Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Prachtstück auf dem Rasen zurückzerren. Wieder fühlte ich ganz deutlich eine schreckliche Gefahr, die von dem Wagen ausging…
    Ungefähr wie ein kalter Novemberwind voll böser Gedanken.
    Ich kann das, was ich empfand, leider nicht besser ausdrücken.
    »Wenn der noch mal ein Wort sagt«, beklagte sich LeBay bei Arnie und deutete mit einem schwieligen, gelbstichigen Daumen auf mich, »breche ich den Handel endgültig ab.«
    »Das wird er nicht, ganz bestimmt nicht«, erwiderte Arnie hastig. »Dreihundert haben Sie gesagt, ja?«
    »Ja, ich glaube, diese Zahl habe ich genannt…«
    »Sie sagten zweihundertfünfzig«, unterbrach ich ihn mit lauter Stimme.
    Arnie machte ein entsetztes Gesicht, da er fürchtete, der Alte würde sein Wort wahrmachen und sich endgültig entfernen. LeBay wollte nun aber kein Risiko mehr eingehen. Er hatte den Fisch ja schon fast im Kescher.
    »Zweihundertfünfzig wäre die absolut unterste Grenze«, sagte LeBay und warf mir einen Blick zu, der vollständige Übereinstimmung in einem Punkt bestätigte - wir mochten uns beide nicht.
    Und zu meinem wachsenden Entsetzen zog Arnie nun seine Brieftasche aus der Jacke und begann sie gründlich zu durchsuchen. Ein paar Sekunden lang verband uns alle ein andächtiges Schweigen. LeBay beobachtete Arnies Anstren-gungen, Geld in seiner Brieftasche zu finden, und ich beobachtete ein kleines Kind, das sich anstrengte, sich auf einem kotzgrünen Skateboard umzubringen. Irgendwo bellte ein Hund. Zwei Mädchen, dem Aussehen nach achte oder neunte Klasse Oberschule, kamen kichernd am Vorgarten vorbei und drückten dicke Bücherstapel aus der Schulbiblio-thek gegen ihre knospenden Brüste. Mir blieb nur noch eine Hoffnung, daß ich Arnie vor diesem verhängnisvollen Kauf bewahren konnte. Morgen war Zahltag. Vielleicht reichten vierundzwanzig Stunden aus, ihn von diesem wilden Fieber zu befreien.

    Als mein Blick wieder zu Arnie und LeBay zurückkehrte, besichtigten die beiden gerade die Ausbeute aus Arnies Brieftasche. Zwei Fünf-Dollar-Noten und sechs Dollar in Kleingeld.
    »Wie wäre es mit einem Scheck?« fragte Arnie.
    Dafür hatte LeBay nur ein spöttisches Lächeln übrig.
    »Es ist kein fauler Scheck«, protestierte Arnie. Tatsächlich wäre er so gut wie Gold gewesen. Wir hatten den ganzen Sommer für Carson Brothers an dem Zubringer für die 1-376
    gearbeitet, eine Schnellstraße, die nach der festen Überzeugung vieler Pittsburgher Bürger niemals fertiggestellt würde.
    Arnie hatte mir erzählt, daß die Ausschreibungen für den Bau dieser Straße bereits kurz nach dem amerikanischen Bürgerkrieg stattgefunden hätten. Nicht, daß wir beide Grund zur Beschwerde gehabt hätten. In jenem Sommer fanden viele Schüler und Werkstudenten entweder gar keine Arbeit oder nur Jobs, für die Hungerlöhne bezahlt wurden. Wir dagegen verdienten gutes Geld und konnten sogar Überstunden machen.
    Vormann Brad Jeffries, der die Arbeit verteilte, hatte zunächst gezögert, so eine halbe Portion wie Arnie anzuheu-ern, sich jedoch nach einem längeren Palaver entschlossen, ihn als Fähnchenschwinger oder Signalgeber einzustellen.
    Das Mädchen, das er dafür vorgesehen hatte, war schwanger geworden und mit ihrem Verführer von zu Hause ausgerissen. Also fing Arnie im Juni auf der Baustelle als wimpel-schwenkender Hilfsarbeiter an und diente sich dann zäh und entschlossen bis in die Elite der Schwerarbeiter hoch. Es war der erste Job in seinem Leben, der ihm was einbrachte, und deshalb wollte er ihn unter keinen Umständen verlieren, und schließlich war auch Brad von Arnies Willenskraft überzeugt.
    Zudem hatte die Sommersonne auch eine heilsame Wirkung auf Arnies Pickelflut. Vielleicht war das Ultraviolett daran schuld.
    »Ich bin sicher, daß du mir keinen faulen Scheck andrehen willst, mein Sohn«, sagte LeBay. »Aber ich verkaufe nur gegen bar. Aus Prinzip.«
    Ich wußte nicht, ob Arnie dieses Prinzip verstand, aber ich verstand es schon. Es wäre ein leichtes gewesen, einen Scheck zu sperren, falls diese Plymouth-Rostlaube auf der ersten Fahrt einen Kolbenfresser hatte.
    »Sie können ja meine Bank anrufen«, sagte Arnie mit leicht hysterischer Stimme.
    »Nein«, sagte LeBay und kratzte sich in der Achselhöhle über dem Stützkorsett. »Es geht auf halb sechs. Die Banken haben schon längst geschlossen.«
    »Dann mache ich eine Anzahlung«, sagte Arnie und hielt ihm die Scheine und die Münzen hin. Er machte ein Gesicht, als ginge es um sein Leben.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher