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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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Entwicklungsphase des Schreibenden oder der allgemeinen Geschichte des Denkens erläutert wird und wieweit sie spätere Denker beeinflußt haben und wie oft sie falsch verstanden worden sind (besonders von den eigenen Kollegen des Gelehrten), welche Richtung die allgemeine Kritik in dieser Frage im Laufe der letzten zehn Jahre eingeschlagen hat und welches der „gegenwärtige Stand der Frage“ ist. Die Schriften des alten Verfassers als mögliche Quelle der Erkenntnis anzusehen, zu erwarten, daß das, was sie sagen, möglicherweise die eigenen Gedanken oder das eigene Handeln ändern könnte – das würde als äußerst einfältig abgewiesen. Da es nun aber unmöglich ist, die ganze menschliche Rasse immer hinters Licht zu führen, ist es wichtig, eine Generation von der andern abzuschneiden. Sobald die Wissenschaft frei von einem Zeitalter ins andere hinübergeleitet werden könnte, läge die Gefahr nahe, daß die charakteristischen Fehler des einen von den charakteristischen Wahrheiten des andern korrigiert würden. Aber dank Unserem Vater und dem „geschichtswissenschaftlichen Standpunkt“ schöpfen die großen Gelehrten von heute so wenig Erkenntnis aus dem Wissen der Vergangenheit wie der unwissendste Schlosser, der behauptet, „Geschichte ist Humbug“!
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

XXVIII
    Mein lieber Wormwood,

    Wenn ich Dich bat. Deine Briefe nicht mit Unsinn über den Krieg zu füllen, meinte ich natürlich, daß ich Deine kindischen Rhapsodien über den Tod der Menschen und die Zerstörung der Städte nicht nötig habe. Selbstverständlich brauche ich eingehende Berichte, soweit der Krieg den geistlichen Zustand des Patienten beeinflußt, aber gerade in diesem einen Punkte scheinst Du die Sprache völlig verloren zu haben. Dafür erzählst Du mir voll Heiterkeit, daß guter Grund bestehe, schwere Luftangriffe auf die Stadt zu erwarten, in der diese Kreatur lebt. Dies ist ein schlagendes Beispiel für das, worüber ich mich schon oft beschwert habe: Deine stete Bereitschaft, über dem unverzüglichen Auskosten der menschlichen Leiden die Hauptsache zu vergessen. Weißt Du denn nicht, daß Bomben die Menschen töten? Oder bist Du Dir dessen nicht bewußt, daß der Tod Deines Patienten im jetzigen Augenblick gerade das ist, was wir vermeiden müssen? Er ist den weltlichen Freuden entronnen, mit denen Du ihn zu umgarnen trachtetest. Er hat sich in ein wahrhaft christliches Mädchen verliebt und ist vorläufig gegen Deine Angriffe auf seine Keuschheit geschützt. Und auch die verschiedenartigen Verfahren, mit denen wir sein geistliches Leben zu zerstören trachteten, sind bis jetzt erfolglos geblieben. Im gegenwärtigen Augenblick, da die Wucht des Kriegsgeschehens stündlich näher rückt und seine weltlichen Hoffnungen in seinen Gedanken eine geringe Rolle spielen, diese vielmehr von seiner Tätigkeit im Luftschutz und von seinem Mädchen in Anspruch genommen sind, da er mehr denn je zuvor in seinem Leben sich mit seinen Nachbarn beschäftigen muß und daran mehr Gefallen findet, als er sich je hätte träumen lassen, da er „über sich selbst hinausgewachsen“ ist, wie die Menschen sagen, und täglich in der bewußten Abhängigkeit vom Feinde zunimmt, wird er, wenn er heute nacht ums Leben kommt, mit größter Sicherheit für uns verloren sein. Das ist so offensichtlich, daß ich mich schäme, es Dir schreiben zu müssen. Ich frage mich überhaupt, ob Ihr jungen Herolde nicht zu lange auf einmal auf Euren Versucherposten gelassen werdet – ob Ihr nicht in der Gefahr schwebt, angesteckt zu werden von den Gefühlen und Wertungen der Menschen, unter denen Ihr arbeitet. Sie sind natürlich geneigt, den Tod als das Übel aller Übel und das Überleben als das höchste Gut anzusehen. Das aber nur, weil wir sie so gelehrt haben. Hüten wir uns davor, von unserer eigenen Propaganda angesteckt zu werden. Ich weiß, es sieht komisch aus, daß Dein gegenwärtig wichtigstes Ziel gerade das sein sollte, wofür die Geliebte des Patienten und seine Mutter beten, nämlich seine körperliche Sicherheit. Aber so ist es; Du solltest ihn behüten wie Deinen Augapfel. Stirbt er jetzt, dann ist er für Dich verloren. Überlebt er aber den Krieg, dann können wir immer noch hoffen. Der Feind hat ihn vor Dir geschützt, als die erste große Welle der Versuchung über ihn hereinbrach. Wenn es Dir nun gelingt, ihn am Leben zu erhalten, so hast Du die Zeit selbst zu Deinem Verbündeten. Die lange,
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