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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen
Autoren: Jaromir Konecny
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laufen, über ein Springseil springen, sogar einen Salto machte Napoleon zur allgemeinen Begeisterung. Oma lachte wie ein Kind. Heute würde Napoleon ein fettes Stück Kuchen bekommen. Doch am Ende seiner Show lehnte Napoleon das süße Leckerli einfach ab. »Ist er krank?«, fragte Dok besorgt. Napoleon hüpfte auf den Tisch, schnappte sich ein Lammkotelett und verzog sich damit unter den großen Apfelbaum in der Gartenecke.

    Vor der Scheune brutzelte ein Batzen Kalbfleischscheiben an der Grillstange, mit Tomaten, Knoblauch und anderen Wunderdingen der Natur durchsetzt. Baba schnitt jedes grade gebratene Fleischstück mit einem elektrischen Dönermesser runter, Danis schnitt die Fladenbrote auf, Bebisch belegte sie mit Fleisch, Salat, Tomaten, Zwiebeln und Cacik.
    Bebisch blieb mit einem großen Silbertablett voller Döner vor Dok stehen. »Scharf?«
    »So scharf wie es nur geht!« Dok nahm den angebotenen Döner und sagte in die Stille des Abends, als alle ihn und die frisch bereiteten Döner auf Bebischs Tablett voller Sehnsucht anstarrten: »Du bist ein echtes Dönerröschen!« Bebisch wurde rot wie Hollunderbionade.
    Ich guckte mich um. Fassungslos glotzten alle Dok an. »Dönerröschen?«, fragte sich sicher jeder. »Was soll der Scheiß? He?« Peinlich, peinlich! Dok! Was tust du mir wieder an?
    Nur Dok merkte gar nichts und biss mit Inbrunst in seinen Döner. Kurz mampfte er und sagte dann: »Voll geil!« Und da schmiss es Baba vom Stuhl.
    Alle ließen sich von dem Lachanfall anstecken, nur Bebisch und ich standen da und guckten uns an. »Dönerröschen?«, sagte Bebisch. »Warum nicht?«
    »Komm mit dem Döner her, Prinzessin!«, rief Baba.

    Es war zwar noch hell, trotzdem hockten wir ums Lagerfeuer. Dok erzählte Oma männerfeindliche Witze. Mit Hilfe von Leyla. Oma schaute zwar ein bissl irritiert dabei, wehrte sich aber nicht. Schon klopfte ihr Dok auf die Schulter, als er ihr einen neuen Kalauer ums Kopftuch hauen wollte. Ich hoffte nur, er würde nicht noch vertraulicher werden und Oma auf den Hintern klatschen. Bei Dok war alles möglich.
    Irgendwann war Oma aber doch erschöpft. Nachwirkungen des Stromschlags. Sie erhob sich schwerfällig, Saba begleitete sie ins Haus. Bald kehrte sie zurück. Oma schlief.
    Am Feuer loderten die Reden hoch. Die Erwachsenen waren beim Geld gelandet. Wo ist es am billigsten? Wo verdient man am besten? Und so Zeugs. Das schien sie alle ungemein zu interessieren. Napoleon schmuste mit den zwei fetten Katzen. Ungewöhnliche Dinge geschahen! Als ob diese verrückte Welt bald untergehen würde.
    In einer Gruppe verließen wir das Lagerfeuer: Bebisch, Selma, Lena, Danis, Schnauze und ich. Erst an der nahen Waldkreuzung teilten wir uns in Paare auf. Unsere Wege trennten sich. Es gab hier drei, die wir nehmen konnten: den linken wählten Selma und Schnauze, den rechten Lena und Danis, Bebisch und ich blieben in der Mitte. Bald waren wir allein. Nur der Wald und wir. Das Dönerröschen und ihr Prinz. Das war ich heute, oder? Bei so viel unverhofften Glücks!
    »Du bist mit mir nach Franken gekommen und hast alle Prüfungen überstanden«, sagte Bebisch. »Jetzt möchte ich auch etwas Schönes für dich tun.«
    »Ja!«, rief ich. »Etwas Schönes mit mir!« Mann, oh, Mann! Gleich würde der Korken knallen, bald sollte ich zum glücklichsten Mann der Welt werden.
    Doch Bebisch dachte nicht an die Körperfreuden. »Wann besucht ihr wieder deinen Bruder in der Schweiz?«, fragte sie. »Im Sanatorium!«
    »Meinen Bruder?« Plötzlich erinnerte ich mich, wie Dok sich damals am Parkplatz vorm PEP herausgeredet hat. »Aaah, meinen Bruder … den besuchen wir nächstes Wochenende.« Scheiße! Jetzt war’s draußen. Jetzt konnte ich das Wochenende nicht mehr mit Bebisch verbringen. Auch das sollte sich aber gleich als Irrtum herausstellen.
    »Das ist super!«, rief Bebisch. »Ich komme mit!«
    »Wohin?«
    »Na, in die Schweiz! Ich möchte deinen Bruder kennenlernen.«
    Alles klar. Mist! Was jetzt? Ach, was soll’s! Irgendwas wird mir schon bis zum nächsten Wochenende einfallen. Hatte ja fünf Tage Zeit dafür.

    »Aber das da … nö! Das nicht! Das geht nicht. Das können wir erst machen, wenn ich …«
    »Das ist doch schön!«
    »Kann sein!«, sagte sie. »Aber damit müssen wir noch etwas warten.«
    »Bis nach der Hochzeit? Wie’s deine Oma will?«
    »Nö! Nicht so lange!«
    »Bis nach dem Abi?«
    »Vielleicht?«
    »Scheiße!«
    »Hi, hi, hi … nö! Nicht bis nach dem Abi.
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