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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle
Autoren: D.G. Compton
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internationales Team von Mikrobiologen arbeitet an der Sache …«
    »Ist das nicht immer so? Wenn ich einen Sohn hätte, würde ich ihm raten, Mikrobiologe zu werden. Kein Bauer, kein Lehrer, sondern ein nützliches Mitglied der Gesellschaft – Mikrobiologe.«
    Joseph lehnte sich an den Ladentisch und hielt sich den Bauch vor Lachen. »Harmlos für Menschen – das gefällt mir. Wird Ihnen dabei nicht gleich besser, Projektleiter?«
    In David Silberstein stieg der Zorn auf. Dieser Mann mußte weg. Er hatte kein Gefühl für Schicklichkeit. Sein Verstand war angekränkelt.
    »Schauen Sie mich nicht so böse an, Projektleiter. Ich muß entweder lachen oder -«, plötzlich wurde er ganz still, »mich aufhängen.«
    Das jähe Schweigen legte sich beklemmend auf Davids Haut. Er fühlte sich beschämt. In den Kantinenräumen hinter dem Laden klapperte Geschirr. An Davids Händen klebte jetzt der kalte Schweiß seines Zorns. Jeder fand sich so gut es ging mit der Lage ab. Joseph drehte sich um und zuckte mit den mächtigen Schultern.
    »Wer würde denn das Essen für Ihren erlauchten Gast kochen?«
    Der Projektleiter war dankbar für diese neue Wendung ihres Gesprächs, für den veränderten Tonfall.
    »Ein erlauchter Gast, Joseph? Wer hat Ihnen denn das gesagt?«
    »Der Büttel des Sergeanten ist ein Busenfreund von mir.«
    »Dann hat Ihnen wohl der Büttel auch berichtet, was in diesem besonderen Fall angebracht ist, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich. Ein Essen, wie es einem König geziemt. Und dabei« – Joseph schwenkte seinen dicken Zeigefinger –, »und dabei muß es so zusammengestellt sein, als wäre es improvisiert worden. Ein Mahl, das ein gut vorbereiteter Küchenchef für einen unerwarteten Ehrengast auf den Tisch bringt.«
    »Der Büttel des Sergeanten ist gut unterrichtet, Joseph. Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.«
    Als der Projektleiter wieder ging, zog Joseph unter dem Ladentisch eine Schere hervor. Er tapezierte sein Wohnzimmer mit Zeitungsausschnitten. Zweieinhalb Wände seines Untergangszimmers hatte er bereits vollgeklebt.
    David Silberstein besuchte jetzt die Werkstätten. Hier waren keine besonderen Vorbereitungen vonnöten; doch der Cheftechniker war gleichzeitig der Leiter der Dorfkapelle. David wollte sich nur überzeugen, daß alle ihre Instrumente griffbereit neben ihrem Arbeitsplatz hatten. Das Repertoire, wie es sich für eine Dorfkapelle gehörte, war zwar beschränkt, aber dafür von Begeisterung getragen.
    Von den Werkstätten führte der Weg zum Mannschaftsraum. Dieser Besuch war leider unvermeidlich. Wie David im stillen gehofft hatte, traf er alle sechs Team-Mitglieder bei der morgendlichen Aussprache an. Diese Aussprache fand jeden Tag statt und dauerte eine Stunde. Die Team-Mitglieder unterhielten sich dabei ungezwungen mit ihrem Ausbildungsleiter, ihrem Trainer und dem Dorfpsychiater, ehe sie sich an ihre Lernmaschinen und Lehrgeräte setzten. Sie waren an der Fernseh-Universität eingeschrieben und hatten Kurse in folgenden Fächern belegt:
    angewandte Medizin
    Chemie
    vergleichende Religionswissenschaft
    Logik
    reine und angewandte Mathematik
    Sozialanthropologie
    Weltliteratur
    Betriebswissenschaft
    Verständigungslehre
    Linguistik
    Logistik
    Mikrobiologie
    Nuklearphysik
    Soziologie
    Nebenbei unterrichtete sie der Ausbildungsleiter – ein Diplomat im Ruhestand, den David Silberstein aus unerfindlichen Gründen einfach nicht ausstehen konnte – in gutem Betragen, protokollarischem Anstand, internationalem Humor, Aufrichtigkeit und öffentlichem Auftreten. Neben diesen vielen Fächern hatten sie auch noch ein hartes Pensum in körperlicher Ertüchtigung und in den wichtigsten Sportarten der Welt zu erfüllen.
    Diese Aussprache-Stunden waren deshalb ein wichtiger Bestandteil des Ausbildungsprogramms. Damit wollte man Isolierungstendenzen entgegenwirken und dafür sorgen, daß menschliche Beziehungen humaner Art nicht zu kurz kamen.
    Der Lärm im Mannschaftsraum war ohrenbetäubend. David Silberstein hatte unbemerkt eintreten können und war dankbar für die Frist, in der er sich anpassen und seinen ganzen Mut zusammennehmen konnte. In der Gegenwart der Team-Mitglieder fühlte er sich immer gefährlich unvollkommen, reduziert und kaum daseinsberechtigt. Drei brillante junge Männer, positiv, bronzefarben, muskulös, über alle Maßen gut aussehend, und dazu drei brillante junge Damen von ebenfalls überragender Qualität, dazu alle nackt – sie verwandelten ihn
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