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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
Autoren: Arthur Schopenhauer
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Nüsse darreicht; wodurch dann alles Sophisticiren und aller Wortkram wegfällt und in Folge hievon jede hingeschriebene Periode für die Mühe sie zu lesen sogleich entschädigt. Dem entsprechend tragen meine Schriften das Gepräge der Redlichkeit und Offenheit so deutlich auf der Stirn, daß sie schon dadurch grell abstechen von denen der drei berühmten Sophisten der nachkantischen Periode: stets findet man mich auf dem Standpunkt der Reflexion , d.i. der vernünftigen Besinnung und redlichen Mittheilung, niemals auf dem der Inspiration , genannt intellektuelle Anschauung, oder auch absolutes Denken, beim rechten Namen jedoch Windbeutelei und Scharlatanerei. – In diesem Geiste also arbeitend und während dessen immerfort das Falsche und Schlechte in allgemeiner Geltung, ja, Windbeutelei 3 und Scharlatanerei 4 in höchster Verehrung sehend, habe ich längst auf den Beifall meiner Zeitgenossen verzichtet. Es ist unmöglich, daß eine Zeitgenossenschaft, welche, zwanzig Jahre hindurch, einen Hegel, diesen geistigen Kaliban, als den größten der Philosophen ausgeschrien hat, so laut, daß es in ganz Europa widerhallte, Den, der Das angesehn, nach ihrem Beifall lüstern machen könnte. Sie hat keine Ehrenkränze mehr zu vergeben: ihr Beifall ist prostituirt, und ihr Tadel hat nichts zu bedeuten. Daß es hiemit mein Ernst sei, ist daraus ersichtlich, daß, wenn ich irgend nach dem Beifall meiner Zeitgenossen getrachtet hätte, ich zwanzig Stellen hätte streichen müssen, welche allen Ansichten derselben ganz und gar widersprechen, ja, zum Theil ihnen anstößig seyn müssen. Allein ich würde es mir zum Vergehn anrechnen, jenem Beifall auch nur eine Silbe zum Opfer zu bringen. Mein Leitstern ist ganz ernstlich die Wahrheit gewesen: ihm nachgehend durfte ich zunächst nur nach meinem eigenen Beifall trachten, gänzlich abgewendet von einem, in Hinsicht auf alle höheren Geistesbestrebungen, tief gesunkenen Zeitalter und einer, bis auf die Ausnahmen, demoralisirten Nationallitteratur, in welcher die Kunst, hohe Worte mit niedriger Gesinnung zu verbinden, ihren Gipfel erreicht hat. Den Fehlern und Schwächen, welche meiner Natur, wie jeder die ihrigen, nothwendig anhängen, kann ich freilich nimmermehr entgehn; aber ich werde sie nicht durch unwürdige Akkommodationen vermehren. –
    Was nunmehr diese zweite Auflage betrifft, so freut es mich zuvörderst, daß ich nach fünfundzwanzig Jahren nichts zurückzunehmen finde, also meine Grundüberzeugungen sich wenigstens bei mir selbst bewährt haben. Die Veränderungen im ersten Bande, welcher allein den Text der ersten Auflage enthält, berühren demnach nirgends das Wesentliche, sondern betreffen theils nur Nebendinge, größtentheils aber bestehn sie in meist kurzen, erläuternden, hin und wieder eingefügten Zusätzen. Bloß die Kritik der Kantischen Philosophie hat bedeutende Berichtigungen und ausführliche Zusätze erhalten; da solche sich hier nicht in ein ergänzendes Buch bringen ließen, wie die vier Bücher, welche meine eigene Lehre darstellen, jedes eines, im zweiten Bande, erhalten haben. Bei diesen habe ich letztere Form der Vermehrung und Verbesserung deswegen gewählt, weil die seit ihrer Abfassung verstrichenen fünfundzwanzig Jahre in meiner Darstellungsweise und im Ton des Vertrags eine so merkliche Veränderung herbeigeführt haben, daß es nicht wohl angieng, den Inhalt des zweiten Bandes mit dem des ersten in ein Ganzes zu verschmelzen, als bei welcher Fusion beide zu leiden gehabt haben würden. Ich gebe daher beide Arbeiten gesondert und habe an der früheren Darstellung oft selbst da, wo ich mich jetzt ganz anders ausdrücken würde, nichts geändert; weil ich mich hüten wollte, nicht durch die Krittelei des Alters die Arbeit meiner jüngern Jahre zu verderben. Was in dieser Hinsicht zu berichtigen seyn möchte, wird sich, mit Hülfe des zweiten Bandes, im Geiste des Lesers schon von selbst zurechtstellen. Beide Bände haben, im vollen Sinne des Worts, ein ergänzendes Verhältniß zu einander, sofern nämlich dieses darauf beruht, daß das eine Lebensalter des Menschen, in intellektueller Hinsicht, die Ergänzung des andern ist: daher wird man finden, daß nicht bloß jeder Band Das enthält, was der andere nicht hat, sondern auch, daß die Vorzüge des einen gerade in Dem bestehn, was dem andern abgeht. Wenn demnach die erste Hälfte meines Werkes vor der zweiten Das voraus hat, was nur das Feuer der Jugend und die Energie der ersten
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