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Dolph Heyliger (German Edition)

Dolph Heyliger (German Edition)

Titel: Dolph Heyliger (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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sie übrigens regelmäßig und ertheilte ihr seinen unentgeltlichen Rath in Fülle; er wurde allgemein wegen seiner Gutmüthigkeit belobt. Was ihren alten Freund Peter de Groodt betrifft, so war er ein armer Mann, dessen Mitleiden, Gebete und Rath nur von geringem Nutzen sein konnten; so gab er ihr denn Alles, was in seinem Vermögen stand – er gab ihr ein Obdach.
    Dolph wendete dann seine Schritte zu der kleinen Wohnung Peter de Groodts. Unterwegs rief er sich alle die Zärtlichkeit und Güte seiner lieben Mutter, ihre Nachsicht gegen seine Verirrungen und ihre Blindheit gegen seine Fehler ins Gedächtniß zurück und dachte dann über sein eigenes müßiges, wildes Leben nach. »Ich bin ein elender Bengel gewesen«, sagte Dolph, sorgenvoll seinen Kopf schüttelnd. »Ja, ich bin ein vollkommener Taugenichts gewesen, das muß wahr sein! – Aber«, setzte er heiter hinzu und schlug seine Hände zusammen, »laß sie nur leben – laß sie nur leben – und ich will mich gewiß als ein guter Sohn zeigen!«
    Als Dolph sich dem Hause näherte, kam gerade Peter de Groodt heraus. Der alte Mann fuhr erschrocken zurück, denn er war ungewiß, ob nicht ein Geist vor ihm stehe. Es war jedoch heller Tag, so daß Peter bald wieder Muth bekam und sich überzeugte, daß kein Geist sich bei so vollem Sonnenscheine zeigen könne. Dolph erfuhr jetzt von dem würdigen Küster, welche Bestürzung und welchen Aufruhr sein geheimnißvolles Verschwinden veranlaßt habe. Man hatte allgemein geglaubt, er sei von den Gespenstern, die das verzauberte Haus heimsuchten, weggeführt worden; und der alte Abraham Vandozer, der an den großen Pappelbäumen in der Nähe der drei Meilensteine wohnte, versicherte, er habe ein schreckliches Geräusch in der Luft gehört, als er spät in der Nacht nach Hause gegangen sei, »und es habe gerade so gelautet, als wenn eine Heerde wilder Gänse ihm über den Kopf gegen Norden stiege. Das verzauberte Haus wurde nun in Folge davon mit zehnmal mehr Furcht als je betrachtet; nicht um die ganze Welt würde es Jemand gewagt haben, eine Nacht darin zuzubringen, und der Doktor hatte seine Besuche selbst am Tage dahin gänzlich eingestellt.
    Es erforderte einige Vorbereitungen, ehe Dolphs Rückkehr seiner Mutter mitgetheilt werden konnte; die arme Seele hatte ihn schon verloren gegeben; und ihr Geist war schmerzlich niedergedrückt durch eine Menge von Tröstern, die sie täglich mit Geistergeschichten und Menschen, die der Teufel geholt habe, unterhielten. Er fand sie im Bette mit den anderen Gliedern der Familie Heyliger, der guten Katze, die an ihrer Seite schnurrte oder kläglich miaute und des Schnurrbartes, des Glanzes ihrer Physiognomie, ganz beraubt war. Die arme Frau schlang ihre Arme um Dolphs Nacken: »Mein Sohn! mein Sohn! lebst du denn noch?« Eine Zeitlang schien sie in ihrer Freude über seine Rückkehr allen ihren Verlust und allen ihren Kummer vergessen zu haben. Auch die kluge alte Katze zeigte unbezweifelte Zeichen der Freude über die Rückkehr ihres jungen Herrn. Vielleicht sah sie, daß sie eine verlorene und zu Grunde gerichtete Familie seien, und fühlte einen Zug der Milde, die nur Leidensgenossen bekannt ist. In der That sind Katzen ein Volk, das seinen schlechten Ruf nicht verdient; sie besitzen mehr Anhänglichkeit, als ihnen die Welt gewöhnlich zugesteht.
    Die Augen der guten Dame glänzten, als sie wenigstens ein Wesen um sich sah, das sich über ihres Sohnes Rückkehr freute. »Sie kennt dich! das alte stumme Vieh!« sagte sie, indem sie ihren scheckigen Liebling streichelte; dann mit einem melancholischen Kopfschütteln sich besinnend, rief sie: »Ach, mein armer Dolph, deine Mutter kann dir nicht länger helfen! Was wird aus dir werden, armer Bursche!«
    »Mutter«, sagte Dolph, »sprich nicht so, ich bin dir nur zu lange eine Last gewesen, jetzt ist es an mir, in deinen alten Tagen Sorge für dich zu tragen. Komm! sei guten Muthes! du und ich und Tib werden alle noch bessere Tage sehen. Ich bin hier, wie du siehst, jung und gesund und muthig; darum laß uns nicht verzweifeln; ich sage dir, die Dinge alle werden, so oder so, sich zum Besten kehren.«
    Während diese Scene bei der Familie Heyliger vorging, wurde die Neuigkeit von der glücklichen Rückkunft seines Schülers auch zu Doktor Knipperhausen getragen. Der kleine Doktor wußte kaum, sollte er sich über die Nachricht freuen oder betrüben. Er war glücklich, daß die übeln Gerüchte, die sich von seinem Landhause
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