Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
Vom Netzwerk:
kurz, musste ich an die hohen Wellen und das Meer in Südafrika denken. Dann grinste er mich an und sagte: »Ach, kein Problem. Ich gehe schnell duschen, und dann rocken wir die Show!«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, aber es fühlte sich gut an. Er ging ins Bad, ich in mein Zimmer und fünfzehn Minuten später trafen wir uns in der Küche.
    »Guten Morgen, Debbie«, sagte er zu Mama und Mama fragte ihn, ob er gut geschlafen habe.
    »Ach, na ja, ich habe einen ziemlich chaotischen Schlafrhythmus. Normalerweise würde ich mich jetzt umdrehen und bis mittags weiterschlafen.«
    »Du Faultier«, lachte ich.
    Mama lachte auch.
    »Da hast du vollkommen recht, Daniel. Ich bin wirklich ein Faultier. Hast du gewusst, dass Faultiere zwanzig Stunden am Tag schlafen?«
    »Wird denen nicht langweilig?«
    »Im Gegenteil«, sagte Lars und schüttete einen großen Haufen Zucker in seine Tasse. »Das Faultier ist der Buddha der Tierwelt. Die sind so entspannt, dass selbst Raubtiere einfach an ihnen vorbeigehen, ohne sie zu fressen. Ich hab mal gesehen, wie eine riesige Anakonda um ein Faultier herumgeschlichen ist, weil sie dachte, es sei ein Stein. Faultiere überleben, weil sie den ganzen Tag nichts tun. Je weniger, desto besser.«
    »Möchtest du von meinen Chips essen?«, fragte ich, weil ich noch eine Packung in meinem Zimmer hatte und sie mit Lars teilen wollte.
    »Zum Frühstück?«
    »Ja.«
    »Nein, danke.«
    Mama ging lachend aus der Küche, und Lars schüttete schnell seinen Kaffee ins Waschbecken. Ich machte große Augen und wollte schon nach Mama rufen, um ihn zu verpetzen, aber als er den Zeigefinger vor seinen Mund hielt und »psssst« sagte, atmete ich wieder aus und kicherte nur in mich hinein. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, denn normalerweise erzähle ich Mama ja alles. Ich kann nicht anders. Das steckt ganz tief in mir drin. Selbst wenn ich mich konzentriere, platzt es meistens einfach so aus mir heraus.
    »Der Kaffee deiner Mutter schmeckt grauenvoll«, lachte Lars, »aber verrate mich nicht, okay?«
    »Okay«, versprach ich, und wir klatschten uns ab.
    Als Mama mir die Schuhe zuband, freute ich mich so sehr, dass ich sie in den Arm nahm und ihr sagte, wie lieb ich sie hatte. Es war so aufregend: Lars und ich hatten unser erstes Geheimnis. Das Gefühl war so schön, dass ich die ganze Welt umarmen wollte, aber da gerade nur Mama da war, musste sie daran glauben. Ich zog meine schwarze Jacke an, weil Lars auch mit seiner schwarzen Jacke aus dem Zimmer kam. Er trug eine schwarze Mütze, und ich kramte schnell in meinen Schubladen, um nach meiner schwarzen Wintermütze zu suchen. Mama gab Lars meine Tasche mit der Sauerstoffflasche.
    »In eurem Partnerlook seht ihr wie Brüder aus, wisst ihr das?«, rief sie uns hinterher.
    Das machte mich stolz.
    An der Bushaltestelle setzten wir uns auf die Bank und machten um 7.10 Uhr unser erstes gemeinsames Foto. Ich weiß das so genau, weil wir fünf Minuten zu früh waren, und Lars unbedingt Quatschfotos schießen wollte, mit Grimassen und so. Das war lustig, und zwei ältere Frauen sahen uns an, als wären wir matsche in der Birne. Zuerst war es mir etwas peinlich, aber dann sagte Lars, dass das Leben mit Quatschsalat viel mehr Spaß machen würde als ohne. Dann kam auch schon der Bus. Ich zeigte dem Fahrer meinen Behindertenausweis, und Lars durfte mitfahren, ohne etwas zu bezahlen. Ich bin zu einhundert Prozent schwerbehindert, weswegen ich immer einen Erwachsenen mitnehmen darf. Meistens ist das Mama. Eigentlich immer, weil es ja sonst niemanden gibt. Während der Fahrt sprachen wir nicht viel, denn Lars war noch sehr müde, und ihm fielen ständig die Augen zu, aber ich war trotzdem froh, weil die Leute im Bus auch so merkten, dass wir zusammen gehörten. Als wir vierzehn Stationen später ausstiegen, fragte mich Lars, wie weit wir bis zur Schule laufen müssten, und ich antwortete: »Nicht so weit.«
    Vor dem Eingangsbereich der Schule parkten wie immer etliche Transporter vom Roten Kreuz und den Johannitern eng nebeneinander. Ein Rollifahrer nach dem anderen wurde abgeliefert. Normalerweise sitze ich auch in einem dieser Wagen, aber weil Lars da war, durften wir den Linienbus nehmen.
    »Kann ich dir was sagen, ohne dass du lachst?«, fragte ich Lars, als wir auf den Aufzug warteten, um in mein Klassenzimmer zu kommen.
    »Warum sollte ich lachen?«
    »Weiß nicht.«
    »Schieß los!«
    »Ich habe noch nie die Schule geschwänzt.«
    »Du hast
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher