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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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tatsächlich ein Lehrer – vor kurzem zweiundzwanzig geworden war. Die beiden waren aus Illinois, in der Nähe von Chicago, und kannten sich über ihre Familien, die eine lange Freundschaft verband. Sie hätten vom Charakter nicht unterschiedlicher sein können, doch Sloper und Goodman hatten ein Verhältnis wie alte Freunde und schlossen Jack problemlos in die Beziehung ein.
    Sie übernachteten im Schutz einiger Bäume und bauten mit ihrem Gepäck auf drei Seiten eine Mauer, um sich so gut wie möglich vor dem Wind zu schützen. Nachdem er sich um seine Pferde gekümmert hatte, saß Jack mit seinen beiden neuen Freunden am Lagerfeuer. Sie tranken zusammen Kaffee, aßen getrocknetes Obst und kochten eine wässrige Fleischbrühe, die viel besser schmeckte als vermutet. Dann spürte Jack, wie ihn allmählich die Erschöpfung überkam. Er blinzelte beim Einschlafen die Sterne an und stellte sich vor, bald den ganzen Tag nach Gold zu schürfen.
    Irgendwann wich dieser Tagtraum, und er trieb schlafend durchs eigene Unterbewusstsein. Seine relativ friedliche Vorstellung vom Goldsuchen wich ebenfalls. Bald wurden in seinem Traum Menschen wegen der besten Schürfrechte ermordet, wilde Tiere aus den Wäldern schnappten sich die Unvorsichtigen und hinterließen nur rote Blutspuren im Schnee. Doch es war nicht solch ein belangloser Traum-Tod, der Jack verfolgte.
    Da war etwas anderes.
    Er träumte davon, etwas flussaufwärts vom Hauptfund im Rabbit Creek zu suchen, mit wenig mehr als einem Lagerfeuer und einem zerrissenen, zerschlissenen Zelt vor sich hin zuexistieren. Tagsüber schürfte er und nachts las er, doch stets lauerte etwas am Rande des Feuerscheins und beobachtete ihn. Es folgte ihm durch die Landschaft: Heute beobachtete es ihn von hoch oben aus den Bergen, morgen aus dem dunklen Unterholz des Waldes. Er konnte nie erkennen, was es war, doch das Gefühl des drohenden Unheils war furchtbar.
    Er sah es immer nur nachts. Augen wie Sternschnuppen starrten ihn aus dem Schatten an und warteten auf die richtige Gelegenheit zuzuschlagen.
    Am späten Morgen des 8. Septembers erreichten die drei Männer endlich das Ufer des Lake Linderman. Goodmans Pferd war in der Nacht zuvor zusammengebrochen, und es war an Sloper gewesen, den Qualen des Tieres ein Ende zu setzen.
    Als der Schuss über dem Trail und zwischen den schwarzgrünen Berghängen widerhallte, verlor Merritt Sloper endgültig sein Lächeln.
    Und das Lächeln kehrte auch am nächsten Tag nicht zurück, als sie endlich den See erreichten. Der Anblick war eigentlich wunderschön. Der Lake Linderman lag in einer Senke, umgeben von schneeweißen Gipfeln, deren Anstiege voller dunkler Kiefern waren, leicht mit Schnee bestäubt. Das Gras am See wuchs büschelweise, vermutlich suchten normalerweise die Tiere das Wasser zum Trinken auf und knabberten an der spärlichen Vegetation.
    Doch eine breite Schneise war in den Kiefernwald am Rand des Sees geschlagen worden. Die Landstürmer wirkten von hier aus gesehen wie eine Ameisenkolonie, die Bäume fällte und zersägte. Männer, die beschlossen hatten, nicht weiterzuziehen, hatten sich hier ein schönes Geschäft eingerichtet,indem sie Boote bauten und zu völlig überteuerten Preisen verkauften.
    »Wenn wir diese Preise bezahlen, sind wir pleite, noch bevor wir es nach Dawson schaffen«, meinte Goodman und putzte besorgt die Brille mit einem Tuch aus seiner Brusttasche.
    Die drei standen mit Jacks beiden Pferden da, die nun die zusätzliche Last von Sloper und Goodmans Ausrüstung zu tragen hatten, und beobachteten das emsige Treiben am Ufer. Überall lagen Bretter und Bootsgerippe sowie etliche Hektar Sägespäne, die den Boden wie Schnee bedeckten. Die Luft war schwer von süßem Kieferngeruch.
    Hammerschläge donnerten und Sägen ratschten auf Holz, dazu kam das Schreien und Lachen der Männer und das Knacken und Krachen weiterer gefällter Bäume. Es schien so, als ob halbstündlich neue Boote ins Wasser gingen und über den See setzten. Manche begannen sofort, Wasser aufzunehmen. Doch anstatt umzukehren, versuchten die Passagiere, die Lecks abzudichten oder das Wasser aus dem Boot zu schöpfen.
    »Für so was bezahlen wir nicht«, sagte Jack.
    Sloper kratzte sich am roten Bart und sah nervös zu Goodman. »Du willst den See doch nicht zu Fuß umrunden, Jack? Da können wir ja gleich umkehren.«
    Jack blitzte ihn streng an und hob das Kinn. »Ich habe mir ein Ziel gesetzt, Merritt, und das werde ich auch erreichen. In
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