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Dornenliebe

Titel: Dornenliebe
Autoren: Christine Feher
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packt sie am Arm und hält sie fest. Es klingelt erneut, Luna reagiert nicht, ist erstarrt. Es ist wirklich ihr eigener Name, an den der Brief adressiert ist. LUNA MELLENTHIN, in Blockbuchstaben geschrieben.
Ihre Finger drücken auf das feste ockergelbe Papier, es ist etwas Weiches darin. Zögernd löst sie das Klebeband, mit dem der Umschlag an einem Ende mehrfach umwickelt ist, und zieht den Inhalt heraus.
    Ein Langarmshirt. Gerade geschnitten, ohne modische Details oder Verzierungen, aus braunem Jerseystoff von minderer Qualität, hochgeschlossen durch einen engen Rollkragen, ein Teil von der Sorte, die Falk von ihr verlangt hat anzuziehen, wenn sie ohne ihn unterwegs war.
    An der Haustür wird jetzt Sturm geklingelt, Luna schleudert das Shirt in eine Ecke und presst ihre Hände auf die Ohren, weiß nicht, was sie tun soll, es kann jemand Wichtiges für Natascha und Ole sein, es kann aber auch Falk sein. Falk, der sie aufgespürt hat, der weiter hinter ihr her ist. Er wird nicht aufgeben, wird nicht ruhen, bis sie wieder bei ihr ist. Ole will hinunterstürmen und denjenigen zur Rede stellen, der da unten solchen Terror veranstaltet, doch Jaron hält auch ihn zurück, Luna schließt sich im Badezimmer ein, bis das Klingeln aufhört, vielleicht war es doch nicht Falk, aber er weiß, wo sich Luna befindet, ohne jeden Zweifel.
    »Bleib ruhig«, beschwört Jaron sie, als sie wieder ins Wohnzimmer tritt, und umarmt sie, hält sie fest und sicher. »Solange wir ihm nicht die Tür öffnen, kann dir nichts passieren. Aber wir müssen weg von hier, so schnell wie möglich, müssen Falk verwirren, du musst deinen Aufenthaltsort schneller wechseln, als er herausfinden kann, wo du bist. Nur so können wir erreichen, dass er irgendwann aufgibt.«
    »Er wird nicht aufgeben«, erwidert Luna, löst sich aus seinen Armen und tigert durch die Wohnung. Jaron widerspricht nicht.
    »Aber wie kann Falk herausgefunden haben, wo du
bist? Ich habe nur absolut vertrauenswürdige Leute eingeweiht!«
    »Du kennst Falk nicht. Seine Tricks hat er mir auch nicht verraten, aber er muss uns die ganze Zeit beobachtet haben, vom ersten Augenblick an, oder er hat Verbündete, wer auch immer das sein mag.« Luna schmiegt sich erneut in seinen Arm, sie zittert, jetzt nur keinen Rückfall bekommen, fleht sie innerlich; nicht noch einmal Schüttelfrost, nicht wieder dieses Stechen im Hals, jetzt kann sie die Erkältung noch weniger gebrauchen als bei Falk, sie muss fit, wach, körperlich auf der Höhe sein, muss im Notfall schnelle Entscheidungen treffen können. Jaron streicht ihr übers Haar, bis sie sich zumindest ein wenig beruhigt hat, es war kein Schüttelfrost, ganz bestimmt nicht.
    »Uns fällt schon etwas ein«, verspricht er und drückt seine Lippen in ihr Haar. »Ich kenne auch noch andere Leute, die nichts mit der Uni zu tun haben. Wir können auch ganz am anderen Ende der Stadt unterkommen, es muss nicht mitten im Studentenkiez sein.«
    »Fahrt doch raus aus Berlin«, schlägt Natascha vor. Sie hat durch den Türspion geschaut, aber niemanden entdeckt, jetzt wirkt auch sie unruhig, räumt Zeitschriften und Stifte von einem Platz auf dem Tisch zum anderen, untersucht ihre Fingernägel, fährt sich mit beiden Händen durch ihr blondes kurzes Haar. »Irgendwo ins Umland, da gibt es ganz verschwiegene kleine Nester, Bauernhöfe in Alleinlage, da findet er euch nie. Schwänzt du eben noch mal die Uni, Jaron, deine letzte Klausur hast du doch schon hinter dir.«
    »Und wir tauschen die Autos«, bietet Ole an. »Ihr fahrt mit meinem los und ich nehme deines, bis ihr klarer seht. Damit rechnet er nicht, dann kann er hinter deinem Kombi her gondeln, bis er Schimmel ansetzt. Und bis er
merkt, dass er der falschen Lockente gefolgt ist, seid ihr über alle Berge.«

    Wenig später haben Luna und Jaron ihre Sachen zusammengepackt, sich über den Hinterhof nach draußen geschlichen und wie besprochen Oles Auto genommen. Mit dem fahren sie jetzt nach Norden raus, zunächst über die Autobahn, um schnell Abstand zu Berlin zu gewinnen, dann fährt Jaron die Landstraßen entlang, über Schleichwege, die sich ewig von einem Dorf zum anderen zu ziehen scheinen. Jedes Mal, wenn sie von den Abblendlichtern eines anderen Wagens gestreift werden, duckt sich Luna, doch alle Autos überholen sie oder biegen in eine andere Richtung ab. Je weiter sie sich von der Stadt entfernen, desto ruhiger wird Luna. Schließlich lehnt sie ihren Kopf an Jarons Schulter, doch ihr
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