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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition)
Autoren: Stephen King
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Ordnung; eine Hand war kein Schwanz. Sie hatte ihn in einer Kneipe kennengelernt. Die meisten Männer, mit denen sie ausging, hatte sie in einer Kneipe getroffen. Er hatte ihr einen Drink spendiert, aber so was war noch kein Rendezvous, das war bloß eine zufällige Bekanntschaft.
    Was ist denn das, hatte er sie gefragt und war ihr mit der Fingerspitze über den linken Oberarm gefahren. Sie trug eine ärmellose Bluse, weshalb das Tattoo sichtbar war. Das ließ sie gern aufblitzen, wenn sie es auf ein Rendezvous abgesehen hatte. Sie wollte, dass die Männer es sahen. Die fanden es nämlich sexy. Sie hatte es sich in San Diego stechen lassen, ein Jahr nachdem sie ihren Vater getötet hatte.
    Das ist eine Schlange, sagte sie. Eine Klapperschlange. Siehst du die Zähne nicht?
    Natürlich sah er die. Es waren große Zähne, die in keinem Verhältnis zum Kopf standen. An einem hing ein Tropfen Gift.
    Er war vom Typ Geschäftsmann mit teurem Anzug und massenhaft zurückgekämmtem Präsidentenhaar und hatte den Nachmittag frei. Sonst erledigte er wahrscheinlich irgendwelchen Papierkram. Seine Haare waren allerdings eher weiß als schwarz, und dem Aussehen nach war er etwa sechzig. Fast zweimal so alt wie sie. Aber Männern war so was egal. Es hätte ihn nicht mal geschert, wenn sie sechzehn statt zweiunddreißig gewesen wäre. Oder acht. Sie erinnerte sich an etwas, was ihr Vater einmal gesagt hatte: Wer alt genug zum Pinkeln ist, kann auch gefickt werden.
    Natürlich sehe ich die, hatte der Mann, der jetzt neben ihr saß, gesagt. Aber was hat das Ding zu bedeuten?
    Vielleicht kriegst du’s später ja raus, erwiderte Andi und legte die Zungenspitze an die Oberlippe. Ich hab noch ein zweites Tattoo. Woanders.
    Darf ich es sehen?
    Vielleicht. Magst du Filme?
    Er hatte die Stirn gerunzelt. Wieso?
    Du willst doch mit mir ausgehen, oder?
    Er wusste, was das bedeutete – oder was es hätte bedeuten sollen. In der Kneipe befanden sich noch andere junge Frauen, und wenn die so etwas sagten, meinten sie etwas ganz Bestimmtes. Aber das war es nicht, was Andi meinte.
    Klar. Du bist süß.
    Dann geh doch mit mir aus. Aber in echt. Im Rialto läuft Jäger des verlorenen Schatzes .
    Ich hab eher an das kleine Hotel zwei Straßen weiter gedacht, Süße. Ein Zimmer mit Bar und Balkon, was hältst du davon?
    Sie hatte die Lippen nah an sein Ohr gebracht und dafür gesorgt, dass ihre Brüste sich an seinen Arm drückten. Später vielleicht. Geh erst mal mit mir ins Kino. Lad mich ein, und kauf mir Popcorn. Die Dunkelheit bringt mich in Stimmung.
    Und da saßen sie und sahen auf der Leinwand Harrison Ford, groß wie ein Wolkenkratzer und mit einer Peitsche, die er im Wüstenstaub krachen ließ. Der alte Typ mit dem Präsidentenhaar hatte seine Hand unter ihrem Rock, aber sie hatte ihren Becher Popcorn so auf dem Schoß platziert, dass er mit der Hand zwar ziemlich weit kam, aber eben doch nicht ganz bis zum Ziel. Trotzdem versuchte er, sich vorbeizumogeln, was ärgerlich war, weil sie den Film zu Ende sehen und herausbekommen wollte, was sich in der Bundeslade befand. Deshalb …
    2
    Wie üblich an einem Nachmittag mitten in der Woche war das Kino fast leer, aber zwei Reihen hinter Andi Steiner und ihrem Verehrer saßen drei weitere Zuschauer. Zwei Männer, einer ziemlich alt, der andere dem Anschein nach kurz vor dem mittleren Alter (wenngleich der Anschein trügen konnte), dazwischen eine Frau von erstaunlicher Schönheit. Sie hatte hohe Wangenknochen, graue Augen und einen cremefarbenen Teint. Ihr üppiges schwarzes Haar war mit einem breiten Seidenband zurückgebunden. Normalerweise trug sie einen Hut – einen alten, ramponierten Zylinder –, aber den hatte sie an diesem Tag in ihrem Wohnmobil gelassen. Im Kino trug man kein Ofenrohr. Eigentlich hieß sie Rose O’Hara, aber die Familie von Nomaden, mit der sie reiste, nannte sie Rose the Hat.
    Der Mann, der allmählich ins mittlere Alter kam, hieß Barry Smith. Er war zwar zu hundert Prozent europäischer Herkunft, in der betreffenden Familie jedoch als Barry the Chink bekannt, und zwar wegen seinen leicht mandelförmigen Augen, die an einen Chinesen erinnerten.
    »Jetzt seht euch das mal an«, sagte er. »Das ist ja interessant.«
    »Der Film ist interessant«, knurrte der alte Mann, Grampa Flick. Aber das lag nur daran, dass er gern widersprach. Auch er beobachtete das Pärchen zwei Reihen weiter vorn.
    »Gut so«, sagte Rose. »Die Frau ist nämlich nicht besonders scharf. Ein
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