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Dr. House

Dr. House

Titel: Dr. House
Autoren: Ian Jackman
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Dinge. Das plötzliche Erkennen einer zunächst verborgenen Ähnlichkeit bringt uns zum Lachen. (Bäh. Ich fühle mich schmutzig dabei, die zarte Schönheit von Humor mit solch plumpen, schematischen Begriffen zu beschreiben. Zu spät. Der Schmetterling ist angepinnt.) Der Witz entsteht also in dem für Metaphern zuständigen Teil des Gehirns, wo Vergleiche, Analogien und Derartiges produziert und entschlüsselt werden. House hat die Angewohnheit, Krankheiten in Metaphern zu erklären. Das ist praktisch, weil es den Zweck erfüllt, einem Laienpublikum (in der Serie ist das für gewöhnlich der Patient, ansonsten, nun ja, eben das Laienpublikum) zu erklären, was vor sich geht. Doch darüber hinaus macht House’ Begabung für Metaphern ihn zu einer Ausnahmeerscheinung auf seinem Gebiet. Seine Fähigkeit, Probleme mit Hilfe von Metaphern auseinanderzunehmen (Hier verwende ich eine Metapher, um eine Metapher zu beschreiben – das ist mal ein gehaltvoller Satz!), erlaubt es ihm, die Dinge klarer und analytischer zu betrachten als seine Kollegen. House’ Witze entstehen im selben Hirnareal wie seine Diagnosen. Hier hat auch seine Einstellung zum Tod ihren Ursprung.
    House ist Atheist. (Ich habe nichts Schriftliches von David Shore, dass ich das sagen darf, aber ich riskiere es jetzt einfach. Wenn House in der neunten Staffel zu Gott findet, überarbeite ich diesen Teil nochmal.) Und was tut ein Atheist angesichts des kalten, leeren Kosmos? Er kann in einen Fluss springen, er kann nach Glück streben, wie jemand mal so schön gesagt hat, oder er kann Witze machen. Ich glaube, für den Atheisten House ist der Witz geradezu heilig. Er ist für ihn das Wesen der Menschlichkeit, die Linderung des Leidens, er bedeutet, das Richtige zu tun. Dies sind die Regeln, nach
denen House gezwungenermaßen spielt, wenn auch widerwillig, unsicher und mit dem starken Verdacht, dass das ganze Spiel sinnlos und alles eitel ist. Der Witz dagegen ist ein Freudenschrei, ein göttlicher Funke, eine Möglichkeit, dem aufdringlichen Kosmos im Auge herumzustochern. House lacht den Tod aus. Warum auch nicht.

    Die eher praktisch veranlagten Leser unter Ihnen, die auch mal die Blätter aus der Regenrinne kratzen und Reifen wechseln, fragen sich wahrscheinlich, was all das mit den Abläufen in einem typisch amerikanischen Krankenhaus zu tun hat. Denken echte Ärzte in Metaphern, machen sie Witze, verhalten sie sich in irgendeiner Weise wie House, Cuddy oder Wilson? Und falls ja, ist es überhaupt erwähnenswert?
    Nun, zunächst einmal muss jeder, der das Princeton-Plainsboro für ein typisches Krankenhaus hält, den Großteil seines Lebens unverschämt gesund gewesen sein. Es ist weder typisch noch realistisch, und so war es auch nie gedacht. Für mich war das Princeton-Plainsboro immer ein Zauberwald, wo Patienten von ihren sinnbildlichen Krankheiten geheilt werden. Die Behandlungen sind metaphorisch, die Gespräche dialektisch. Jede Serie gehorcht ihren eigenen Gesetzen – die Figuren können weder fliegen noch durch die Zeit reisen – und je mehr Geld und Zeit zur Verfügung stehen, desto realistischer kann die Serie sein (mit einer Ausnahme: In der Welt von Dr. House gibt es natürlich keine Fernsehserie Dr. House ). Dennoch sind die Figuren und Ereignisse nicht wirklich, ja, genau genommen dürfen sie es gar nicht sein. In der Wirklichkeit gibt es Zufälle, in Geschichten nicht. Mit Geschichten zwingen wir dem öden Universum Struktur, Moral und Bedeutung auf. Und Schönheit. Ein Kritiker zeigte einmal naserümpfend mit dem Finger auf
ein Bild des englischen Landschaftsmalers Joseph Turner und bemerkte, so einen Sonnenuntergang habe er persönlich noch nie gesehen. Turner konterte: »Aber Sie hätten wohl gerne?«
    1 : 0 für den Künstler.
    Es gibt da eine Requisite in House’ Büro, einen viereckigen Granitblock, auf den folgende Worte graviert sind: JEMAND, DER DIE NATUR NUR NACHAHMT, WIRD NIE ETWAS GROS-SES ERSCHAFFEN. Ich mag ihn nicht besonders, zu aufgeblasen, zu versnobt, und dann noch als Gravur. Tut’s nicht auch ein Post-it? Trotzdem glaube ich, dass der Satz stimmt.
    Die Wiedergabe der Realität im Fernsehen ist nicht nur nicht wünschenswert, sie ist unmöglich. So weit ich weiß, hat es das jedenfalls noch nie gegeben. Filmcops sehen nie aus wie echte Cops und verhalten sich auch nicht so, Filmanwälte nie wie echte Anwälte oder Kapitäne von Raumschiffen im Film wie echte Raumschiffkapitäne. Merkwürdigerweise kann die
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