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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone
Autoren: Giovannino Guareschi
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auf Antrieb einer natürlichen Schlechtigkeit oder unter der Wirkung einer Herausforderung handelt. Mit wem hat er es übrigens?» Don Camillo breitete die Arme aus. Wer hätte das wissen können?
    «Es würde genügen, zu wissen, welcher Art die Herausforderung war», beharrte Christus. «Er spricht von einer Beleidigung, die jemand gestern abend auf seine Wandzeitung schrieb. Als du gestern abend zur Trafik gingst, bist du nicht zufällig an der Wandzeitung vorbeigegangen? Versuche dich zu erinnern!»
    «Tatsächlich, jetzt erinnere ich mich», gab Don Camillo offenherzig zu.
    «Gut. Bist du nicht zufällig ein Weilchen stehengeblieben, um dir die Tafel ein bißchen anzusehen?»
    «Anschauen? Ja, schon. Gelesen habe ich aber nicht. Hab' ich etwas Schlechtes gemacht?»
    «Nicht einmal im Traum, Don Camillo! Man muß immer wissen, was unsere Herde sagt, schreibt und – womöglich – denkt. Ich habe dich nur gefragt, weil ich wissen möchte, ob du irgendeine sonderbare Schrift auf der Wandzeitung bemerkt hast, als du dort stehen bliebst.»
    Don Camillo schüttelte den Kopf.
    «Ich kann Dir versichern, daß ich auf der Tafel nichts Besonderes sah, als ich dort stehenblieb.»
    Christus dachte eine Weile schweigend nach.
    «Und als du weggingst, Don Camillo, hast du dann etwas Besonderes auf der Tafel geschrieben gesehen?»
    Don Camillo sammelte sich. «Also», sagte er endlich, «wenn ich gut nachdenke: es scheint mir, ich habe, als ich weiterging, auf einem Blatt etwas mit Rotstift gekritzelt gesehen. Mit Verlaub: ich glaube, daß im Pfarrhof Leute auf mich warten.» Don Camillo verbeugte sich rasch und versuchte, in die Sakristei zu verschwinden. Christi Stimme hielt ihn aber fest.
    «Don Camillo!»
    Don Camillo ging ganz langsam zurück und blieb verlegen vor dem Altar stehen.
    «Und weiter?» fragte Christus streng.
    «Und weiter, ja», murmelte Don Camillo. «Es ist mir etwas entschlüpft ...
    Ich glaube, ich schrieb: ‹Peppone, der Esel› ... Wenn Du in der Wandzeitung dieses Rundschreiben seiner Partei gelesen hättest, so hättest Du auch ...»
    «Don Camillo! Du weiß nicht, was du selbst tust, und willst wissen, was deines Gottes Sohn getan hätte!»
    «Vergib mir! Ich habe etwas Schlimmes getan, ich sehe es ein. Andererseits macht jetzt Peppone auch etwas Schlimmes, indem er drohende Manifeste herausgibt, und so sind wir quitt.»
    «Nichts quitt!» rief Christus empört aus. «Gestern abend hast du ihn Esel genannt, und morgen wird ihn das ganze Land auch Esel nennen. Stell dir nur vor: von allen Seiten werden Menschen herbeiströmen, um seine Manifeste anzuschauen, und alle werden über die Schnitzer des großen Peppone kichern, obwohl sie ansonsten eine tolle Angst vor ihm haben. Und das alles wird deine Schuld sein. Kommt dir das sehr schön vor?»
    Don Camillo schöpfte Mut.
    «Richtig, aber im Sinne der allgemeinen politischen Lage ...»
    «Die allgemeine politische Lage interessiert mich nicht!» unterbrach ihn Christus. «Im Sinne der christlichen Barmherzigkeit ist eine große Schweinerei geschehen, wenn man den Leuten Anlaß gibt, sich über einen Menschen lustig zu machen, nur weil dieser Mensch über die dritte Klasse Volksschule nicht hinausgekommen ist. Und du bist schuld, Don Camillo!»
    «Herr», seufzte Don Camillo. «Sag mir, was ich jetzt tun soll?»
    «Habe ich vielleicht ‹Esel Peppone› geschrieben? Wer sündigt, soll auch büßen. Tue, was du kannst, Don Camillo!»
    Don Camillo suchte Zuflucht im Pfarrhof und fing an, in seiner Bude hin-und herzugehen. Es kam ihm vor, als ob er hörte, wie Leute über Peppones Manifest lachten.
    «Idioten!» rief er wütend aus.
    Er wandte sich der kleinen Statue der Madonna zu.
    «Mutter Gottes», betete er, «hilf mir!»
    «Die Sache gehört in die strenge Zuständigkeit meines Sohnes», flüsterte die kleine Madonna. «Ich kann mich nicht einmischen.»
    «Lege dein Wort für mich ein!»
    «Ich werde es versuchen.» Da trat plötzlich Peppone ein.
    «Hören Sie», sagte Peppone. «Das Folgende hat mit Politik nichts zu tun. Es handelt sich um einen Christen, der in Verlegenheit den Priester um Rat bittet.
    Kann ich sicher sein ...»
    «Ich kenne meine Pflichten. Wen hast du erschlagen?»
    «Ich erschlage nicht, Don Camillo», erwiderte Peppone. «Wenn schon, dann laß ich zünftige Ohrfeigen regnen, wenn mich jemand zu sehr am Haar zupft.»
    «Wie geht es deinem Libero Camillo Lenin?» erkundigte sich Don Camillo mit schlauer Miene. Und da
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