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Dönerröschen

Titel: Dönerröschen
Autoren: Jaromir Konecny
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die Rechte hochgestreckt, damit man sie nicht vergessen würde. Sie war so präsent, dass jeder nur sie auf dem Feld sah und ihr den Doppelpass geben musste. Lena nahm den Ball und donnerte ihn einfach ins Tor. Ohne groß rumzublödeln wie Danis und die Jungs in seiner Mannschaft. Alle krass gute Techniker, aber schlechte Fußballspieler. Mit keinem von ihnen konnte Lena sich technisch messen, aber im Gegensatz zu ihnen hatte sie Teamgeist. Das Luder kicherte nur vor sich hin und schob die Pille durchs Feld – ein Traum! Als sie dem etwas dämlich glotzenden Dermak ein Tor zwischen den Beinen und knapp unter seinen Eiern geschossen hatte, brüllte er. »He? Was soll das?«
    »Panna, Mann!«, rief Murat und klopfte Lena auf die Schulter. »Sie hat dich voll gepannert!« In unserer alten Klasse in Oberhaching war Lena der zweitbeste Fußballspieler gewesen. Wer der beste war? Na, ich! Klar bin ich kein Angeber. Ich weiß nur, dass ich gut bin. Warum? Weil ich immer den ersten Ball nehme. Bei einem gegnerischen Abstoß kriege ich den Ball als Erster. Irgendwie hab ich viel Gefühl für die Pille.
    »War ich mal in der Schule längere Zeit krank?«, fragte ich Lena in der Pause.
    »Du hast immer so eine oder zwei Wochen gefehlt.«
    »Ich meine jetzt keine Erkältungen oder Grippen … War ich mal längere Zeit weg? In der Grundschule?..«
    »Warte! Neblig kann ich mich erinnern, dass du in der Grundschule ein paar Monate im Frühjahr und im Sommer gefehlt hast. Da warst du, glaube ich, schwer krank, und bist nicht zum Kicken gekommen. Wieso? Weißt du das nicht mehr?«
    »Nee!«
    »Ach, ihr Männer!«, sagte Lena.
    In der zweiten Hälfte führten wir nach ein paar Minuten 4:0. Danis fing an, mit seinen Spielern rumzustressen: »Komm zurück, du Mongo, du! Was ist los mit euch? Macht ihr alle auf Gomez, oder was?«
    Nach dem Spiel wirkte Danis brutal depressiv. Redete mit keinem aus seiner Mannschaft mehr. Alle hauten ab. Auch Lena. Nur Danis und ich schnürten unter einem Parkbaum an unseren Schuhen rum. »Warum bist du sauer?«, fragte ich. »Weil ihr verloren habt?«
    »Ich bin nicht sauer!«, sagte er.
    »Doch!«, sagte ich.
    »Blödsinn!«, sagte er. »Bestimmt ist Lena ein verkleideter Junge. Mich kann keine Frau im Fußball schlagen.«
    »Nee!«, sagte ich. »Lena ist ein echtes Mädchen! Hast du ihre Brüste nicht gesehen? Die ist nur ein bissl dominant. In unserer alten Klasse in Oberhaching hat sie die Hälfte der Jungs verdroschen. Sie war sportlich schon immer gut drauf.«
    »Wer will schon eine solche Frau heiraten?«
    »Sie schaut doch gut aus!«
    »Pff! Eine Frau soll bügeln lernen und kochen, nicht mit Männern Fußball spielen.«
    »Na, dann!«, sagte ich. »Wollen wir nach Haching radeln? Der Wilderer dort macht die besten Burger! Das schaffen wir bis acht!«
    »Die besten Burger macht meine Schwester!«, sagte Danis. Huch! Was war das denn? Etwa zwanzig Meter hinter der Schulter von Danis fuhr auf der Straße Dok auf seinem Tandem. Hat er doch einen Mitfahrer gefunden? Nur einen winzigen Bruchteil einer Sekunde blieb Doks Mitradler hinter Danis’ Kopf versteckt. Dann tauchte er auf. Auf dem zweiten Fahrradsitz des Tandems hockte in einem befestigten Körbchen Napoleon, auf seinen Hinterpfoten, mit den Vorderpfoten auf den Korbrand gestützt, blickte er stolz wie ein General von seinem Ross auf seine Soldaten. Das war also Vaters Mitfahrer. Napoleon! Und da kriegte ich blöderweise einen Lachkrampf.
    »Du machst dich über meine Schwester lustig?«, kreischte Danis. Ich schrie vor Lachen. Noch als Danis in mich reinprügelte, lachte ich. Aber nur kurz. Dann schlug ich zurück.
    »Macht ihr hier auf Kindergarten, oder was?«, brüllte eine weibliche Stimme. Wir hörten auf und starrten hoch. »Oj!«, sagte sie. »Ganz große Krieger, oder? Was sollte das Gekratze und Gezerre? Wenn sich Mädchen prügeln, sieht’s besser aus.«
    Wenn ich sie genauso blöd angeglotzt hatte wie Danis, wunderte ich mich nicht, dass sie wieder mal einen Lachanfall bekam. Danis und ich hockten in zerrissenen Klamotten auf dem Rasen, zerkratzt wie nach einem Katzenangriff und guckten zu ihr hoch. Sibel, die Lachtante aus der NORDSEE und dem Obletter , kriegte sich mal wieder nicht ein vor Lachen.
    »Das gibt’s doch nicht!«, sagte ich.
    »Warum prügelt ihr Idioten euch?«, fragte sie. Danis schwieg. Um mich zu verwirren, hatte sie diesmal einen schwarzen Adidas-Anzug mit den drei weißen Streifen an der Seite an, samt
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