Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachenreiter

Titel: Drachenreiter
Autoren: Cornelia Funke
Vom Netzwerk:
»Hört doch, junger Herr!«, wisperte er.
    Aber Ben hatte es längst selbst gehört. Ein Schnaufen und Ächzen drang aus dem Stein.
    »Lung!« Ben schnappte sich Fliegenbein und Kiesbart und sprang ein paar Schritte zurück. »Lung, wach auf! Er bewegt sich.« Alle fuhren hoch.
    »Was gibt's?«, rief Lola und sprang aus ihrem Flugzeug.
    »Er schlüpft aus!«, rief Ben.
     
    Mit ein paar Sätzen war die Ratte auf seiner Schulter.
    Das graue Gestein, in das Kiesbart seinen Spalt getrieben hatte, knackte und knirschte, bröckelte - und barst in tausend Stücke.
    Erschrocken wichen alle zurück.
    Staubig und hustend, mit steifen Gliedern kroch ein Drache aus den Trümmern. Seine Augen waren noch halb geschlossen. Mit taumelnden Schritten kämpfte er sich frei, schüttelte ein paar Steine von den Schuppen - und öffnete die Augen. Verwirrt sah er sich um. Wie jemand, der aus einem Traum erwacht.
    Maja machte einen Schritt auf ihn zu. »Schillerschwanz«, sagte sie. »Erkennst du mich?«
    Ein paar Augenblicke lang blickte der fremde Drache sie einfach nur an. Dann streckte er langsam den Hals vor und schnupperte. »Maja«, sagte er. »Was ist passiert?«
    Er drehte den Kopf zu Lung, der hinter Maja stand. »Wer bist du und ...«, er musterte die Kobolde und Ben, auf dessen Schultern Kiesbart, Fliegenbein und Lola saßen. »Wer sind die?«
    »Einer ist ein Dubidai!«, antwortete Burr-burr-tschan und verschränkte seine vier Arme. »Erinnerst du dich an uns, Schillerschwanz?«
    Schillerschwanz nickte verwirrt. Dann fiel sein Blick plötzlich auf Nesselbrands zusammengefallenen Panzer. Erschrocken fuhr er zurück.
    »Er ist da!«, flüsterte er. »Der Goldene ist auch da!«
    »Nein, er war da!«, sagte Schwefelfell und kratzte sich den Bauch. »Aber wir haben ihn geschmolzen.«
    »Na ja, wir nicht gerade«, fügte Burr-burr-tschan hinzu. »Lung und Maja waren es.«
    Schillerschwanz machte vorsichtig noch einen Schritt auf Maja zu. »Ihr habt den Goldenen besiegt? Nur ihr zwei?« Ungläubig schüttelte er den Kopf und schloss die Augen. »Das ist ein Traum«, murmelte er. »Ein schöner Traum. Ganz sicher.«
    »Nein, ist es nicht«, sagte Maya und stupste ihn an, bis er wieder die Augen öffnete. »Der goldene Drache ist tot.«
    »Jedenfalls so ungefähr«, fügte Ben hinzu. Staunend drehte Schillerschwanz sich zu ihm um.
    »Der Drachenreiter!«, flüsterte er.
    Maja nickte und pustete Schillerschwanz den Steinstaub von der Stirn. »Der Drachenreiter ist zurückgekehrt und der Goldene ist besiegt worden.«
    »Wie in den alten Geschichten«, murmelte Schillerschwanz und sah zu Nesselbrands zerschmolzenem Panzer hinüber. »Wie in den Geschichten, die du immer erzählt hast, Maja.«
    »Es waren aber nicht die Geschichten, die ihn besiegt haben«, sagte Ben und setzte Lola und den Zwerg auf die Erde.
    »Stimmt, wir waren's!«, rief Schwefelfell und breitete die Arme aus. »Wir alle zusammen. Kobolde, Drachen, Menschlein, Homunkulus, Zwerg und Ratte. Wir waren eine schmelzende Mischung!« Sie kicherte. »Das hast du leider alles verschlafen. So wie die da.«
    Sie zeigte zu den anderen Drachen, die immer noch unter ihren steinernen Häuten kauerten. Schillerschwanz drehte sich um und ging auf sie zu. Ungläubig stand er zwischen den Trümmern seiner eigenen Steinhülle.
    »Was ist passiert?«, fragte er leise. »Erklär es mir, Maja. Was ist das alles hier, wenn es kein Traum ist?«
    Die Drachin trat neben ihn und stupste ihm sacht die Schnauze in die staubige Seite. »Fühlt sich das an wie ein Traum? Nein. Du bist erwacht. Der Steinzwerg da hat dich geweckt.«
    Kiesbart streckte stolz die Brust vor.
    »Wird er auch die ändern wecken?«, fragte Schillerschwanz.
    Der Steinzwerg verschränkte die Arme und grinste. »Natürlich. Wenn wir ins Geschäft kommen.«
    »Natürlich!«, rief Fliegenbein von Bens Schulter. »Darauf habe ich nur gewartet, du Gipskopf. Ein Steinzwerg tut nichts ohne Bezahlung. Was willst du? Gold? Edelsteine?«
    »Nein!«, rief Kiesbart empört. »Nichts davon, du spinnenbeiniger Homunkulus. Ich hab es doch schon gesagt. Ich will in dieser Höhle bleiben. Ein bisschen in ihr herumklopfen. Ihre Schönheit putzen und polieren. Und ab und zu vielleicht ein winzig kleines Steinchen pflücken. Mehr nicht.«
    Maja sah spöttisch auf ihn hinab. »Du wirst mehr als einen pflücken, Zwerg«, sagte sie. »Du bist gierig. Aber trotzdem werden wir dir erlauben hier zu bleiben. Wenn du die anderen weckst.«
    Kiesbart
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher