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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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bald entdecken, daß die Gerechtigkeit der Hölle rein realistisch ist und sich nur mit tatsächlichen Ergebnissen befaßt. Entweder Du schaffst uns Speise, oder Du wirst selbst zur Speise.
    Der einzige positive Satz in Deinem Brief ist der, daß Du von der Müdigkeit des Patienten noch gute Ergebnisse erwartest. Das klingt schön und gut. Aber die Früchte werden Dir nicht in den Schoß fallen. Die Müdigkeit kann auch Sanftmut und Seelenruhe und sogar so etwas wie ein inneres Sehvermögen bewirken. Wenn Dir aber schon Menschen begegnet sind, die durch ihre Müdigkeit in Zorn, Bosheit und Ungeduld verfielen, dann geschah es, weil diese Menschen tüchtige Versucher zur Seite hatten. Es scheint widersinnig, aber mäßige Müdigkeit ist der fruchtbarere Boden für Verdrossenheit als völlige Erschöpfung. Dies hat zum Teil physische Ursachen, zum Teil andere. Es ist nicht die Müdigkeit als solche, die Zorn erzeugt, sondern es sind unerwartete Anforderungen an einen schon ermüdeten Menschen. Was es auch sein mag, das die Menschen nach gutem Recht bald zu erhalten hoffen: das Gefühl der Enttäuschung kann mit ein wenig Geschicklichkeit in das Gefühl der Ungerechtigkeit verwandelt werden. Dann, nachdem sich die Menschen in das Unabänderliche gefügt haben, nachdem sie den Gedanken an Hilfe aufgegeben und aufgehört haben, auch nur eine halbe Stunde weit vorwärtszuschauen, setzen die Gefahren der gedemütigten und ergebenen Müdigkeit ein. Willst Du wirklich gute Resultate mit der Müdigkeit Deines Patienten erzielen, dann mußt Du ihn mit falschen Hoffnungen füttern. Erwecke in seinen Gedanken einleuchtende Gründe dafür, daß die Luftangriffe sich nicht wiederholen werden. Laß ihn sich mit dem Gedanken trösten, wie sehr er sich in der nächsten Nacht über sein Bett freuen wird. Steigere die Müdigkeit durch den Gedanken, daß alles bald vorüber ist, denn die Menschen denken gewöhnlich, sie hätten die Anspannung keinen Augenblick länger aushalten können als gerade bis zu dem Augenblick, da sie aufhörte, oder sie glaubten, sie habe aufgehört. Hier wie bei der Feigheit ist eines unbedingt zu vermeiden: die völlige Hingabe! Was immer er auch sagen mag, sein geheimer Entschluß soll sein: nicht alles zu ertragen, was immer auch kommen möge, sondern nur „in vernünftigem Maß“. Dieses „vernünftige Maß“ aber lasse kürzer sein, als die Prüfung selbst wahrscheinlich dauern wird. Es braucht nicht unbedingt viel kürzer zu sein! Gilt der Angriff der Geduld, der Reinheit, der Standhaftigkeit, dann liegt der Spaß darin, den Menschen in dem Augenblick klein beigeben zu lassen, in dem (wenn er es wüßte) die Hilfe beinahe in Sicht war.
    Ich weiß nicht, ob es besser ist, daß er sein Mädchen im Zustand dieser Ausspannung sieht oder nicht. Sollte er es sehen, dann nütze die Tatsache voll aus, daß die Übermüdung von einem gewissen Grade an die Frauen redseliger, die Männer aber schweigsamer macht. Daraus kann sogar zwischen Liebenden viel heimlicher Groll entstehen.
    Die Szenen, deren Zeuge er nun ist, bieten uns wahrscheinlich keinen Stoff zu einer „intellektuellen“ Attacke auf seinen Glauben. Dein fabelhaftes Mißgeschick hat das Deiner Macht entzogen. Aber es gibt noch eine Art Angriff auf die Gefühle, der versucht werden könnte. Es geht darum, ihn, wenn er zum ersten Male menschliche Überreste an irgendeiner Mauer kleben sieht, fühlen zu lassen, „so ist also die Welt wirklich“ und daß all seine Religion nur Hirngespinst war. Du siehst, daß wir die Menschen über den wahren Sinn des Wortes „wirklich“ vollständig getäuscht haben. Sie erzählen einander über ein großes, geistliches Erlebnis: „Alles, was sich ‚ wirklich ’ zugetragen hat, war, daß man in einem hellerleuchteten Gebäude Musik hörte.“ „ Wirklich “ bedeutet hier nichts anderes als die physikalische Tatsache, getrennt von den andern Elementen des Erlebnisses, das sie tatsächlich hatten. Anderseits sagen sie: „Es ist sehr leicht, über den Sturzflug zu diskutieren, während Du lieber hier im Lehnstuhl sitzest. Aber warte, bis Du dort oben sein wirst, dann wirst Du sehen, was es wirklich ist.“ „ Wirklich “ muß hier gerade im Gegenteil verstanden werden; nicht die natürliche Tatsache (die sie bereits kennen, da sie die Sache im Lehnstuhl sitzend diskutieren), sondern die gefühlsmäßige Wirkung, die diese Tatsache auf das menschliche Bewußtsein ausübt. Jede dieser zwei Anwendungen des
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