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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
Autoren: John Doyle
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wirklich wissen, dass die Schokolade quadratisch ist?
Und dann sagt meine deutsche Stimme wieder: »Ja, eigentlich schon.«
    Oder wenn ich in den USA mit dem Auto unterwegs bin und einen Parkplatz suche, sehe ich oft Straßenschilder, die nur sehr wenige Angaben machen. In Amerika haben wir zum Beispiel das Schild »No Parking«. Das sind gerade mal zwei Wörter. Aber weil alles hier in Deutschland viel genauer ausgedrückt wird, steht auf den deutschen Parkschildern nicht »Nicht parken!«, sondern »Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt.« Und jedes Mal wenn ich dieses Schild sehe, frage ich mich:
Wie haben es die Deutschen nur geschafft, so viele Wörter auf so ein kleines Schild zu bekommen?
    Ich bewundere euch und versuche, mir so viel wie möglich von dieser Genauigkeit anzueignen, auch wenn die Messlatte ziemlich hoch ist. Das trifft auch auf das Fluchen zu. Wenn wir zum Beispiel auf jemanden ziemlich sauer sind, sagen wir zum Beispiel: »Hey, fuck you! Fuck you, man!« Aber ihr Deutschen seid viel präziser. Ihr sagt: »Fick dich ins Knie!« Das finde ich unglaublich, denn ihr sagt nicht nur, was, sondern auch wohin man es machen soll.
    Ich war einmal im Central Park in New York City spazieren, als einer mich völlig grundlos anschrie: »Fuck you, man! Fuck you!« Ich war ziemlich verblüfft und fragte den Typ zurück: »Yes, but where?« Als ich sah, wie verdutzt er über meine Frage war, fügte ich noch dazu: »In Deutschland ist das Knie eine Möglichkeit.«
    Aber manchmal finde ich, dass meine deutschen Mitbürger es zu genau nehmen mit der Genauigkeit. Ich will an dieser Stelle auch nicht zu sehr in den Fäkalbereich abrutschen, aber ich kenne einige Leute, die, wenn sie aufs Klo gehen, fast immer das Bedürfnis haben, mir exakt zu erzählen, was sie auf dem Klo vorhaben. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist. Vielleicht meinen sie, mich immer auf dem Laufenden halten zu müssen. Keine Ahnung. Manche meiner Freunde nennen oft das Wort »klein«, wenn sie aufs Klo gehen. Andere benutzen das Wort »groß«, und da ich so daran gewöhnt bin, habe ich einmal in Amerika was ganz Ähnliches zu meiner Mutter Judy gesagt.
    »Mom, I'll be right back. I've got to make something small.« Ich merkte, dass Mom kein Wort verstanden hatte. Ich entschuldigte mich sofort bei ihr.
    »Sorry, Mom. For a second I thought I was in Germany.«
    Oh, fast hätte ich es vergessen ...
    Bevor ich dieses Kapitel abschließe, möchte ich noch Folgendes loswerden: Natürlich läuft nicht alles hier korrekt. Wie gesagt: Die Kellnerin im Cafe meint mit »Ich bin sofort da« natürlich nicht »Sofort!« Sie meint viel eher »Bald!« oder »In ein paar Minuten« oder »Irgendwann in naher Zukunft«. Aber nicht »Sofort!« Wenn man mit der Deutschen Bahn fährt, verhält es sich oft genauso.
    Ich stand einmal auf dem Bahngleis in Köln und wartete auf meinen Zug nach Mannheim. Kurz bevor der Zug hätte eintreffen sollen, hörte ich folgende Durchsage: »Meine Damen und Herren, der Intercity 2113 nach Mannheim verzögert sich um etwa 5 bis 10 Minuten.«
    5 Minuten später hieß es: »Meine Damen und Herren, der Intercity 2113 von Köln nach Mannheim verzögert sich jetzt um etwa 20 Minuten.«
    Und ein paar weitere Minuten später hörte ich die dritte Durchsage. Und spätestens dann wusste ich Bescheid. Ich wusste, dass »um etwa« nicht »um etwa« bedeutet, sondern, dass die Leute von der Bahn wahrscheinlich keine Ahnung hatten, wann der Zug tatsächlich ankommen würde.

Direktheit/Diplomacy
    Mensch, sind Deutsche direkt.
    Als ich noch Single war, ging ich mit einem deutschen Freund in eine Disco. Und während wir in der Schlange vor dem Eingang warteten, um reingelassen zu werden, fragte ich ihn: »Meinst du, ich habe da drin eine Chance, eine Frau kennenzulernen?« Seine knappe Antwort lautete: »Warum nicht? Da drin ist es ja sehr dunkel.« Zuerst war ich beleidigt, weil ich dachte:
Was ist das denn für eine Antwort?
Aber dann nach zwei oder drei Stunden in der Disco merkte ich: Nein, es ist wohl nicht dunkel genug.
    Amerikaner wären in einer solchen Situation nie so direkt. Sie würden vielleicht sagen: »Why not?« oder »If you're lucky« oder »If you pray really hard«, aber niemals »Why not? It's very dark inside.«
    Manche Deutsche sind zwar sehr direkt, merken es aber selbst überhaupt nicht. Nach einem Auftritt unterhielt ich mich einmal mit einer Frau über Filme und Hollywood-Stars.
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