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Diener der Finsternis

Diener der Finsternis

Titel: Diener der Finsternis
Autoren: Dennis Wheatley
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Die Glühbirnen hinter der Wandleiste flackerten, und das Licht leuchtete wieder in voller Stärke.
    Simons Augen waren frei von dem schrecklichen, wahnsinnigen Glanz, aber er lag immer noch gefesselt in der Mitte des Pentagramms. Der Herzog beugte sich vor und band ihn schnell los.
    »Sie – sie ist doch nicht tot?« Das war Rex’ Stimme. Er stand in der Morgendämmerung auf der Schwelle und hielt Taniths Körper in den Armen.
    Marie Lou sprang mit einem Aufschrei hoch, riß die Geheimtür auf und rannte in das Kinderzimmer. Richard folgte ihr.
    Der Herzog eilte zu Rex. Simon stieß mit dem Fuß die Stricke beiseite und rief: »Ich habe einen ganz außergewöhnlichen Traum gehabt!«
    »Hast du geträumt, wir seien alle in Paris gewesen?« fragte de Richleau. Zu dritt legten sie Taniths Körper auf den Boden. »Und dann in der Ruine eines Klosters in Nordgriechenland?«
    »Das war’s – aber wie –, woher weißt du das?«
    »Weil ich dasselbe geträumt habe – wenn es überhaupt ein Traum war.«
    Lachend und weinend stürmte Marie Lou die Treppe hinab. In ihren Armen hielt sie Fleur.
    Das Kind, gerade aus dem Schlaf erwacht, sah sie mit großen blauen Augen an und erklärte: »Fleur möchte zu Simon.«
    Der Herzog untersuchte Tanith. Simon, der neben ihm kniete, stand auf. Aus seinen Augen leuchtete all die Liebe, die das große Herz zwischen den schmalen Schultern erfüllte. Eine Sekunde lang bedeckte er seine kurzsichtigen Augen mit der Hand. Dann trat er einen Schritt zurück. »Nein, Fleur, mein Liebling. Ich war – ich bin immer noch krank, weißt du.«
    »Unsinn! Das ist alles vorbei«, rief Richard. »Schnell! Nimm Fleur! Marie Lou wird ohnmächtig.«
    Simon nahm Fleur in seine Arme, und Marie Lou taumelte gegen die Schulter ihres Mannes. »Mir geht es gleich wieder gut. Es war doch ein Traum – nur ein Traum, nicht wahr?«
    »Natürlich, meine Liebste«, tröstete Richard sie. »Wir sind gar nicht aus der Bibliothek weg gewesen. Sieh mal, mit Ausnahme von Rex haben wir alle noch unsere Pyjamas an.«
    »Ich dachte – ich dachte … Ach, das arme Mädchen!« Marie Lou entzog sich Richard und kniete neben Tanith nieder.
    Rex kam mit einer Karaffe und einem Glas gerannt. De Richleau nahm ihm den Brandy ab. Marie Lou bettete Taniths Kopf auf ihrem Schoß. Rex hielt Taniths Kinn. Es gelang ihnen, ihr etwa Alkohol einzuflößen. Sie verzog krampfhaft das Gesicht, und dann öffnete sie die Augen.
    »Gott sei Dank!« stieß Rex hervor. »Gott sei Dank!«
    Tanith lächelte und flüsterte seinen Namen. Ihr Gesicht nahm wieder natürliche Farbe an.
    »Noch nie – nie habe ich einen so fürchterlichen Alptraum gehabt«, erklärte Marie Lou. »Wir waren in einer Krypta – und dieser entsetzliche Mann war auch da. Er …«
    »Du hast es also auch geträumt!« unterbrach Simon. »Auch, daß ihr mich in dem Warenhaus in Asnières gefunden habt und daß dann die Polizei kam?«
    »Ja«, bestätigte Richard. »Wie seltsam, daß wir alle dasselbe geträumt haben, aber eine andere Erklärung gibt es nicht. Keiner von uns kann das Haus verlassen haben, seit wir uns gestern abend in das Pentagramm setzten.«
    »Dann muß ich auch geträumt haben.« Rex hob seine Augen kurz von Taniths Gesicht. »Angefangen haben muß es damit, daß ich in dem Gasthof einschlief – oder noch früher, denn ich hätte geschworen, de Richleau und ich seien durch halb England gerast, um irgendeine Teufelei zu verhindern.«
    »Das haben wir tatsächlich getan«, schaltete sich der Herzog ein. »Taniths Anwesenheit ist der Beweis dafür. Sie war jedoch nicht tot, außer in deinem Traum, und der begann, als du mit ihr in deinen Armen hier eintrafst. Die Teufelsanbeter in Simons Haus, unser nächtlicher Einbruch und der Sabbat sind Tatsachen. Nur in der vergangenen Nacht, als unsere Körper schliefen, haben unsere Seelen den Kampf gegen Mocata auf einer anderen Ebene weitergeführt.«
    »Mocata!« wiederholte Simon. »Aber – aber wir haben geträumt, daß er immer noch lebt!«
    »Nein. Er ist tot.« Diese ruhige Feststellung kam von Tanith. Sie hatte sich aufgesetzt und ergriff Rex’ Hand.
    »Wie kannst du so sicher sein?« fragte er heiser.
    »Ich kann ihn sehen. Er ist nicht weit von hier. Er liegt mit dem Kopf nach unten auf irgendwelchen Stufen.«
    »So haben wir ihn im Traum gesehen«, sagte Richard. Tanith schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich habe nicht geträumt. Ich erinnere mich an nichts, seit Mocata mein Zimmer im Gasthof betrat und
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