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Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)

Titel: Die Zelle: Rechter Terror in Deutschland (German Edition)
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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Jahren stets pflichtbewusst Briefe in den Knast geschickt hatte, um ihn als «nationalen politischen Gefangenen» zu unterstützen.
    Sie sind untergetaucht – nur 100 Kilometer von Jena entfernt.

    Am nächsten Morgen gehen die Ermittlungen weiter. Um 8:26 Uhr erscheint ein wichtiger Zeuge bei der Kriminalpolizeiinspektion Jena. Die Ermittler haben den Besitzer der Garage an der Kläranlage vorgeladen. Sie hatten ihn vorher nicht befragt, weil er den gleichen Nachnamen wie die Großmutter von Beate Zschäpe trägt – der verdächtigen Mieterin der Garage. Sie wollten nicht riskieren, dass die Razzia eventuell verraten werden könnte. Der 51-jährige Mann, der jetzt auf dem Revier erscheint, ist ihr Kollege. Er arbeitet als Kriminalbeamter in Jena und erzählt seinen Kollegen davon, dass er Zschäpe nur einmal gesehen und dass sie die 70 Mark Miete meistens pünktlich bezahlt habe. Mehr kann er nicht beisteuern.
    Der wichtigere Termin an diesem Tag findet aber in Erfurt statt. Im Landeskriminalamt. Der zuständige Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Gera ist in die Landeshauptstadt gereist, um sich mit dem LKA abzustimmen, wie es nach der Flucht der Verdächtigen weitergehen soll. Der Staatsanwalt trifft auf Kriminalhauptkommissar Georg Taßler von der «Ermittlungsgruppe Terrorismus/Extremismus» des LKA Thüringen.
    So nah dran an den Bombenbastlern wie gestern war Taßler noch nie. Er arbeitet schon länger beim LKA, vor einem Jahr wurde er vom Kriminaloberkommissar zum Kriminalhauptkommissar befördert. Er weiß, dass die ersten Stunden nach einer Flucht entscheidend sind. Die Erfahrung hat den Ermittler gelehrt: Wenn Verbrecher nicht in den ersten Stunden und Tagen nach ihrem Verschwinden gefasst werden, wird es immer schwieriger, ihrer habhaft zu werden.
    Warum hat der Verfassungsschutz nach der Beobachtung der Garagen 45 Tage gebraucht, die Information über die Bombenwerkstatt in Jena an das LKA weiterzuleiten? Warum konnte Böhnhardt vor den Augen von Georg Taßlers Kollegen verschwinden? Die Polizisten sind frustriert, dass Böhnhardt nicht schon längst festgenommen wurde, seine Haftstrafe ist bereits seit über einem Monat rechtskräftig.
    Taßler kennt den Rechtsradikalen Uwe Böhnhardt. Er hat ihn noch vor drei Wochen vernommen. Nach dem Fund eines Bombenkoffers auf dem Nordfriedhof in Jena kurz nach Weihnachten 1997 wollte er die Alibis aller verdächtigen Neonazis aus der Jenaer Szene überprüfen. Böhnhardt war ihm bereits einmal davongerast, als dieser die Polizeiautos vor dem Haus seiner Eltern stehen sah. Aber am 6. Januar stand Georg Taßler wieder vor der Wohnungstür von Familie Böhnhardt. Er klingelte, Brigitte Böhnhardt, die Mutter, öffnete ihm und seinen Kollegen. Uwe Böhnhardt konnte nicht fliehen, er stand noch unter der Dusche. Als er das Bad verlassen hatte und die Polizisten ihn fragten, wo er in der Tatnacht war, blaffte er sie an: «Ich kann mich nicht erinnern.»
    Daraufhin mischte sich Mutter Böhnhardt ein. «Sag doch, dass du mit drei Personen zusammen gewesen bist, das sind doch drei Zeugen.» – «Halt dich hier raus!», fuhr Uwe Böhnhardt seine Mutter an. Dann stand er auf und brach die Vernehmung ab.
    Schon im Sommer 1997 hatte Georg Taßler die Ermittlungen in dem Fall der Jenaer Bombenbastler übernommen, nachdem Kinder einen Bombenkoffer mit Hakenkreuz im Bundesligastadion vom FC Carl Zeiss Jena gefunden hatten.
    Taßler war es auch, der den Durchsuchungsbefehl für Böhnhardts Garagen bei der Staatsanwaltschaft beantragt hatte – gleich am Tag, nachdem er die Informationen von der Observation des Verfassungsschutzes bekommen hatte.
    Zwei Wochen musste der Kommissar warten, bis der Antrag seinen bürokratischen Weg gegangen war – so kurz nach Jahresbeginn befinden sich auch Gerichte und Behörden noch ein wenig im Winterschlaf.
    Heute erscheint zu dem Treffen mit der Staatsanwaltschaft nicht der Staatsanwalt, den Taßler gut kennt und der sich ansonsten um Neonazifälle bei der Staatsanwaltschaft Gera kümmert und lange Erfahrung mit der Klientel hat. Er ist kurzfristig krank geworden und hat eine Vertretung geschickt. Der angereiste Jurist kennt sich mit Neonazis nicht ganz so gut aus.
    Kriminalhauptkommissar Taßler trägt die Erkenntnisse seiner Fahnder vor. Sie haben vier scharfe Rohrbomben, 1,4 Kilogramm TNT-Sprengstoff, einen Haufen rechtsextreme Hassliteratur und viele weitere belastende Beweise in den Garagen und Wohnungen in Jena gefunden. Außerdem
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