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Diese Lippen muss man küssen

Diese Lippen muss man küssen

Titel: Diese Lippen muss man küssen
Autoren: Kathie Denosky
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gefühlt. Ganz einfach gesagt: Sie liebte ihn.
    Aber genau das war es, was ihr Angst machte und sie quälte. Wenn sie ihn nun auch wieder verlor, wie sie alles verloren hatte, woran sie ihr Herz gehängt hatte? Es hatte in ihrer Jugend damit angefangen, dass ihr Vater die Familie verließ. Dabei hatte sie immer geglaubt, dass er sie besonders liebte. Selbst Jahre später war sie noch verzweifelt und traurig gewesen, weil er nie wieder Kontakt mit ihr aufgenommen hatte.
    Dann hatte sie Richard verloren, kaum sechs Monate nach der Hochzeit. Und zuletzt war ihre Hoffnung auf ein wenig Glück tief enttäuscht worden, als die leibliche Mutter doch ihr Baby behalten wollte, welches sie ursprünglich zur Adoption freigegeben hatte.
    Doch es hatte keinen Sinn, sich ständig an diese Schicksalsschläge zu erinnern. Abby stellte den Becher auf den Tisch und stand auf. Sie sehnte sich nach frischer Luft. Langsam schob sie die Schiebetür auf und trat auf die hölzerne Terrasse, die ihr Haus umgab. Die Sonne war kurz davor unterzugehen und spiegelte sich im See. Normalerweise war Abby fasziniert von diesem Naturschauspiel, aber heute bemerkte sie es kaum.
    Sosehr sie Brad auch liebte und die kleine Sunnie in ihr Herz geschlossen hatte, sie könnte es nicht ertragen, noch einmal einen solchen Verlust zu durchleiden. Wie leicht war es möglich, dass Brad sich nach einer gewissen Zeit einer anderen Frau zuwandte, die er aufregender fand als sie? Was wurde dann aus ihr? Oder, noch schlimmer, wie sollte sie es ertragen, wenn Sunnie oder ihm etwas zustieß?
    So bitter es auch gewesen war, Royal zu verlassen, sie wusste tief in ihrem Herzen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Hier in Seattle lief sie nicht Gefahr, die beiden zu treffen und immer wieder an das erinnert zu werden, was sie nie haben könnte. Irgendwann würde der Schmerz nachlassen, und sie würde sich auf andere Dinge konzentrieren können.
    Plötzlich hörte sie Schritte. Jemand kam um das Haus herum, wahrscheinlich Mrs Norris. Die Nachbarin hatte ihren Pudel Gassi geführt, als Abby gerade mit Einkäufen vom Supermarkt zurückkam. Abby seufzte. Wahrscheinlich wollte Mrs Norris sie nur in Seattle willkommen heißen. Aber Abby war wirklich nicht nach Small Talk zumute, sondern sie sehnte sich danach, allein zu sein, um ihren Gedanken nachhängen zu können.
    „Tut mir leid, Mrs Norris“, rief Abby in die Richtung, aus der die Schritte kamen, „aber ich bin gerade erst nach Hause gekommen und habe keine Zeit.“ Hoffentlich ließ Mrs Norris sie wenigstens heute in Ruhe. „Wie wäre es mit morgen?“, fügte sie dann schnell hinzu, denn sie wollte die Nachbarin nicht vor den Kopf stoßen.
    „Ich bin nicht Mrs Norris, und ich bin auch nicht bereit, bis morgen zu warten. Denn wir beide müssen uns ganz dringend unterhalten. Und zwar jetzt.“
    Brad! Hastig wandte Abby sich um. Tatsächlich, er kam gerade um die Hausecke herum. Ihr traten die Tränen in die Augen, als sie ihn vor sich stehen sah, in einer Hand die Babytragetasche, in der anderen einen Seesack und die Wickeltasche über der Schulter. Noch nie hatte er so attraktiv ausgesehen – aber auch noch nie so wütend.
    „Was … was machst du …“ Sie stockte und fing schließlich von vorn an. „Was machst du hier, Brad? Woher hast du meine Adresse?“ Die letzte Frage konnte sie sich selbst beantworten, denn seine Schwester hatte natürlich ihre Adresse.
    „Von Sadie“, antwortete er knapp. „Sunnie und ich wollen herausfinden, warum du auf einmal so spurlos verschwunden bist. Wie ein Dieb in der Nacht.“ Er setzte den Seesack ab. „Das war nicht sehr nett, Darlin’.“
    Eine plötzliche Brise kam vom See, und Abby strich sich das Haar aus dem Gesicht. Sie wies auf das Haus. „Lass uns reingehen. Die Luft ist zu kalt für Sunnie.“ Spontan wollte sie ihm die Tragetasche mit der Kleinen abnehmen, aber Brads Haltung war so feindselig, dass sie zögerte. Mit zitternden Händen schob sie die Schiebetür auf und blieb abwartend stehen, während er sein Gepäck hochnahm und eintrat. Irgendwie kam ihr das Wohnzimmer jetzt viel kleiner vor als sonst. Das musste wohl mit Brad zu tun haben und seiner imponierenden Gestalt. Vor allem wütend war er geradezu Furcht einflößend.
    Während sie nur dastand und wartete, dass er nach einer kurzen Erklärung ihr Haus wieder verließ, damit sie anfangen konnte, sich an ein Leben ohne ihn und ohne Sunnie zu gewöhnen, ließ er die Windeltasche und
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