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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf
Autoren: C. Bertelsmann
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kleiner, nagender Zweifel blieb: Was geschah, wenn es Pona wirklich gelang, ihren Großvater gegen ein einfaches
Harfnermädchen aufzuhetzen? Nicht alle Barone waren so tolerant wie Groghe. Nicht alle von ihnen besaßen Feuerechsen. Menolly vermochte ihre Angst nicht ganz zu unterdrücken - und ihr graute vor einer Rückkehr in den tristen Alltag der Halbkreis-Bucht.

KAPITEL ELF
    O, preist die starken Drachenschwingen,
Die Mut und neue Hoffnung bringen!
     
    Domick hielt sie am nächsten Morgen zurück, als sie den Speisesaal verlassen wollte.
    »Erinnerst du dich noch an diese Meeres-Ballade, die du beim Fest gesungen hast? Glaubst du, es dauert lange, sie niederzuschreiben? Ich kenne sie nämlich nicht.« Das klang beinahe gekränkt. »Und Meister Robinton legt Wert darauf, dass wir auf dem Festland die Lieder der Meere verbreiten und umgekehrt...« Meister Domicks Tonfall verriet Missbilligung, doch als er Menollys Miene sah, fügte er hastig hinzu: »Oh, ich bin ja nicht grundsätzlich dagegen, mich stört nur, dass er die Noten sofort will. Heute werden nämlich die Gesellen aufWanderschaft geschickt und sie sollen die Balladen gleich mitnehmen. Das erspart spätere Reisen...«
    »Wenn Sie möchten, schreibe ich gleich mehrere Kopien«, bot sie ihm an.
    Domick schlug sich gegen die Stirn. »Natürlich, ich hatte völlig vergessen, dass du eine gute Handschrift besitzt. Das musste sogar Arnor eingestehen.« Domick lachte. »Also schön, verschwenden wir keine Zeit mehr! Du bist so nett und fertigst einige Kopien der Meeres-Ballade an.Wenn dir noch Zeit bleibt, kannst du auch dein Feuerechsen-Lied abschreiben. Ich weiß nicht genau, wie
viele Abschriften Arnor geschafft hat - und du hast seine Laune ja gestern kennengelernt. Geh übrigens in Zukunft zu Dermently, dem Archivgesellen, wenn du Schreibmaterial brauchst!«
    Damit ließ er sie stehen und schlenderte leise pfeifend auf die geschlossene Tür des Großen Saales zu.
    Meeres-Balladen auf dem Festland und Festlandslieder an der Küste, dachte Menolly, während sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinaufging. Was mochte wohl ihr Vater dazu sagen? Und angenommen, Harfner Elgion trug eines Tages ein Lied vor, das sie, Menolly, geschrieben hatte? Eine Schande für die Burg - pah!
    Sie spielte mit dem Gedanken, an Mavi, ihre Mutter, oder an ihre Schwester zu schreiben und ganz nebenbei zu erwähnen, dass sie nun der Schützling des Meisterharfners von Pern war. Dass alle sie verkannt hatten...
    Nein, sie würde weder ihren Eltern noch ihrer Schwester Nachricht geben. Aber vielleicht richtete sie ein paar Zeilen an ihren Bruder Alemi. Er hatte als Einziger ihren Gesang geschätzt und ihr seine Anteilnahme gezeigt. Und er würde die Neuigkeit für sich behalten.
    Sie verdrängte diese Gedanken und machte sich an die Arbeit. Bis der Mittagsgong ertönte, hatte sie sechs Kopien der Meeres-Ballade zum Trocknen ausgelegt.
    Domick stand im Korridor, in ein ernstes Gespräch mit Jerint vertieft, der über irgendetwas verärgert schien. Der Meister kam erleichtert auf sie zugeschossen.
    »Sechs...«, sagte er strahlend, »und jede sauber ausgeführt. Ich danke dir, Menolly. Könntest du...? Nein, nachmittags musst du mit Meister Shonagar arbeiten, ich weiß.«
    »Ich brauche vermutlich neues Papier, Meister Domick, aber ich kann sicher noch vor dem Abendessen ein oder zwei Blätter schaffen.«
    Domick ließ die Blicke über den Speisesaal schweifen, der sich langsam füllte. »Hmm - mit zwei oder drei Kopien deiner Feuerechsen-Ballade
wäre mir sehr geholfen. Komm! Arnor hat seine Höhle inzwischen sicher verlassen, und von Dermently kriegen wir so viel Papier, wie wir wollen. Zumindest heute.«
    Sie machten kehrt und eilten zum Archiv.
    »Glaub nicht, dass ich es mir zur Gewohnheit machen will, dich für solche Arbeiten auszunutzen, Menolly. Es ist viel wichtiger, wenn du komponierst. Abschreiben kann jeder Lehrling. Aber im Moment verlassen uns eine Menge Gesellen... Deshalb war Jerint auch so verärgert. Und warte nur, bis Arnor die Neuigkeit erfährt!«
    »Die Gesellen verlassen die Gilde?«
    »Du hast doch nicht geglaubt, dass sie hierbleiben, bis sie verschimmeln?«
    Bedauern überkam Menolly, als sie an Talmor und Sebell dachte; Sebell hatte ja bereits angedeutet, dass er auf Wanderschaft gehen musste.
    »Mach dir keine Sorgen wegen unseres Quartetts«, meinte Domick, der ihr Schweigen richtig deutete. »Die wirklich tüchtigen Leute kommen wieder. Und wir bilden ja
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