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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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überwunden, so werden sie unabhängiger von ihrem Gefühl und darum sicherer gegen unsere Versuchungen.
    Dies habe ich unter der Voraussetzung geschrieben, daß die Leute in der nächsten Kirchenbank keinen vernünftigen Grund zur Enttäuschung geben. Sollte dies jedoch der Fall sein – sollte Dein Schützling in der Frau mit dem unmöglichen Hut eine fanatische Bridgespielerin erkennen und in dem Herrn mit den quietschenden Schuhen einen Geizhals und berüchtigten Wucherer –, dann wird Deine Aufgabe um so einfacher sein. Deine ganze Mühe besteht dann nur darin, die Frage von ihm fernzuhalten: „Wenn ich, wie ich bin, mich selbst für einen Christen halte, warum sollten dann die verschiedenen Untugenden, die diese Leute da in der andern Bank belasten, ein Beweis dafür sein, daß ihre Religion nichts als Heuchelei und Betrug ist?“ Du magst fragen, ob es denn überhaupt möglich ist, dem menschlichen Verstand einen solch selbstverständlichen Gedanken fernzuhalten. Ja, Wormwood, es ist möglich! Nimm Deinen Schützling richtig in die Hand, und so etwas kommt ihm einfach nicht in den Sinn. Er befindet sich nicht lange genug im Lager des Feindes, um schon wirkliche Demut kennengelernt zu haben. Was er, selbst auf den Knien, über seine eigene Sündhaftigkeit sagt, ist weiter nichts als Papageiengeschwätz. In seinem Innersten ist er völlig überzeugt davon, daß er im Hauptbuch des Feindes für seine Bekehrung ein beträchtliches Plus erhalten habe. Auch meint er, er beweise schon große Demut und Herablassung, wenn er mit diesem selbstzufriedenen, gewöhnlichen „Volk“ zur Kirche geht. Halte ihn in dieser geistigen Verfassung so lange, als es irgendwie möglich ist.
    Dein Dich liebender Oheim
    Screwtape

III
    Mein lieber Wormwood,

    Was Du mir über das Verhältnis Deines Patienten zu seiner Mutter erzählst, hat mich sehr gefreut. Aber Du mußt Deinen Vorteil klug ausnützen. Vergiß nie: Der Feind arbeitet vom Zentrum her nach außen und bringt auf diese Weise allmählich das Betragen des Patienten immer mehr unter die neue Regel. Jeden Augenblick kann es geschehen, daß auch das Verhalten Deines Patienten der alten Frau gegenüber davon ergriffen wird. Dem mußt Du aber unter allen Umständen zuvorkommen. Halte enge Verbindung mit unserm Kollegen Glubose, der die Mutter betreut. Erarbeitet in Obereinstimmung miteinander in diesem Hause feste Gewohnheiten, die zu dauernden gegenseitigen Verärgerungen Anlaß geben; kleine tägliche Nadelstiche! Die folgenden Methoden haben sich als erfolgreich erwiesen:
    1. Halte sein Sinnen und Trachten auf sein inneres Leben gerichtet. Er denkt, seine Bekehrung sei etwas Innerliches, und darum ist seine Aufmerksamkeit gegenwärtig ganz auf seinen inneren Zustand gerichtet – oder vielmehr auf die bereinigte Auffassung davon, welche alles ist, was Du ihn sehen lassen sollst. Bestärke ihn darin! Halte ihn ab von der Erfüllung der einfachsten Pflichten des täglichen Lebens, indem Du ihn auf die fortgeschrittensten und geistlichsten Forderungen hinlenkst. Vertiefe in ihm die brauchbare menschliche Eigenschaft: die Abneigung vor dem Selbstverständlichsten und dessen Vernachlässigung. Du mußt ihn so weit bringen, daß er sich während einer vollen Stunde vorwärts und rückwärts prüfen kann, ohne nur eine jener Tatsachen zu entdecken, die jedem andern, der je mit ihm im selben Hause gewohnt oder im selben Büro gearbeitet hat, vollkommen klar sind.
    2. Es ist zweifellos unmöglich, ihn davon abzuhalten, für seine Mutter zu beten. Aber wir wissen Mittel und Wege, diese Gebete unschädlich zu machen. Sorge dafür, daß seine Gebete stets voll „geistlichen“ Gehaltes sind, daß er sich sehr mit dem Zustand ihrer Seele, aber nie mit ihren rheumatischen Schmerzen befaßt. Daraus ergeben sich zwei Vorteile. Erstens wird seine Aufmerksamkeit durch das festgehalten, was er als ihre Sünden ansieht. Wenn Du nur ein wenig nachhilfst, wird er darunter alle Handlungen oder Äußerungen seiner Mutter verstehen, die ihm auf die Nerven gehen oder unbequem sind. So kannst Du ihn sogar bis in sein Gebet hinein noch empfindlicher für die Wunden machen, die der Tag gebracht hat. Dieses Vorgehen ist keineswegs schwierig, Du wirst es sehr unterhaltsam finden. Da, zweitens, seine Beurteilung ihrer Seele nicht nur sehr grob, sondern oft auch ganz irrig ist, wird er in gewissem Sinne für ein nur in seiner eigenen Einbildung lebendes Wesen beten. Deine Aufgabe wird es nun sein, diese
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