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Dihati Qo – Die, die sind

Dihati Qo – Die, die sind

Titel: Dihati Qo – Die, die sind
Autoren: Joseph Maximilian Spurk
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Augen bohrten sich in die des Königs und ihre gekrümmten Fingernägel in ihre Haut. Sie hasste es, ihm weiteres Leid zuzufügen. »Mein König, Eure Befürchtungen sind berechtigt. Ich wollte Euch damit verschonen, aber …«
    »Mich verschonen ?«, brauste Poran auf. Wütend fing er an auf und ab zu gehen, ließ die Seherin aber nicht aus den Augen. »Ich bin der König dieses Landes, ich habe für das Wohl meiner Untertanen zu sorgen, ich regiere über dieses Reich und Ihr glaubt, mich von irgendetwas verschonen zu müssen? Wisst Ihr, was es bedeutet, wenn ich nicht rechtzeitig über die hiesigen Entwicklungen informiert werde?«
    »Verzeiht, mein König, aber wie Ihr nicht abstreiten werdet, habt Ihr in letzter Zeit wenig getan, um Euch selbst zu informieren.«
    Der Hieb ihrer Worte ließ ihn ruckartig stehenbleiben. Er senkte den Kopf und schloss die Augen. Niemand sonst hätte diese Frechheit besessen, aber sie hatte recht. Er konnte sich an kein Gespräch erinnern, bei dem sie nicht recht gehabt hatte. Darum war Sopeia auch die Hofseherin und seine engste Vertraute. Er hob den Kopf und starrte ins Dunkel ihrer Augen. »Nun, da Ihr so lange geschwiegen habt, sprecht endlich, sprecht! «
    »Mein König«, begann die Seherin, dem Blick standhaltend, »in den letzten Wochen gab es Vorankündigungen, dass sich etwas nähert – etwas Böses. Immer, wenn ich die Zukunft befragte, was es war und wann es kommen würde, schien die Gefahr nicht greifbar, noch weit entfernt zu sein – bis gestern.«
    Jetzt senkte Sopeia den Blick und holte tief Luft.
    »Was, was hat sich gestern geändert? Nun sprecht endlich!« Ungeduld und Zorn standen deutlich im Gesicht des Königs. Äderchen hoben sich unter seiner Haut.
    Die Seherin sah wieder auf. Ihre Augen funkelten. »Das Orakel rief mich.«
    »Das Orakel?« Die Stimme des Königs war nur noch ein Flüstern. »Welches Orakel?«
    »Ihr wisst welches Orakel, mein König. Jedes andere suche ich auf, um es zu befragen. Nur dieses ruft, um den Zeitpunkt selbst zu wählen, wann es sein Wissen verkündet.«
    »Biwda’ Gef«, raunte Poran.
    »Ja«, bestätigte die Seherin, »Biwda’ Gef, Bewacher des Kerkers und Verkünder des beginnenden Unheils. Der Kreis hat sich geöffnet, so wie es die Hüter voraussagten. Keiner zweifelt heute noch an ihren Worten. Ihr, mein König, habt es nie getan.«
    »Ich hatte sie beauftragt. Auch damals war es ein verdammter Traum.« Er erinnerte sich, wie alles begann, und vergrub den Kopf in den Händen. Seine Finger fühlten sich kalt an und seine Schultern schüttelten ein Frösteln ab. Er fasste sich wieder. »Der Kreis muss geschlossen werden. Nur so können wir es aufhalten!«
    »Ihr wisst, dass dies nur die Dihati vermögen. Sie müssen den Kreis schließen, sie errichten den Kerker.«
    »Aber wir müssen etwas unternehmen, sie auf den Weg bringen!«
    »Das können wir nicht! Wir müssen den Prophezeiungen trauen. Der Prophezeiung der Hüter und der Weissagung ’di Albahs. Er erkannte die Entwicklung schon vor langer Zeit.«
    »Und versprach laut der Legende, etwas dagegen zu unternehmen. Nun, er ist tot und was wurde unternommen?«
    »Seid nicht so zynisch, mein König. Unterschätzt niemals die Möglichkeiten ’di Albahs. Er hatte sich mehr Wissen angeeignet, als hundert von meiner Art es je könnten. Er wird zurückkehren, er wird helfen – auf uns verborgenen Wegen, mit uns unbekannten Möglichkeiten.«
    »Verborgene Wege? Unbekannte Möglichkeiten? Das hört sich so an, als glaubtet Ihr auch an den geheimen Bund, der seit der Vernichtung der Zwölf bestehen soll.«
    »Ich gehöre diesem Bund an.«
    Diese Offenbarung verschlug dem König die Sprache. Legenden hin, Märchen her, aber der Glaube an den Bund, der das Wissen zur Hilfe gegen das Böse kennt und weitergibt, war stark in der Bevölkerung. Und das, obwohl sein Volk seit Jahrzehnten in Frieden lebte. Jeder befürchtete, dass das Verderben eines Tages zurückkehrte.
    * * *
    Ein Diener stürzte in die Gemächer der Seherin und handelte sich sowohl vom König als auch von ihr erboste Blicke ein. Der König war so erzürnt, dass die Schranke seines Zorns die Erkenntnis aussperrte, um wen es sich bei dem Diener handelte. Eine zweite Gelegenheit sollte Poran nicht bekommen.
    Der Diener war Armin und er war noch nicht lange am Hofe tätig, aber lange genug, um sich seines Fauxpas’ bewusst zu sein. »Verzeiht, oh König, aber draußen vor den Toren der Burg sammeln sich die Bauern. Sie
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