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Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Dienstanweisungen für einen Unterteufel

Titel: Dienstanweisungen für einen Unterteufel
Autoren: C.S. Lewis
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Seite abzugewinnen trachten. Es ist ja noch kein Grund zur Verzweiflung vorhanden. Hunderte von erwachsenen „Bekehrten“ konnten wieder zurückgewonnen werden und sind nun sicher bei uns, nachdem sie sich eine kurze Weile im Lager des Feindes aufgehalten hatten. Alle geistigen und körperlichen Gewohnheiten des Patienten sprechen immer noch zu unsern Gunsten.
    Einer unserer besten Bundesgenossen ist gegenwärtig die Kirche selbst. Aber bitte, verstehe mich richtig! Ich meine natürlich nicht die Kirche, wie wir sie sehen: sich über Raum und Zeit erstreckend und verwurzelt in der Ewigkeit, schrecklich wie ein Kriegsheer im Aufmarsch. Ich gestehe, vor diesem Schauspiel wird es auch unsern kühnsten Versuchern unbehaglich. Glücklicherweise aber ist es den Menschen verborgen. Alles, was Dein Patient sehen kann, ist ein halb vollendetes Gebäude in falscher Gotik auf einem Neubaugrundstück. Wenn er da eintritt, so begegnet ihm als erster der Metzger aus dem Eckladen seiner Nachbarschaft, der ihm mit salbungsvoller, geschäftiger Miene ein kleines, abgegriffenes Büchlein mit der Liturgie anbietet, die keiner von beiden versteht. Dazu noch ein kleines, schäbiges Bändlein mit verderbten Texten meist schlechter religiöser Verse in kleinstem Druck. Wenn er dann seinen Platz in der Kirchenbank einnimmt und sich ein wenig umsieht, so entdeckt er gerade jene Auswahl seiner Nachbarn, denen er bis dahin geflissentlich aus dem Wege gegangen ist. Du mußt Dich in Deinen Unternehmungen sehr stark auf diese Nachbarn stützen. Lasse seine Gedanken Vergleiche ziehen zwischen dem Ausdruck „ihr seid der Leib Christi“ und den Gesichtern, wie er sie in der nächsten Kirchenbank sieht. Es spielt natürlich keine Rolle, welcher Art die Leute in jener nächsten Kirchenbank in Wirklichkeit sind. Vielleicht kennst Du sogar einen unter ihnen als großen Kämpfer in den Reihen des Feindes. Es macht gar nichts aus. Dank Unserm-Vater-in-der-Tiefe ist Dein Patient ein Narr. Es braucht nur einer dieser Nachbarn ein bißchen falsch singen oder Schuhe tragen, die bei jeder Bewegung quieken, ein Doppelkinn haben oder sich auf wunderliche Weise kleiden, so wird Dein Patient ganz leicht glauben, daß es auch mit der Religion dieses Menschen irgendwie komisch bestellt sein müsse. In der Verfassung, in der er sich zur Zeit befindet, hat er eine Vorstellung von „Christen“, die er für spirituell hält, die aber in Wirklichkeit weitgehend von bildlichen Eindrücken bestimmt ist. Seine Vorstellung ist erfüllt von Togen und Sandalen, Rüstungen und bloßen Beinen, so daß ihm allein schon die moderne Kleidung der Kirchgänger zu einem wirklichen, wenn auch unbewußten Hindernis wird. Sorge dafür, daß ihm diese Tatsache nie bewußt werde. Unter keinen Umständen darf er sich überlegen, wie ein Christ eigentlich aussehen sollte. Sieh zu, daß alle seine Vorstellungen verschwommen bleiben, so wirst Du Dich für alle Ewigkeit damit belustigen und unterhalten können, in ihm jene besondere Klarheit hervorzurufen, die die Hölle gewährt.
    Arbeite aus allen Deinen Kräften an der Ernüchterung oder den Widersprüchen, die Dein Schützling während der ersten Wochen seiner Kirchenzugehörigkeit erleben wird. Der Feind läßt diese Ernüchterung am Anfang eines jeden menschlichen Bestrebens zu. Sie bleibt nicht aus, wenn ein Knabe, erfüllt und berauscht durch die Geschichten des Odysseus, sich hinsetzt, um nun wirklich Griechisch zu lernen. Sie tritt ein, wenn ein verliebtes Paar nach den Flitterwochen beginnt, im Alltag zusammenzuleben. In jedem Lebensbereich bezeichnet diese Ernüchterung den Übergang vom traumhaften Wunschbild zum mühsamen Tun. Der Feind nimmt dieses Risiko auf sich, weil Er eine wunderliche Laune hat, alle diese kleinen, ekligen Menschenwürmer zu Geschöpfen zu machen, die, wie Er sagt, Ihn aus „freiem Willen“ lieben und Ihm aus „freier Entscheidung heraus“ dienen ; als „Söhne“, wie Er das aus Seinem unbelehrbaren Verlangen heraus nennt, die ganze geistige Welt durch solche unnatürliche Verbindung mit diesen zweibeinigen Tieren zu entwürdigen. Da Er ihre Freiheit wünscht, verzichtet er darauf, sie durch rein gemüthafte Stimmungen oder Gewohnheiten zu dem Ziel zu tragen, das Er ihnen gesetzt hat. Er überläßt es ihnen, es selber zu erreichen. Und da liegt für uns die günstige Gelegenheit! Aber vergiß nicht auch die größte Gefahr! Haben diese Menschen die anfängliche geistliche Dürre erfolgreich
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