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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf
Autoren: C. Bertelsmann
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Männer von ganz Pern.«
    Audivas Miene umwölkte sich kurz. »Der Harfner hat das Recht, Gastschüler aus der Gilde zu verweisen«, entgegnete sie trotzig. »Er besitzt den gleichen Rang wie ein Baron, der sich seine Pfleglinge auch auswählen kann. Außerdem bist du ja die Tochter eines Barons.«
    »Das spielt keine Rolle. Hier in der Gilde habe ich nur Lehrlingsrechte.«
    »Oho, du bist immerhin Lehrling des Meisterharfners«, mischte sich Piemur ein. Der Kleine besaß in der Tat ein scharfes Gehör, wenn er das leise geführte Gespräch verstand. »Und darauf kannst du dir etwas einbilden.« Er warf einen Blick auf Briala, die auch versucht hatte, Menolly und Audiva zu belauschen. »Ja, merk dir das ruhig, Briala!«, setzte er hinzu und schnitt dem dunkelhaarigen Mädchen eine Grimasse.
    »Du kannst dich gern für etwas Besonderes halten, Menolly«,
meinte Briala hochmütig, »aber im Grunde hast du als Lehrling überhaupt nichts zu melden. Und Pona ist der Liebling ihres Großvaters. Wenn sie ihm erzählt, dass du hinter ihrer Rückkehr steckst, wird er schon dafür sorgen, dass du von hier verschwindest.« Sie schnippte verächtlich mit den Fingern.
    »Ach, sei doch still, Briala! Du redest den ganzen Tag nur dummes Zeug«, meinte Audiva, aber Menolly spürte eine leise Unsicherheit in ihrer Stimme.
    »Dummes Zeug? Na, dann warte mal ab, bis Benis mit deinem Viderian fertig ist!«
    Sie alle wurden von ihrem Streitgespräch abgelenkt, als Piemur plötzlich die Augen verdrehte und stöhnte. »Mann, wenn Pona fort ist, muss ich ihren Part singen! Das hat mir gerade noch gefehlt.« Seine übertriebenen Grimassen brachten die anderen zum Lachen und lenkten die Aufmerksamkeit auf das bevorstehende Frühlingskonzert.
    Piemur schwärmte Menolly vor, dass ein Fest noch gar nichts gegen das Frühlingskonzert sei. Zwei Tage lang rückten im gesamten Burgbereich die Bewohner zusammen, weil man Herbergen für die Besucher brauchte, die aus dem ganzen Land herbeigeströmt kamen. Drachenreiter fanden sich ein, Harfner, Angehörige aller Zünfte und Gilden, dazu die großen und kleinen Landpächter. Beim Frühlingskonzert wurden die neuen Meister vorgestellt und Lehrlinge in die Gilden aufgenommen. Piemur strahlte bei seiner Schilderung und vergaß ganz, dass er Ponas Rolle spielen musste.
    Der Gong erscholl und ein Geselle verlas die Nachmittagspflichten. Die meisten Gruppen mussten beim Säubern des Festplatzes mithelfen oder die von Reittieren zertrampelte Erde auflockern. Piemur machte ein finsteres Gesicht, weil man ihn mit zu den Feldarbeiten abkommandiert hatte. Briala lächelte boshaft, und er wollte sich eben mit einem geflüsterten Schimpfwort rächen, als ihm Menolly gegen das Schienbein trat. Piemur warf ihr
einen empörten Blick zu, aber als sie auf ihre Schulter deutete, benahm er sich gleich wieder zahm und gesittet. Er wollte die Chance, eines Tages eine Feuerechse zu bekommen, nicht leichtfertig verspielen.
    Menolly musste sich bei Meister Oldive einfinden. Er untersuchte ihre Sohlen, nickte zufrieden und schlug ihr vor, in Zukunft wieder feste Stiefel zu tragen. Auch ihre Hand hatte sich gebessert, aber der Heiler warnte sie vor Überanstrengung, da das Narbengewebe zu Rissen neigte.
    Als sie über den Hof zu Meister Shonagar ging, tauchte unvermittelt ihr Echsenschwarm in der Luft auf. Prinzessin landete auf ihrer Schulter und übermittelte Eindrücke von einem herrlichen Badeteich und Sonnenschein auf warmen Felsen. Merga hatte offenbar den Ausflug mitgemacht, denn Menolly erkannte deutlich eine zweite kleine Goldechse in Prinzessins Gedankenbildern.
    Meister Shonagar schien sich seit ihrem letzten Fortgehen nicht vom Platz gerührt zu haben. Eine Faust stützte den schweren Kopf, die andere lag auf dem Schenkel. Im ersten Moment glaubte Menolly, der Meister sei eingeschlafen.
    »Ah, du suchst mich doch noch auf? Nachdem du beim Fest gesungen hast?«
    »War das falsch?« Menolly hatte ihre Schritte verlangsamt, als sie den Tadel in seiner Stimme hörte, und Prinzessin zirpte aufgeregt.
    »Du sollst niemals ohne meine ausdrückliche Erlaubnis singen!« Die mächtige Faust hieb auf die Tischkante.
    »Aber der Meisterharfner...«
    »Wer bildet deine Stimme aus? Ich oder der Meisterharfner?« Sein Bass grollte von den Wänden wider.
    »Sie, Meister. Ich dachte nur...«
    »Du dachtest nur? Solange du meine Schülerin bist, junge Dame, so lange denke ich... und du wirst noch eine ganze Weile meine
Schülerin
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