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Dollars

Dollars

Titel: Dollars
Autoren: Gerben Hellinga
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schlafengehen, Sid, ich bin todmüde.«
    Sie ließ sich auf dem Sofa mir gegenüber nieder, wobei sie ihren Bademantel nach wie vor prüde zuhielt, und gähnte.
    Ich trank mein Glas in einem Zug leer, es war ja eh kaum der Mühe wert, drückte meine Zigarette wieder aus und sprang vom Sofa auf.
    »Gut, Schatz«, sagte ich und guckte dabei freundlich ergeben, als verstünde ich sie nur zu gut. Ich ging zu ihr hinüber, sie hob den Kopf, und ich küßte sie auf den Mund. Ihre Lippen schmeckten nach Whisky, sie hatte schon getrunken. Jetzt, da sie wußte, daß ich ging, wurde sie ein bißchen netter. Sie hielt die Augen geschlossen und biß mich sanft in die Unterlippe.
    »Bis morgen, Sid, da habe ich den ganzen Abend Zeit für dich.«
    »Fein, Schatz«, erwiderte ich und fragte, sie liebevoll am Ohrläppchen zupfend, mit bühnenreifer Beiläufigkeit in der Stimme und einem seligen Lächeln auf dem Gesicht: »Wie heißt eigentlich dieser schmierige Italiener aus dem Flugzeug, dervorhin von hier weggegangen ist?« Ich war ihrem Gesicht so nah, daß ich die kleinste Reaktion von ihr studieren konnte. Sie erstarrte fast unmerklich und hielt die Luft an.
    »Was hast du gesagt?« fragte sie, um Zeit zu gewinnen. Sie öffnete langsam und schläfrig die Augen und ließ erst dann den angehaltenen Atem geräuschvoll durch die Zähne entweichen.
    »Du hast mich ganz genau verstanden.«
    Völlig unerwartet schnellte sie hoch und stieß mich hart gegen die Brust, so daß ich ein paar Schritte zurück machen mußte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Arrogant zog sie eine Augenbraue hoch und stemmte die Hände in die Seite, was den schönen Nebeneffekt hatte, daß sich ihr Bademantel öffnete. In dieser Haltung sah sie mich kurz mit zusammengepreßten Lippen an und sagte dann langsam, mit unüberhörbarer Drohung in der Stimme:
    »Was geht dich das an?«
    »Ich sah ihn zufällig nach draußen kommen. Im Flugzeug schienst du ihn noch nicht zu kennen.«
    »Was spionierst du hier herum?«
    »Ich spioniere nicht, ich wollte dich besuchen.«
    »Mein lieber Sid, ich möchte dir dringend raten, dich nicht in meine Angelegenheiten einzumischen! Das könnte böse für dich ausgehen.«
    Ich lachte hämisch, das machte mich jetzt wirklich fuchsig. »Wieso, Jeanette? Muß ich mich etwa vor deinem Zuhälter in acht nehmen?«
    Sie zog die Stirn kraus. »Wie soll ich das verstehen?«
    »Du gehörst doch hoffentlich nicht zum Verein derer, die auf heimlich zugesteckte Angebote eingehen, Jeanette, oder? Läßt du dir diesen ganzen Luxus hier etwa von solchen schmierigen alten Knackern bezahlen? Von deinem Stewardessengehalt wirst du das ja wohl kaum können, oder?«
    Siebiß sich auf die Unterlippe und sagte dann mit einem eigenartigen Lächeln: »Du kannst von mir aus denken, was du willst. Verstehen wirst du es sowieso nicht. Und jetzt geh bitte, Sid. Ich will dich nicht mehr sehen. Du brauchst auch morgen nicht mehr zu kommen.«
    »Okay, Jeanette, ich gehe. Aber sag mir nur, warum?«
    Sie drehte mir den Rücken zu und sagte noch einmal gleichgültig: »Du wirst es sowieso nicht verstehen.«
    »Was werde ich nicht verstehen verdammt?« fuhr ich sie an. Ihr geringschätziger Ton machte mich rasend.
    »Nichts. Und jetzt verzieh dich. Bevor es zu spät ist. Es geht dich nichts an.«
    Ich trat einen Schritt vor, packte sie bei den Schultern und drehte sie zu mir um. »Zu spät für was?«
    Sie riß sich los. »Je weniger du weißt, Sid, desto besser.« Wieder dieses eigenartige Lächeln, eine Mischung aus Kälte und Melancholie. Es war zwecklos. Ich machte kehrt, zog die Tür hinter mir zu und ging die Treppe hinunter. Auf halbem Weg meinte ich, sie weinen zu hören, und blieb stehen. Aber ich mußte mich getäuscht haben, es war totenstill. Wahrscheinlich horchte sie wie ich mit angehaltenem Atem, wann endlich die Haustür hinter mir zufallen würde. Ich ging weiter und knallte die Tür betont laut hinter mir ins Schloß.
     
    In dem Glashaus schwenkten der Mann und die Frau immer noch ihre Cocktailgläser und blickten mit trüben Fischaugen nach draußen, ohne etwas zu sehen. Ich bog in die Apollolaan ein und ging Richtung Zentrum zurück.
    Geh, bevor es zu spät ist... Zu spät für was?... Je weniger du weißt, desto besser... Je weniger von was? Wer war dieser häßliche Zwerg? Was war mit Jeanette los?
    Offenbar hatte sich auch hier in den letzten drei Jahren das eineund andere verändert. Ich war müde. Das Gefühl in meinem Bauch, diese
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