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Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)

Titel: Dieses bescheuerte Herz: Über den Mut zu träumen (German Edition)
Autoren: Lars Amend , Daniel Meyer
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Tabletten heute schon genommen?«
    »Nein.«
    »Soll ich sie dir bringen?«
    »Nein. Mir war heute Morgen schlecht, und wenn mir schlecht ist, krieg ich die Dinger nicht runter. Es sind ja so viele. Ich nehme sie dann vor dem Mittagessen.«
    »Okay, du kennst deinen Körper besser als ich. Möchtest du mit in die Bibliothek, oder willst du lieber hierbleiben und dich ausruhen? Lars leistet dir bestimmt Gesellschaft, damit du nicht so alleine bist.« Lars legte seinen Arm um mich und nickte.
    »Wer kommt denn alles mit?«
    Frau Sommer überlegte und sagte: »Frau Himmelreich, ich, Francisca, Lars und du.«
    Ich dachte nach. Francisca würde mit dem Rolli fahren, weil sie ja nicht mehr gehen kann. Sie war ganz in Ordnung, und Frau Himmelreich mochte ich auch. In der Bibliothek fühlte ich mich immer wohl, also wollte ich es versuchen.
    »Frau Sommer, also, ich möchte gerne mit. Aber mit Rollstuhl. Heute brauche ich ihn.«
    »Super«, freute sich meine Lehrerin. »Das finde ich ganz toll, Daniel. Wirklich schön, dass du uns begleitest.«
    Lars klopfte mir auf die Schulter und sagte: »Alter, du bist ein echter Kämpfer. Sehr gut! Und weißt du was? Wenn dir die Kraft ausgeht, sagst du einfach Bescheid, und wir drehen wieder um, pflanzen uns hier aufs Sofa und chillen ab. Alles klar?«
    Lars schob mich durch den Regen zur Bushaltestelle. Wir mussten zehn Minuten warten. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sich beim Busfahrer ein eigenes Ticket kaufen musste. Frau Sommer war ja dieses Mal meine offizielle Begleitung. Zum Glück hatte er genug Geld dabei. Während der Fahrt, die nicht lange dauerte, zehn Minuten oder so, ging es mir immer schlechter. Und ich wurde kreidebleich. Als wir an unserer Haltestelle ankamen, kontrollierte Frau Sommer sofort meine Sauerstoffwerte. Sie lagen zwar noch im grünen Bereich, aber meine Lehrerin wollte kein Risiko eingehen und schlug vor, mit Lars und mir wieder zur Schule zurückzufahren. Frau Himmelreich und Francisca gingen dann ohne uns in die Bibliothek, und ich wurde etwas traurig, weil ich zum ersten Mal vor Lars versagt hatte.
    Wir warteten kurz, bis der richtige Bus kam, und meine Lehrerin drückte auf den Summer, aber die Busfahrerin blieb einfach sitzen. Sie war sehr unfreundlich zu uns und rief uns irgendwas zu, was aber niemand verstehen konnte. Normalerweise hätte sie aufstehen müssen, um die Rollstuhlrampe an der hinteren Tür, die ja extra für behinderte Menschen da ist, für mich herunterzuklappen. Da sie uns aber nicht helfen wollte, klappte Lars schließlich die Rampe herunter, und Frau Sommer schob mich in den Bus. Lars war völlig entsetzt, weil von den anderen Fahrgästen auch niemand helfen wollte. Sie glotzten uns nur blöd an, machten aber nichts. Frau Sommer winkte ab und sagte, dass sei leider eine Situation, die ständig passiere. Wir Kinder hätten uns daran gewöhnt, weil uns ja nichts anderes übrigbliebe.
    Lars machte einen Schritt auf mich zu und legte seine Hand auf meine Schulter. Ich sah, wie traurig ihn das gerade machte. Also ich helfe immer allen Menschen, wenn ich sehe, dass jemand Hilfe braucht. Wenn zum Beispiel eine alte Omi in den Bus steigt oder eine schwangere Frau, dann stehe ich sofort auf, um ihnen meinen Platz anzubieten. Das hat mir meine Mama beigebracht, und das gehört sich auch so. Ich bin nämlich ein Gentleman.
    Dann stieg ein schlechtgelaunter Mann in den Bus und meckerte herum, weil er sich beim Vorbeigehen am Griff meines Rollstuhles gestoßen hatte. Ich konnte ihn nur aus dem Augenwinkel sehen, weil ich mit dem Rücken zu ihm saß, aber ich hatte den kurzen Ruck gespürt. Dann machte Lars etwas, das ich niemals vergessen werde. »Ey du, Arschloch«, sprach er ihn so laut an, dass sich einige der anderen Fahrgäste zu ihm umdrehten. »Wenn du meinem Jungen etwas zu sagen hast«, jetzt zeigte er mit der Hand auf mich, »dann mach das so, dass wir das alle verstehen können. Na, was ist?«
    Für einen kurzen Moment wurde es mucksmäuschenstill im Bus. Frau Sommer machte richtig große Augen. Das gefiel mir sehr.
    »Sorry, war nicht so gemeint«, entschuldigte sich der andere Mann bei Lars, aber er meinte, dass er sich nicht bei ihm, sondern bei mir entschuldigen solle.
    Der Mann hob kurz seine Hand und nickte, und ich sagte zu ihm: »Danke für die Entschuldigung. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.« Ich glaube, meine Lehrerin fand es cool, dass Lars sich so für uns eingesetzt hat, obwohl ich erst etwas Bedenken
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