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Doener, Machos und Migranten

Titel: Doener, Machos und Migranten
Autoren: Betuel Durmaz
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Familien, die am Rande der Gesellschaft leben. Dies trifft in gleicher Weise auf Kinder aus deutschen Familien wie auf Kinder aus Zuwandererfamilien zu. Untersuchungen in 23 kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens zeigen, dass in einem Stadtgebiet u.a. die Arbeitslosenquote und ein hoher Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung einen nicht unwesentlichen Einfluss auf den Förderschulbesuch ausüben. Das heißt, in Stadtteilen mit einem hohen Arbeitslosen- und Ausländeranteil besuchen weitaus mehr Schüler eine Förderschule als in Städten mit niedriger Arbeitslosenquote und geringerem Ausländeranteil (vgl. Johannes Mand, «Integration für Kinder», in: Zeitschrift für Heilpädagogik , 3/2006, S. 109–115). Bei Schulbuchbestellungen und der Finanzierung von Klassenfahrten wird dies jedes Mal auch an unserer Schule deutlich. Es gibt Schulklassen, in denen die Finanzierung zu neunzig Prozent aus öffentlichen Mitteln erfolgt. Das bedeutet, dass diese Familien über kein eigenes Einkommen verfügen. Diese Zahlen korrespondieren mit den Zahlen in anderen Regionen Deutschlands (vgl. Reiner Scholz, «Gefangen im Schonraum», in: Die Zeit , 23. August 2007, S. 59). Aber auch die berufstätigen Eltern sind überwiegend in sogenannten «prekären Arbeitsverhältnissen» beschäftigt. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, ist es wichtig, gerade die Schüler unserer Schulform intensiv auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten und sie nach Möglichkeit in die Lage zu versetzen, eine Berufsausbildung aufzunehmen und auch erfolgreich abzuschließen.

    Seitens der Schulen wird auch sehr viel unternommen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Wie aber sieht die Realität aus? Was passiert mit unseren Schülern nach Abschluss der allgemeinen Schulpflicht?

    Sie treffen auf einen Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt, der sich durch den technologischen Wandel und die Globalisierung in den letzten Jahren rasant verändert hat. Dieser Prozess wird sich nach Expertenmeinung in den nächsten Jahren noch weiter fortsetzen. Der technologische Wandel hat zu einer weitgehenden Neuordnung der Ausbildungsberufe geführt. Viele alte Berufsfelder sind verschwunden, während vielfältige neue Berufe mit hohen theoretischen Anforderungen entstanden sind. Bei der Produktion von Industriegütern hat sich in den letzten Jahrzehnten der Anteil der Arbeitskosten gegenüber den Materialkosten extrem verringert. Das heißt, zur Herstellung verschiedener Waren werden zunehmend weniger Arbeitskräfte benötigt als in der Vergangenheit. Gleichzeitig hat sich der Faktor Arbeitskraft verstärkt zu planerischen bzw. entwickelnden Tätigkeiten hin entwickelt. Wo noch Arbeitskräfte benötigt werden, sind das in der Hauptsache hoch qualifizierte Fachkräfte (vgl. G. Duismann, «Neue Arbeitswelt – neue Arbeitslehre?», in: Lernen konkret 2001, S. 2–5). Die Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer sorgt zusätzlich für Konflikte auf dem Arbeitsmarkt. Das jüngste Beispiel der Firma Nokia in unserer Region macht das noch einmal sehr deutlich. Während sich vielen qualifizierten Arbeitskräften bereits sehr schnell neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt boten, werden ihre weniger oder nicht ausgebildeten Kollegen nur sehr schwer in neue Arbeitsverhältnisse zu vermitteln sein.

    Auf diesem Arbeits- bzw. Ausbildungsstellenmarkt, in dem einfache Tätigkeiten aus ökonomischen Gründen oft ganzgestrichen oder im Rahmen der Globalisierung ins Ausland verlagert worden sind, müssen unsere Schüler nun mit den Schulabgängern der anderen Schulformen konkurrieren. Hauptschüler, Schüler mit dem mittleren Bildungsabschluss und zunehmend auch Abiturienten sind an Ausbildungsplätzen interessiert. Dass hierbei die Chancen unserer Schüler nicht besonders groß sind, ist offenkundig. Die Anforderungen, die an die Schulabgänger der Förderschule gerichtet werden, unterscheiden sich nämlich prinzipiell nicht von denen, die an Schulabgänger anderer Schulformen gerichtet werden.

    Da das Angebot an Ausbildungsplätzen in der Industrie und im Handwerk in den vergangenen Jahren ohnehin nicht ausreichte, um alle Bewerber aufzunehmen, sind die Vermittlungschancen für die Abgänger der Förderschulen auf diesem Markt somit auf ein Minimum gesunken. Zwar wird jedes Jahr aufs Neue in den Medien zu gemeinsamen Anstrengungen des Handwerks, der Industrie und der Politik aufgerufen, für zusätzliche Ausbildungsangebote zu sorgen, aber die Erfolge sind in der Regel nur sehr
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