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Diese eine Woche im November (German Edition)

Diese eine Woche im November (German Edition)

Titel: Diese eine Woche im November (German Edition)
Autoren: Michael Wallner
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Polizist.
    » Die Trucidi « , sagt Tonio, als sei es die einzig denkbare Antwort.
    » Wer ist das, die Trucidi? «
    So geht das seit zwanzig Minuten. Die Männer in den Uniformen fragen und fragen und quatschen zwischendurch in ihr Funkgerät, dann fragen sie weiter. Als einzige Initiative haben sie das Melderegister geprüft, ob in der Region ein Besitz auf den Namen Corniani eingetragen ist. Tatsächlich fanden sie eine Villa, die einem gewissen Marcantonio Corniani gehört. Sie liegt im Hinterland. Man verspricht den Jugendlichen, jemanden hinzuschicken.
    Julia protestiert. » Mein Vater wird dort festgehalten! Ich verlange, dass wir sofort hinfahren. « Auch wenn das Mädchen wenig anhat und sich in eine Decke hüllt, kann sie sich Gehör verschaffen. Der Polizist bespricht sich mit seiner Dienststelle, der Aufbruch wird beschlossen. Tonio und Julia steigen auf den Rücksitz eines Polizeiautos. Zurück bleibt ein nachdenklicher Müllmann mit einem zerschossenen Laster, der sich nicht hätte träumen lassen, seinen Sohn auf diese Weise wiederzusehen.
    ***
    » Du nimmst den Van, ich fahre den Quattroporte. « Der Trucido ist in Reisekleidung. Sein Handkoffer enthält nichts als das Große Siegel.
    » Und die Geiseln? « , fragt Sandro.
    » Die transportierst du unsichtbar im Kofferraum. «
    » Warum? « Sandros Blick ist herausfordernd.
    » Warum? « , wiederholt Corniani irritiert. » Weil ich es dir sage. «
    » Wir sollten sie hierlassen. « Sandro ballt die Fäuste in den Handschuhen. Das Leder knarrt.
    » Die würden reden, das ist doch klar. «
    » Einen Meter unter der Erde reden sie nicht « , antwortet der treue Diener. Noch treuer als dem Trucido ist Sandro der Königin ergeben. Eleonora hat ihn angerufen. Sie gab ihm einen unmissverständlichen Befehl.
    » Unter der Erde? « Schweißperlen stehen auf Cornianis Stirn. » Hältst du das für nötig? «
    Ein großer Führer fragt einen Killer nicht um Rat. Er sieht seinen Befehl als unumstößlich an und weiß, dass er befolgt wird. Aber Corniani ist kein großer Führer. Hilflos sieht er in die Augen des Mannes, der für ihn die Drecksarbeit erledigt. » Na gut, dann bring sie meinetwegen um « , antwortet er leise. » Mach es schmerzlos. «
    Sandro verlässt den Raum. Er wird seine Aufgabe mit dem Weißhaarigen beginnen. Der Mann ist ohnehin so gut wie tot. Ein Kissen auf den Mund, und die Sache ist erledigt. Für den deutschen Polizisten hält Sandro eine Kugel bereit. Fangschuss ins Genick, das ist das Beste.
    Marcantonio nimmt den kleinen Koffer. Der Aufbruch fällt ihm nicht leicht. Anders als bei seinen Häusern in Venedig hängt sein Herz an dieser Villa. Zu schade, dass er den Frühling nicht mehr hier verbringen kann. Die Blüten, der Duft – in der schönen Jahreszeit ist der Garten ein Traum. Bevor er zur unterirdischen Garage aufbricht, tritt Marcantonio vor die Kletterrose im Säulengang. Rundum hat sich der Herbst schon breitgemacht, doch dieser Strauch blüht unermüdlich. Corniani bricht eine Rose und riecht daran. Sie soll ein Andenken an sein schönes Haus sein. Die Rose in der Hand, eilt er zum Auto.
    ***
    Zwischen der Insel Albarella und der Villa bei Chioggia liegt ein Naturreservat, der Bosco Nordio. Hintereinander fahren die Polizeiautos durch die Landschaft. Blaulicht zuckt über die Bäume hinweg.
    Tonio wippt mit den Knien. Still sitzen ist eine Strafe. Diese verdammte Langsamkeit. Wohin mit den Händen? Links spürt er Julias warmen Schenkel, rechts den noch wärmeren fassdicken Schenkel eines Carabiniere. Tonio hatte keine Chance, mit Pippa zu reden. Als er aus der Müllverbrennung endlich draußen war, hatte man Pippa bereits in den Krankenwagen geschoben. Sie trug eine Sauerstoffmaske. Sie lebt. Man kümmert sich um sie. Pippa ist nicht so leicht unterzukriegen.
    Während sich draußen der Wald lichtet, erwacht ein sonderbares Bild in Tonio. Er sieht sich und Pippa auf rotem Samt, umringt von Goldverzierungen. Sie gleiten über den Canale Grande. Hinter ihnen singt der Gondoliere ein venezianisches Lied. Tonio grinst. Oft haben er und Pippa sich lustig gemacht, wenn eine dicht besetzte Touristengondel unter einer Brücke durchkam. Kaum ein waschechter Venezianer hat je so ein Ding bestiegen. Sie sind langsam, umständlich zu steuern, und die Männer mit den fröhlichen Hüten verlangen eine Stange Geld, damit sie einen transportieren. Und doch wäre es nett, das mal auszuprobieren. Einfach die Beine ausstrecken und sich mit
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