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Drachenwege

Drachenwege

Titel: Drachenwege
Autoren: Anne McCaffrey , Todd McCaffrey
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hatte, um Jofri zu instruieren? Oder reiste er mit der Handelskarawane mit?
    »Was treibst du hier?«, schnauzte der alte Mann.
    »Ich wollte nachsehen, ob die Glühkörbe ausgewech-selt werden müssen«, erwiderte Kindan.
    Der Alte zog die Stirn kraus. Er drehte den Kopf, als wolle er über die Schulter spähen, doch dann schien er sich anders zu besinnen und wandte sein volles Augenmerk wieder Kindan zu. »Man sagte mir, heute würde in der Grube nicht gearbeitet.«
    »Das stimmt, wir feiern nämlich eine Hochzeit«, klärte Kindan ihn auf. »Aber ich dachte mir, Natalon könnte trotzdem Wert darauf legen, dass frische Leuchtkörbe in der Mine hängen.«
    »Nun, die alten sind tatsächlich beinahe verbraucht«, erwiderte der Mann. Er zuckte leicht zusammen, als hinter ihm ein Stein zu Boden fiel. »Ohne ausreichende Beleuchtung ist es sehr gefährlich da drunten. Aber ich glaube - Moment mal! - bist du nicht Kindan?«
    »Ja, Herr, der bin ich«, entgegnete Kindan und wunderte sich, woher der Fremde seinen Namen kannte. Er wusste doch nicht etwa Bescheid über ... Kindan fielen sämtliche Missetaten ein, die er in letzter Zeit begangen hatte, bis der Mann ihn aus seinen Gedanken riss.
    »In fünfzehn Minuten hast du dich im Quartier des Harfners einzufinden, junger Mann«, beschied ihn der Alte. Und als Kindan in Richtung auf Jofris Kate los-stürmen wollte, fügte er hinzu: »Du sollst nämlich singen, spare also deinen Atem.«
    »Ganz bestimmt!«, rief Kindan und flitzte trotz der Ermahnung den Hang hinunter, so schnell ihn seine Beine trugen.
    Sowie Kindan außer Hörweite war, drehte sich der Mann zum Grubeneingang um. »Du kannst jetzt herauskommen, er ist weg.«
    Leichtfüßig näherte sich jemand dem Tor, ohne indes ins Freie zu treten.
    »Ich kenne eine Abkürzung.«
    »Durch den Berg?«, fragte er.
    »Natürlich.« Eine Zeit lang herrschte Schweigen. Das Mädchen spürte das Zögern des Mannes und setzte hinzu: »Ich habe diesen Weg schon oft benutzt. Komm mit, ich zeige ihn dir.«
    Der Alte lächelte und begab sich in den Stollen zurück. »Nun ja, wenn du mich führst, bin ich mit der Abkürzung einverstanden«, meinte er und deutete vor der schmalen Gestalt, die im Dunkeln stand, eine Ver-

    beugung an. »Ich vermute, auf diese Weise gelangen wir vor dem jungen Burschen an unser Ziel.«
    Als Antwort darauf erhielt er ein schelmisches Kichern.

    * * *

    Trotz der Ermahnung des Alten traf Kindan völlig außer Atem vor der Kate des Harfners ein. Zenor erwartete ihn bereits.
    »Du kommst gerade noch rechtzeitig, Kindan«, begrüßte Zenor ihn. »In ein paar Minuten ...« Er brach ab und blickte ihn nachdenklich an.
    »Was ist los?«
    »Der Meister möchte uns singen hören«, erklärte Zenor. »Er hat Kaylek gesagt, dass er auf der Hochzeit nicht singen darf.«
    Kindans Miene erhellte sich, als er sich Kayleks Reaktion vorstellte. Nicht, dass er überrascht gewesen wäre - Kaylek besaß einfach keine schöne Stimme, und er konnte keinen Ton halten. Seinen Freunden gegen-
    über behauptete er steif und fest, er mache sich nichts aus Singen, aber bevor er in den Stimmbruch kam, hätte er eine wunderbare Stimme gehabt. Doch von seinen anderen Brüdern und Sis wusste Kindan, dass er in beiden Fällen flunkerte. Kaylek sang für sein Leben gern, war aber durch und durch unmusikalisch.
    Silstra hatte sich viele Gedanken darüber gemacht, wie sie alle ihre Brüder in ihre Hochzeit einbeziehen konnte. Und wenn sie vorgeschlagen hatte, Kaylek singen zu lassen, war das ein Beweis dafür, dass ihr die Ideen ausgegangen waren und sie vor lauer Nervosität nach einem Strohhalm griff.
    Zenor stieß Kindan den Ellenbogen in die Rippen.
    »Hast du nicht kapiert? Wenn Kaylek nicht als Sänger auftreten darf, wer soll dann all seine Lieder bei der Hochzeit singen?«
    Kindan sperrte Mund und Augen auf, als ihm dämmerte, was auf ihn zukam.
    In diesem Moment wurde von drinnen die Tür geöffnet.
    »Hereinspaziert, aber ein bisschen dalli. Ich mag es nicht, wenn man trödelt«, grollte eine Bassstimme. Es war nicht der Harfnergeselle Jofri, der die Jungen zum Eintreten aufforderte. Kindan erkannte die Stimme auf Anhieb, sie gehörte dem alten Mann, dem er vor dem Grubeneingang begegnet war.
    Empört stürmte er in die Hütte.
    »Was hast du hier zu suchen? Es war schon schlimm genug, dass du in die Grube hineingegangen bist, ohne dir die Erlaubnis von Obersteiger Natalon zu holen. Und jetzt bist du auch noch in das Haus des
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