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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen
Autoren: Jaromir Konecny
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ich von Bebisch exklusiv, nur für mich bekam. Besser schlüpfte ich gleich nach dem Abendessen ins Bett. Zum Glück gab’s im Haus eine Dusche. Eine kleine, aber immerhin. Im Bett las ich Die Leiden des jungen Werther … ach, Quatsch! Im Bett las ich ein Buch, das mir Dok schon zu Weihnachten geschenkt hatte: Doktorspiele hieß das Machwerk und passte gar nicht zu dem Weekend mit Oma. Diesen Autor würde Oma wohl kastrieren lassen. Der hatte überhaupt keine Hemmungen. Ein Tscheche halt. Lesen! Nur noch ein bissl, bitte! Doch ein schwerer schwarzer Vogel hockte sich auf meine Augenlider. Zur Sicherheit steckte ich das Buch in den Rucksack zurück, damit sich Oma den Titel von Leyla nicht übersetzen lassen konnte, machte die Augen zu und stellte mir vor, dass ich Bebisch in den Armen hielt. Zusammen schliefen wir ein. Klar jagten gleich vampirische Mutanten Bebisch aus meinen Armen. Trotzdem waren die Träume süß, nur hin und wieder verfolgten mich irgendwelche Monster über die Dächer. Ich rettete mich immer mit einem Sprung in die Mülltonne. Am Ende schlachteten sich die Zombies zum Glück gegenseitig ab. Ich musste nur zugucken. Mit Blut besudelt, aber unbesiegt pennte ich friedlich ein. Seit ich vor zwei Jahren einen Zombiefilm gesehen hatte, sind meine Träume voll lustig. Nie langweilig wie früher, als ich nur von Enten und den nackten Wasserfrauen im Deininger Weiher geträumt hatte.

FKK
    Den Samstagmorgen reichte mir die Sonne durch das geöffnete Fenster auf einem Suppenteller. Nur tief schöpfen! Danis schlief noch. Ich lief nach unten. Das Frühstück gab sich heimelig, nahezu oberhachingmäßig: Toast, Butter, türkische Erdbeermarmelade. Was hatte Dok gesagt? »Alle Menschen sind gleich«? Das hoffte ich jetzt auch von den Erdbeeren sagen zu können. Alle Erdbeeren sind gleich. Und es stimmte! Sogar die Erdbeermarmeladen schmeckten einigermaßen gleich. Während ich von der Marmelade schlemmte und hin und wieder Bebischs Erdbeermund anstarrte, checkte Oma den Toaster ab. Seine Metalloberfläche zog sie magisch an, der Toaster strahlte in der Sonne wie der kücheneigene Mond. Obwohl das Ding Oma brennend interessierte, traute sie sich nicht einen Toast reinzuwerfen. So viel Hightech habt ihr in Anatolien nicht, he, he! Ich tat für Oma einen Toast rein. Dann grübelte ich eine halbe Stunde lang, ob Oma mich dafür angelächelt hatte. Eher nicht.
    Trotzdem: Je mehr Leute in die Küche kamen, je mehr Toastscheiben sie aus dem Toaster herausspringen ließen, umso mehr freute sich Oma. Die heraufhüpfenden Toasts wurden ein echtes Hobby von ihr, sie hockte am Toaster und zwang uns, ständig neue Toastscheiben reinzuwerfen und zu essen. Toasts ohne Ende … Der Toaster schien Oma mehr zu erfreuen als alles andere. Am Ende des Frühstücks lächelte sie. Fast!

    Nicht nur der Toaster, auch der See sah schnucklig aus. Eine Fantasy-Landschaft mit Wasser, Bäumen, Büschen und Vampir-Mücken. Wegen der Stechviecher beneidete ich Oma um ihre Vollverhüllung. Praktisch! Um zehn Uhr am Vormittag lagen nur wenige Leute auf der Wiese. Lena war nach Erlangen gefahren, eine Freundin besuchen. Mediha und Saba waren nicht mitgekommen – sie bereiteten im Haus das Essen vor. Klar hatte Oma die vollständige Kontrolle über die Badeordnung übernommen: Danis musste in einer langen Schwimmhose und einem ärmellosen T-Shirt ins Wasser, Bebisch und die kleine Leyla in ihren Kleidern. Ohne Schmarrn! Plötzlich war’s mir voll peinlich, mich hier in meiner Badehose zu präsentieren, obwohl sie mir bis zu den Knien reichte. »Kommst du ins Wasser?«, fragte Danis.
    »Nee«, sagte ich. »Mir ist zu kalt.« Ich blieb draußen und ließ mir von der Hitze den Schweiß aus allen Poren treiben. Durchhalten, Mann! Wenn Oma es in ihren schwarzen Klamotten und dem dicken Kopftuch aushielt, sollte ich das doch auch schaffem. Zum Glück zog Oma sich aus … ach, Quatsch. Noch mal: Zum Glück zog Oma uns in den Schatten unter den Bäumen am Waldrand.
    Hightech als Retter in der Not: Eine Stunde lang spielte ich Schach auf meinem iPhone. Mit Bebisch wollte ich nicht viel reden. Sonst würde Oma uns entlarven und unsere grade anlaufende Beziehungskiste zu etwas Tragischem machen. So Romeo-und-Julia-mäßig. Oder? Aber oha! War ich doch ungerecht zu Oma gewesen? Bebisch fragte sie, und sie erlaubte ihr, mit mir Federball zu spielen. Nur beobachtete Oma mich die ganze Zeit, damit ich auf der Wiese statt Federball keinen Pornoball
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