gerunzelter Stirn:
     »Bis jetzt hatten wir so wunderbare Ferien, und nun ist dieses schreckliche Schiff gekommen … mit einem … mit einem Toten
     am Ruder! Mich
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