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Dihati Qo – Die, die sind

Dihati Qo – Die, die sind

Titel: Dihati Qo – Die, die sind
Autoren: Joseph Maximilian Spurk
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lagen zurück. Doch er konnte sie hören. Die Hunde, die Füße, die Pferde, die Schreie. Sie kamen näher. Die Pferde nicht so schnell, denn der Wald war dicht. Aber die Fußsoldaten und die Hunde. Ja, die Hunde. Wölfe . Da spürte er es ganz genau. Den stechenden Blick in seinem Rücken. Sie waren hinter ihm. Sie hatten ihm den Weg abgeschnitten. Sie blickten hohnlachend von oben auf ihn herab. Angsterfüllt drehte er sich um und hob den Blick. Ein gellender, langgezogener Schrei wollte sich aus seiner Kehle ringen, doch er verstummte.
    Von der erhöhten Position eines Astes aus blickte eine Eule in die vor Schreck geweiteten Augen des Dieners. Die Eule legte den Kopf von einer Seite zur anderen und Armin tat es ihr in seiner Verwirrung gleich. Dann spreizte die Eule die Flügel, erhob sich in die Luft und verschwand in der Dunkelheit der Nacht.
    Armin brauchte eine Sekunde, um sich von dem Schreck zu erholen. Ihm kam es wie eine Stunde vor. Voller Entsetzen drehte er sich um. Seine Verfolger waren nicht zu sehen, nur zu hören. »Umso besser«, dachte er sich und rappelte sich auf. Noch ein kurzer Blick zurück, dann rannte er weiter.
    Der Wald wurde hügeliger und Armin rannte bergauf, was auf dem nassen Laub nicht einfach war. Rasselnd drang sein Atem an sein Ohr. Seine Seite schmerzte und er blieb stehen. Seine Lungen brannten. Sie sogen widerwillig den Geruch feuchter, modriger Erde ein. Er hatte das Gefühl, seine Beine klappten gleich unter ihm zusammen. Er konnte nicht mehr weiterrennen. Er war fast bereit, sich seinem Schicksal zu ergeben, da entdeckte er den Eingang.
    In dem Erdhügel vor ihm war ein Loch in der Höhe seiner Knie. Das Loch war breit genug, um hineinzukriechen. Eine Zeitlang konnte er sich verstecken, aber die Hunde würden ihn aufspüren. Er stand unschlüssig vor der Erdhöhle, während seine Verfolger erbarmungslos aufholten.
    Der Ruf einer Eule ertönte aus der Höhle. Armin erstarrte. Er betrachtete den Eingang misstrauisch, aber nichts rührte sich. Er versuchte abzuschätzen, ob von der Erdhöhle eine Bedrohung ausging. Seine Nackenhaare richteten sich auf, da die wirkliche Bedrohung sich von hinten näherte. Er wirbelte herum und verlor beinah das Gleichgewicht. Aber nichts war zu sehen. Unschlüssig schüttelte er den Kopf. Er atmete durch, gab sich einen Ruck und kroch in die Höhle hinein.
    * * *
    Die Stümper, die sich seine Leute schimpften, durchkämmten ergebnislos den Wald und seine Ungeduld wuchs. Er hatte lange genug gewartet. Nach dem Tod Porans sah sein Plan vor in die Burg zu marschieren, sich des Fokus der Macht zu bemächtigen, um dann genüsslich das Land zu unterwerfen. Und nicht hinter seinen inkompetenten Untertanen herzutrotten.
    Eine Strähne seines schwarzen Haars fiel ihm klatschnass ins Gesicht, was seine Rage nur steigerte. Gereizt strich er sie zurück. Er war von Versagern umgeben. Er war dazu bestimmt zu herrschen und nicht zuzusehen, wie seine unfähigen Lakaien sich von einem einfachen Diener durch den Wald hetzen ließen.
    Die Wut kochte sein Gesicht tiefrot. Er musste den Druck seiner Ungeduld ablassen, sonst explodierte er. Womöglich zerschmetterte er dann zu viele seiner Leute. Einer von ihnen sollte eigentlich genügen – fürs Erste. Er wählte sich einen Fußsoldaten und wollte dessen pulsierendes Herz vor aller Augen zerquetschen – ein bewährtes Motivationsmittel – als einer der Wolfsführer schrie. »Da vorn, mein Herr und Gebieter, Wegbereiter der Finsternis. Da vorn rennt er!«
    ›Wegbereiter der Finsternis‹ – den Titel hatte er sich selbst gegeben. Er passte. Die Dunkelheit folgte ihm; dafür hatte er gesorgt. Der Titel war eine Spur zu dramatisch, aber es scherte ihn nicht – er war der Herrscher.
    Er sah in die Richtung, in die der Wolfsführer deutete. Und tatsächlich, dort rannte er. Der Gebieter war überrascht, den Diener plötzlich auftauchen zu sehen, als sei er aus einem Erdloch gesprungen, aber eigentlich kümmerte es ihn nicht. Der Diener hatte verloren und er gewonnen, so wie es sich gehörte und so wie es von vornherein bestimmt war.
    »Geht zur Seite!«, befahl er seine Untertanen. »Ich brauche ein freies Schussfeld.« Das stimmte zwar nicht, aber er wollte seine Leute nicht unnötig opfern. Jedenfalls nicht mehr, nachdem der Diener aufgetaucht war.
    Der Gebieter und neue Fürst des Landes hob den Bogen und spannte die Sehne. Abermals an jenem Tag durchschnitt ein scharfes Zischen die Luft und abermals
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