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Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Die Wiederkehr des gefallenen Engels

Titel: Die Wiederkehr des gefallenen Engels
Autoren: Rainer Wekwerth
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Stiefel.«
    »Damian … du kannst nicht …«
    Er beugte sich ächzend vor und griff selbst danach.
    »Ich kann. Und ich werde dich nicht allein lassen.«
    Lara sah seine Entschlossenheit. Obwohl sie wusste, dass er es kaum schaffen konnte, war sie auch irgendwie froh, nicht allein ihrem Vater gegenübertreten zu müssen.
    Sie bückte sich und half ihm in die Stiefel hinein. »Hast du starke Schmerzen?«
    Er sah sie an. »Ja, aber es wird gehen. Gib mir bitte noch ein paar Tabletten und ein Glas Wasser.«
    »Es sind nicht mehr viele übrig.«
    »Ich werde alle auf einmal nehmen. Es wird reichen.«
    Lara ging ins Bad und kehrte mit einem gefüllten Glas zurück. Sie drückte die restlichen Tabletten aus der Blisterpackung und Damian spülte sie auf einmal herunter.
    »Bitte hilf mir auf.«
    Sie schob ihren Arm unter seinen und zog ihn auf die Füße. Wackelnd stand er da, gewann aber mit jeder Sekunde, die verging, mehr Sicherheit.
    Damian fasste nach seinem Mantel, der auf dem Bett lag, und zog ihn an. Seine Bewegungen waren quälend langsam, aber er schaffte es, ohne Hilfe hineinzuschlüpfen.
    Schließlich blickte er sie an und lächelte.
    »Von mir aus kann es losgehen.«
     
    Erneut fuhr Lara durch das nächtliche Berlin. Damian saß neben ihr auf dem Beifahrersitz und lotste sie. Sie fuhren die Straße des 17. Juni entlang. Vor ihnen tauchte das erleuchtete Brandenburger Tor auf.
    »Fahr da vorne rechts ab. Langsam, aber halt nicht an, wenn du nicht musst. Ich will sehen, ob sich irgendwelche Dämonen oder gefallene Engel dort herumtreiben.«
    Lara folgte seinen Anweisungen. Am Platz des 18. März hielt sie sich rechts, während Damian zum Fenster hinausstarrte.
    »Ich sehe nichts«, meinte er. »Aber natürlich können sie sich auf der anderen Seite des Tores am Pariser Platz verstecken. Wir müssen das Auto abstellen und zu Fuß gehen. Ich möchte, dass wir uns dem Brandenburger Tor durch den Park nähern. So kommen wir unauffällig in die Nähe des Portals, ohne dass uns jemand sieht.«
    Lara fuhr noch ein Stück die Straße entlang und parkte den Opel. Als sie die Fahrzeugtür öffnete, schlug ihr ein eiskalter Wind entgegen, der erste Schneeflocken mit sich brachte. Sie blickte zum wolkenverhangenen schwarzen Himmel hinauf. Das Schneetreiben wurde von Sekunde zu Sekunde dichter.
    Gut, so waren sie noch schwieriger für ihre Feinde zu entdecken.
    Sie fröstelte und schlug den Kragen ihrer Jacke hoch. Damian hingegen schien die Kälte nicht zu spüren. Aufmerksam sondierte er die Umgebung. Er wirkte schwach, stand gebeugt da, aber etwas von seiner alten Kraft schien zurückgekehrt zu sein.
    Doch sie täuschte sich, denn als er den ersten Schritt machte, sackten ihm die Beine weg und er sank zu Boden. Auf die Knie. Er gab keinen Laut von sich und versuchte sofort, wieder auf die Füße zu kommen, aber es gelang ihm erst, als Lara ihn am Mantel packte und auf die Beine zog. Sie sprachen nicht darüber. Lara hakte sich bei Damian unter und stützte ihn, so gut es ging.

49. – 23.45 Uhr, 15 Minuten bis zur Ewigkeit
    Im Park war es noch düsterer als auf der Straße. Büsche und Bäume waren inzwischen mit Schnee bedeckt. Lara stolperte mit Damian den Weg entlang.
    Der Wind hatte zugenommen und trieb die Schneeflocken so dicht vor sich her, dass Lara das Gefühl hatte, durch Watte zu gehen. Man sah kaum fünf Meter weit und sie musste aufpassen, dass sie nicht die Richtung verlor und im Kreis herumlief. Es war kalt. So kalt. Ihr Gesicht brannte wie Feuer, während ihre Finger sich scheinbar in gefühlloses Metall verwandelt hatten. Sie spürte sie kaum noch.
    Die neue Lederjacke mochte zwar schick sein, aber für dieses Wetter war sie vollkommen ungeeignet. Immer wenn eine Windböe sich ihr entgegenstellte, war es, als packe sie eine eiskalte Faust und rüttele sie durch. Die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen kämpfte sich Lara vorwärts. Damian hielt Schritt, so gut es ging, aber es war eigentlich so, dass Lara ihn vorwärtsschleppte, während er sein ganzes Gewicht auf sie stützte.
    Das fahle Licht der Parklaternen begleitete ihren Weg. Lara sah ihren Schatten auf dem Boden, der sich von Laterne zu Laterne mit Damians Schatten vereinte und wieder trennte.
    Sie hatten den Park fast durchquert, als sich vor ihnen ein Schemen aus dem Schneefall schälte. Zuerst nahm Lara nur einen grauen Schatten wahr, aber dann verwandelte sich die scheinbar fließende Form in eine Gestalt, die direkt auf sie
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