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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens
Autoren: Fay Juliette
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die Sanitäter eingetroffen.
    »Ich hab dem Fahrdienstleiter gesagt: ›Lassen Sie um Gottes willen die Sirene und das Blaulicht aus – nur so habe ich eine Chance, dass sie es nicht merken‹«, erzählte sie Dana später, als sie an dem mit Filzstiftflecken übersäten Küchentisch saßen. Es waren noch zwei andere Frauen da, Freundinnen, die in der Nähe wohnten und die sie angerufen hatte. Eine von ihnen hatte Mary Ellens Adressbuch vor sich und machte Anrufe; die andere räumte auf, um das Haus auf die Flut von Freunden und Verwandten vorzubereiten, die in Kürze eintreffen würden, um zu weinen und sie zu trösten und wieder zu weinen.
    »Ich wünschte nur, ich wäre bei ihm gewesen«, sagte Mary Ellen mit vor Trauer heiserer Stimme zu Dana. »Ich hätte mich auch hinlegen können. Ich war müde. Warum habe ich mich nicht zu ihm gelegt? Vielleicht hätte er etwas gesagt. Aber ich hatte einfach nicht gedacht … Ich hatte wirklich geglaubt, er würde es schaffen!«
    »Das konnten Sie nicht wissen«, sagte Dana in beruhigendem Ton. »Und was hätte er sagen können, was Sie nicht schon wussten? Dass er Sie liebte? Dass Sie eine gute Ehefrau sind? Das wissen Sie alles.«
    Mary Ellens Kinn zitterte. »Als wir letzte Woche zusammen aus waren, hat er das alles gesagt …« Tränen begannen ihr über die Wangen zu laufen. »Glauben Sie, er weiß, dass es mir leidtut, dass ich nicht bei ihm war?«
    »Ich glaube ja«, antwortete Dana, während sie sich von innen auf die Lippe biss, um nicht wieder loszuweinen, »ich glaube, er weiß, dass Sie alles für ihn getan hätten. Weil Sie alles getan haben – alles, was in Ihrer Macht stand. Und jetzt muss ich Ihnen noch etwas erzählen, bevor Tausende von Leuten hier auftauchen. Etwas, was er mich gebeten hat, Ihnen zu erzählen.« Ihre Kehle schnürte sich zu, und sie hatte Mühe, die Worte herauszubringen. »Er wollte, dass Sie wissen, dass er sie vermisst. Genau jetzt. Genauso wie Sie ihn vermissen, vermisst er auch Sie, wo immer er jetzt ist.«
    Mary Ellen legte den Kopf auf den Tisch und schluchzte. Dana rieb ihr den Rücken und strich ihr die Haare von den Wangen, wie sie es für Morgan, Alder oder Connie getan hätte. Wie sie es für jeden Menschen getan hätte, der so traurig war, dass er den Kopf nicht mehr aufrecht halten konnte.
    Als Mary Ellen sich etwas beruhigt hatte, legte auch Dana den Kopf auf den Tisch, um mit ihr zu sprechen. »Eins noch«, flüsterte sie. »Er hat gesagt, ich sollte weiter für Sie kochen.«
    Da entfuhr Mary Ellen ein Laut, den Dana erst einen Moment später als Lachen identifizierte. »Ganz schön anspruchsvoll, dieser Schlawiner, was?«, sagte die junge Frau, während sich ein Lächeln über ihre tränenverschmierten Wangen ausbreitete.
    »Ich hätte es sowieso getan«, vertraute Dana ihr an. »Er hat mir nur einen Vorwand geliefert.«
    Allmählich trafen Verwandte und enge Freunde ein. Dana verließ das Haus und ging zu ihrem Auto. Dort saß sie dann auf dem Fahrersitz, den Kopf voll von Mary Ellens Trauer und der Erinnerung an den Blick, mit dem Dermott nur eine Woche zuvor seine Frau bedacht hatte, als sie Danas Seidenbluse trug. So krank und abgemagert er auch gewesen war, er hatte ausgesehen, als wäre er glücklich.
    Ich bin so blöd , dachte Dana. Sie rief zu Hause an und erzählte Alder, was passiert war. »Ich gehe jetzt einen Freund besuchen«, sagte sie. »Kannst du die Stellung halten?«
    »Alles klar!«, sagte Alder.

- 48 -
    T ony öffnete die Tür und ließ sie in das warme Licht seines Hauses eintreten. »Ist alles in Ordnung?«
    »Erinnerst du dich an die Familie, für die ich manchmal koche?«, sagte sie. »Dermott McPherson – er ist ein Patient von dir.«
    »Natürlich.« Er half ihr aus dem Mantel, den er über das lackierte hölzerne Treppengeländer warf. »Du hast seiner Frau diese Bluse gegeben.«
    »Er ist heute gestorben. Kurz bevor ich mit meinem Abendessen hinkam.« Sie hatte es nicht für möglich gehalten, noch mehr Tränen zu produzieren, und doch füllten ihre Augen sich von Neuem. Dann waren seine Arme um sie. »Ich dachte, ich hätte mich ganz ausgeweint«, wisperte sie.
    »Es ist gut«, sagte er beruhigend, während seine Hand ihr übers Haar strich. »Es ist gut.« Ihr war, als wäre sie an einem perfekten Ort angekommen, als wäre dies der einzige Trost, der helfen würde.
    Nach einer Weile löste sie sich von ihm. »Hast du ein Papiertaschentuch?«, fragte sie schniefend.
    »Na klar.« Er trat in
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