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Dollars

Dollars

Titel: Dollars
Autoren: Gerben Hellinga
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Lächeln um den Mund und diesen kalten Blick in den Augen, und es tat mir augenblicklich leid, daß ich mich mit ihr gestritten hatte. Was mischte ich mich denn auch ein? Was ging mich ihr Leben an? Welches Recht hatte ich dazu, wie ein eifersüchtiger Verehrer Rechenschaft von ihr zu verlangen? Schließlich hatte sie mir einen gemütlichen Abend versprochen und mich dabei äußerst verführerisch angesehen. Es wäre doch ein Jammer, wenn ich mir das durch mein mangelndes Feingefühl verscherzt hätte. Ich ging zum Telefon zurück, bat um die Verbindung mit ihrer Nummer und ließ es zehnmal läuten, bevor ich wieder auflegte. Ich beschloß, es später noch einmal zu versuchen.
    An der Rezeption saß der vornehme alte Herr und las Zeitung. Ich konnte nicht sehen, welche, aber es hätte mich nicht gewundert, wenn es das Times Literary Supplement gewesen wäre. Vor ihm stand ein volles Glas Sherry. Wir grüßten einander respektvoll. Die ersten Sonnenstrahlen drangen von draußen herein. Im Vestibül tanzten kleine Staubteilchen in den scharf gebündelten Strahlen auf und ab.
    Siehatten mein Namensschild neben der Klingel drangelassen, darüber aber ein zweites angebracht: Peter Badier. Ich klingelte, und Madame Badier ließ die Tür aufspringen. Ich ging die vertrauten vier Treppen hinauf; Annette war in der Küche.
    »Ich bin in der Küche, Sid«, rief sie. Sie goß gerade den Sherry ein. Sie trug eine weiße Leinenhose, einen roten Pullover mit hohem Rollkragen und eine Art Cowboyweste aus gelbem Leder darüber. Ihr kastanienbraunes Haar war glatt nach hinten gekämmt und fiel ihr bis auf die Schultern. Stand ihr nicht schlecht. Sie war braungebrannt, bestimmt gerade aus dem Urlaub zurück.
    »Du bist wohl gerade aus dem Urlaub zurück, was?«
    Sie nickte. »Vor zwei Wochen. Du siehst aber auch nicht übel aus.«
    Sie war noch immer erstaunlich hübsch, aber sie hatte dunkle Schatten um die Augen – vom frühen Aufstehen womöglich? –, und ihr Mund war älter geworden. Ich drückte flüchtig die Lippen auf ihre Wange.
    »Peter ist zu einer Besprechung in Düsseldorf«, sagte sie gleichzeitig. »Er kommt heute nachmittag zurück.«
    Wir gingen in das riesige Wohnzimmer ( mein riesiges Wohnzimmer). Obwohl jetzt viel Gerümpel drinstand, das nicht mir gehörte, und obwohl sie alles umgestellt hatten, falsch, war es für mich das gemütlichste Zimmer, das ich kannte. Die weißgekalkten Wände waren noch original aus den dreihundert Jahre alten Backsteinen, mit denen das ganze Haus gebaut worden war. Dicke, schwarzgeteerte Balken zogen sich über die Decke, die ich zur Hälfte aufgebrochen hatte, so daß der eine Teil des Raumes bis zur Dachschräge hinaufreichte. Den verbliebenen Teil des Dachbodens hatte ich zu einem offenen Schlafraum gestaltet, den man über eine breite Treppe erreichen konnte.
    DieEichendielen der weiten Fußbodenfläche waren mattgelb gebeizt. Ich hatte nur wenige Möbel darauf platziert, ein paar große Sofas, einige Sessel und einen großen Arbeitstisch. Im hinteren Teil befanden sich eine kleine Eßküche und daneben das Badezimmer.
    Wir setzten uns. Annette schob mir mein Glas Sherry hin. Während wir anstießen, wich sie meinem Blick aus. Der Sherry war knochentrocken.
    Ich schaute auf meine Armbanduhr, es war Viertel nach neun. Ich fragte mich, ob Annette wohl schon gefrühstückt hatte, denn auf nüchternen Magen würde ihr so ein Glas Sherry nicht gut bekommen.
    »Kannst du uns zwei Wochen Zeit geben, bis wir etwas anderes gefunden haben?« fragte sie.
    Warum nicht auch das? Sie hatten ja nur drei Jahre Zeit gehabt, sich eine andere Bleibe zu suchen.
    »Okay. Zwei Wochen.« Ich kam mir vor wie ein trotteliger Onkel, der der lieben Verwandtschaft zum x-tenmal sein Wochenendhaus zur Verfügung stellte und selbst den Urlaub in der Stadt verbringen mußte.
    Sie nickte sachlich. »Ich hab’ dir deine Sachen schon hingestellt.« Sie zeigte auf die beiden großen Koffer, in denen ich meine Klamotten verstaut hatte. Ich war gespannt, ob noch alles drin war. Oder ob Peter womöglich auch noch meine Oberhemden trug.
    »Hast du das von Japie schon gehört?« Japie war auch einer aus der Werbewelt, aber ein Schlaffi, der es nie richtig geschafft hatte. Jetzt hatte er Selbstmord begangen, wie sie mir erzählte, weil seine Frau ihn verlassen hatte.
    Ich nickte und bemerkte ironisch: »Auch eine Lösung.«
    Da erst ging ihr auf, daß es vielleicht nicht so opportun war, mir mit derartigen Neuigkeiten
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