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Die Weltenwanderer

Die Weltenwanderer

Titel: Die Weltenwanderer
Autoren: Liane Sons
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versuchen, wusste, dass er keine Zeit vergeuden durfte. Schweiß tropfte aus den Haaren, lief ihm übers Gesicht, seine Kehle kratzte vom Qualm. Immer mühsamer schleppte er sich Meter für Meter weiter. Endlich lichtete sich der Rauch, löste sich auf in fedrige Schwaden. Die Hoffnung auf Rettung ließ seine Schritte schneller und fester werden. Er erreichte eine Empore.
    Hustend rang er um Luft, schaute sich um und erstarrte. Seine Erleichterung wich sekundenschnell abgrundtiefer Mutlosigkeit, die seine Glieder schwer werden ließ. Eine gewundene Treppe führte in eine lichterloh brennende Halle. Gigantische, rotglühende Feuerwellen rollten prasselnd von der hohen Decke die Wände hinunter. Er konnte nicht zurück in den Rauch, er wollte auch nicht in die Feuerhölle unter ihm. Erschrocken fuhr er herum. Hell lodernd ging hinter ihm eine Gardine in Flammen auf. Feuer tropfte auf den Teppich, setzte ihn sofort in Brand. Ein Spiegel zerbarst mit lautem Klirren, Scherben spritzten.
    Er zog den Kopf unwillkürlich ein und floh die Stufen hinunter. Fremde Menschen schlugen hier mit Jacken oder Decken auf die Flammen ein - die rußgeschwärzten Gesichter vor Angst verzerrt. Fluchende Männer rüttelten vergeblich an Fenstern und Türen. Erfolglos hämmerten andere mit Stühlen auf die Scheiben ein, doch jeder Ausgang war versperrt. Es schien kein Entkommen zu geben. Sie waren eingeschlossen, eingeschlossen in einem gewaltigen Feuermeer. Es knirschte, knackte und knisterte um ihn herum. Feuerschlangen züngelten an Wänden, fraßen sich durch goldgerahmte Bilder, ließen aus Porträts lächelnder Menschen teuflische Fratzen werden. Ein riesiger Kronleuchter krachte mit Donner auf den Marmorboden. Die Lämpchen zersprangen mit einem hundertfachen Klingeln.
    Ein Mädchen rannte in ihn hinein, starrte ihn an, die Augen aufgerissen. »Du?! Du bringst die Flammen, du bringst den Tod.«
    Feuer tropfte von der Decke. Er sprang zur Seite, schlug hektisch Funken auf seinem Ärmel aus und sah sich um. Das Mädchen war verschwunden. Er stolperte weiter, wurde geschubst und gestoßen, stürzte und war plötzlich von lodernden Flammen eingeschlossen. Dicker Rauch legte sich wie eine Nebeldecke über ihn, drang ihm in Nase und Mund, ließ ihn würgen und verzweifelt um Atem ringen. Er hörte seinen Namen. Die Stimme klang kalt, ließ ihn frösteln. Er kannte sie. Sie gehörte dem Mann mit dem Feuerschwert.
    Jemand packte seinen Arm, zerrte ihn hoch und zog ihn mit sich, mitten durch die Flammenwand. Die Hitze wurde immer unerträglicher, fraß sich langsam durch seine Kleider. Sein Brustkorb schien bersten zu wollen, ein Brausen im Kopf betäubte ihn fast. Schwarze Punkte flirrten wie Schattenglühwürmchen vor seinen Augen. Er torkelte nur noch, da waren sie plötzlich draußen. Klirrend kalte Nachtluft traf ihn wie ein Hammerschlag. Erschrocken schrie er auf.
    Sein Retter warf ihm nur einen flüchtigen Blick zu und rannte weiter, immer weiter, ließ ihn nicht los. Wie eine Eisenklammer hielt er sein Handgelenk gefangen.
    Er keuchte vor Anstrengung, versuchte aber, Schritt zu halten. Er wusste es: Sie flohen nicht nur vor dem Feuer.
    Sein Begleiter stöhnte auf, taumelte, ließ ihn unvermittelt los, kippte nach vorn. Regungslos blieb er liegen.
    Er strauchelte, fühlte eine schwere Hand auf der Schulter, fuhr entsetzt herum, schrie auf und stürzte, ... stürzte immer tiefer und tiefer ...

    Dass er auf den Boden krachte, ließ ihn erwachen. Wie immer nach seinen Albträumen war er in Schweiß gebadet. Noch zittrig kroch er zurück ins Bett und starrte an die Decke. An Einzelheiten des Traums konnte er sich nicht erinnern, nur wie üblich war Feuer darin vorgekommen.
    Er lauschte dem Regen, der ans Fenster prasselte, und stellte fest, dass er sich noch nie so verloren vorgekommen war. Leona war seine Familie und auf jedem Kirmesplatz kannte er einige Schausteller. Jetzt war Leona fort und hier kannte er niemanden.
    Irgendwann raffte er sich dazu auf, sich seiner neuen Lebenssituation zu stellen. Ein Blick auf seine Armbanduhr klärte ihn darüber auf, dass es schon früher Abend war.
    Er öffnete die Tür am Fußende des Bettes und lächelte erfreut. Er hatte das Badezimmer gefunden.

    Wenig später ging er hinunter in die Eingangshalle und war beeindruckt. Marmorboden und goldgerahmte Bilder hatte er bisher nicht so häufig gesehen, sah man von Museen ab, in die Leona ihn hin und wieder geschleppt hatte. Der Kamin war größer als
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