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DoppelherzTOD

DoppelherzTOD

Titel: DoppelherzTOD
Autoren: Henner Kotte
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gepflegtem Bart trat hinter das Pult und faltete einen Zettel auseinander. »Lieber Frieder!« Ehrlicher schaute sich unter den Anwesenden um. Einige der Hände hatte er schon vor der Feier geschüttelt. Die der Witwe Hannelore. Der Tod brachte das lange geschiedene Paar zum letzten Mal zusammen. Die Töchter Heike und Bienchen flankierten die Mutter. Junge Frauen, die ihren Weg wohl gemacht hatten. Daneben saßen, vermutete Ehrlicher, die Ehemänner und die Kinder. Einer trug ein kleines Kind auf dem Arm. »Du warst ein Familienmensch, Frieder, ob beruflich oder privat. Du wirst uns fehlen.« Die Worte klebten im Raum. Die Anwesenden waren beeindruckt. Ehrlicher erblickte unter den Trauergästen Louise Emmerich und die Damen aus dem Foyer. Er sah Hosfelds langjährige Sekretärin Anne Blahuschek. Er war ihr seit mehr als zehn Jahren nicht mehr begegnet. Der Polizeichef der Wendetage saß zwischen den alten Genossen. Gerhard Käbisch. Hartmut Moll. Lars Kohlund. Thorst Schmitt. Von manchen Personen kannte Ehrlicher nur das Gesicht, nicht den Namen. Die Polizisten, die nach der Wende ihren Dienst taten, kannten Frieder Hosfeld nicht. Sie waren auch nicht zu dieser Feier erschienen. »Die Polizei Leipzigs wäre ohne dich nicht die, die sie heute ist.«
    »Der Bruder«, flüsterte Brigitta ihm zu.
    Ehrlicher bat Kain, mit ihm die Plätze zu tauschen.
    »Die schöne Frau macht dir wohl Angst?«
    Kain konnte nicht ahnen, wie recht er mit dieser Unterstellung hatte. Der Mann auf dem Podium hielt mit Mühe die Tränen zurück. Die Verwandten in der ersten Reihe griffen nicht zu den Taschentüchern. Hannelore schluchzte. Heike oder Bienchen legte ihr den Arm um die Schulter. »Nein, Frieder, vergessen können wir dich nicht!« Damit beendete der Bruder seine Rede und schritt zu seinem Stuhl. Der Posaunenchor betrat wieder das Podest. Hannelore weinte jetzt laut.
    Brigitta flüsterte mit Kain. Ehrlicher fasste es nicht. Diese Frau brachte ihn an den Rand der Verzweiflung. Er griff Kain an den Ärmel. Er konnte auch ihn in die Enge treiben.
    »Was macht denn deine Verehrerin Rebecca?«
    »Sie hat gestanden.«
    »Dir ihre Liebe?«
    »Nein!«
    Die Gäste neben Brigitta in der Reihe vor ihnen schüttelten ärgerlich ihre Köpfe. Hosfelds Bruder bat um angemessene Ruhe. Der Posaunenchor war bereit. Drei. Vier. Die Melodie war die der Unsterblichen Opfer. Der Text passte, Ehrlicher hatte ihn nicht vergessen.
     
    Unsterbliche Opfer, ihr sänket dahin;
    Wir stehen und weinen
    Voll Schmerz, Herz und Sinn.
    Ihr kämpftet und starbet
    Für kommendes Recht;
    Wir aber, wir trauern,
    der Zukunft Geschlecht.
     
    Ehrlicher konnte sich nicht vorstellen, dass die Musiker freiwillig diese Stücke gewählt hatten. Hatte Frieder Hosfeld das testamentarisch verfügt?
    Die letzten Takte hallten im Raum nach. Der Friedhofsmitarbeiter nahm die Urne und stellte sie auf ein brokatverhangenes Tablett. Dann schritt er, die Urne wie eine Monstranz tragend, durch den Gang der Türe der Kapelle zu. Die Anwesenden erhoben sich und liefen ihm nach.
    Der Frühling zögerte noch immer, sich zu entfalten. Viele Bäume trieben noch keine Blätter. Die Forsythien welkten. Andere Sträucher hatten noch gar keine Blüten. Die Trauergemeinde schritt der Urne nach. Ehrlicher unterhielt sich leise flüsternd mit Kain.
    »Was hat sie dir denn gestanden?«
    »Dass sie ihr Kind nicht ermordet hat. Es war ein Unfall.«
    »Du kannst vom Ermitteln nicht lassen.«
    »Da kann ich von dir das Gleiche behaupten. Hat nicht die Schabowski aufgrund deines Hinweises die Heimleiterin und den Arzt von Haus Roseneck verhaftet?«
    Das hatte sie. Ehrlicher war nicht unschuldig an diesem Erfolg. Aber die Aufdeckung dieses Testamentbetrugs war ein Zufallsprodukt und nichts im Vergleich zu der Leiche, die Kain ausgraben ließ.
    »Ich habe dich zu Rebecca Loepki geschickt, weil mir die Frau leidtat. Du solltest nicht mit ihren Gefühlen spielen. Du solltest ihr sagen, dass du sie nicht liebst.«
    »Das habe ich ihr auch gesagt. Was kann ich denn dafür, dass ich dabei eine Leiche entdecke?«
    »Du solltest zurück in den Polizeidienst, mein Lieber. Kellnern ist doch kein Job für einen wie dich. Einmal Bulle, immer Bulle. So ist das.«
    Kain winkte ab. »Die Kollegen werden mich nicht wiederhaben wollen, und ich will sie nicht. Dann eher Privatdetektiv.«
    »Junge! Wir sind hier nicht in Chicago oder Paris. Was willst du denn in Leipzig als Detektiv ermitteln? Du wirst dir vor Langeweile
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