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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer
Autoren: Kai Meyer
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Perle fegte aus dem Bannkreis, der sie bisher gehalten hatte, schraubte sich in engen Spiralen in die Höhe, zuckte wie ein wild gewordener Kugelblitz von Steuerbord nach Backbord, schlug einen Kreis um Buenaventure und wischte dann mit einem zischenden Laut über die Reling hinaus, in die Leere über dem Ozean.
    Sie war keine hundert Schritt entfernt und kaum mehr auszumachen, als sie explodierte. Ein Feuerball erblühte hoch über der See, stand für einige Sekunden am violetten Abendhimmel wie eine zweite Sonne und sank dann in sich zusammen, bis er wieder die Größe der Perle hatte und schließlich verglühte.
    Die Flammen um Munks Körper waren erloschen. Klitschnass saß er da, fluchte leise - und begann sofort wieder, eine neue Anordnung für seine Muscheln auszuprobieren.
    »Munk!« Jolly ging neben ihm in die Hocke. »Munk -was war das?«
    Er hob das Gesicht. Sie erschrak, als sein fiebriger Blick sie streifte. Seine Augen zuckten, seine Lider flatterten hektisch wie Schmetterlingsflügel.
    »Ich kann es nicht«, murmelte er immer wieder.
    »Ich kann’s einfach nicht.«
    Jolly schüttelte den Kopf und wollte nach den Muscheln greifen, als sein Schlag ihren Arm traf.
    »Verdammt, Munk - das hat wehgetan!«
    »Nicht anfassen!«, stieß er hitzig hervor.
    Sie zog die Hand zurück, nahm ihren Blick aber nicht von seinen glühenden Zügen. Plötzlich rauschte neben ihr schwarzer Stoff. Als sie aufsah, erhob sich über ihr die Gestalt des Geisterhändlers.
    »Lass ihn«, sagte er bestimmt. »Munk darf jetzt nicht gestört werden.«
    Jolly sprang auf und baute sich wütend vor dem Händler auf. »Er ist krank!«
    »Nein. Nur erschöpft.«
    »Dann muss er erst recht eine Pause machen.«
    »Zu viele Hoffnungen ruhen auf ihm. Er darf jetzt nicht aufgeben.«
    »Aber er zittert. Seine Augen . Hast du seine Augen gesehen?«
    »Ich sage dir, er braucht keine Ruhe. Nicht jetzt. Was er dringender braucht als alles andere, ist Erfolg.«
    Munks Stimme unterbrach sie. »Ich war so nah dran. So nah .«
    Griffin setzte den Holzeimer mit einem vernehmlichen Laut auf den Planken ab. »Allmählich glaube ich, ihr habt den Verstand verloren.«
    »Bei allen Seeteufeln!« Walkers Stimme brachte sie zum Schweigen. Sogar Munk blickte zur Brücke auf.
    Walker stand mit dem Fernrohr dort oben und sah über das Heck nach hinten. »Sie tun das, was ich an ihrer Stelle schon lange getan hätte!«, rief er, ohne sich zu den anderen umzuschauen. »Sie leichtern.«
    »Was bedeutet das?«, fragte Munk.
    »Sie werfen Ballast über Bord«, erklärte Jolly mit bebender Stimme.
    »Welchen Ballast?«
    »Die Kanonen!«, rief Walker. »Sie rollen einen Teil ihrer Geschütze über Bord.« Er ließ das Fernrohr sinken. »Jetzt kriegen sie uns. Sie holen auf.«
    Es war ein Labyrinth.
    Ein Labyrinth aus Felsnadeln, unförmigen grauen Kuppen, messerscharfen Steinkämmen und ein paar vereinzelten, dicht bewaldeten Inselrücken.
    Die Carfax erreichte die Ausläufer der bizarren Inselgruppe gerade in dem Moment, als alle glaubten, die Palomino würde jede Minute auf einer Höhe mit ihnen sein. Selbst mit seinen verbliebenen Kanonen war der Kopfgeldjäger der Carfax überlegen. Captain Constantine hatte die Schaluppe mit genügend Waffen beladen, um im Alleingang einen Krieg zu gewinnen. Aus den offenen Geschützpforten ragte Mündung um Mündung, Rauch stieg zwischen ihnen empor. Die Fackeln brannten bereits, die Kanoniere warteten auf den Feuerbefehl ihres Captains.
    Gerade als es aussah, als gäbe es kein Entkommen mehr, manövrierte Walker die Carfax durch eine Schneise ins Innere des Insellabyrinths. Constantine musste abdrehen, um nicht auf Grund zu laufen - für zwei Schiffe nebeneinander war in dem schmalen Durchlass zwischen den Felsen kein Platz.
    »Wie viel Zeit wird uns das geben?«, fragte der Geisterhändler.
    »Nicht viel.« Walker wirkte weder erleichtert noch stolz auf sein geschicktes Manöver. »Wir können nicht ewig zwischen den Felsen kreuzen. Die Winde hier sind tückisch, und die Strömungen . « Er brach ab und schüttelte den Kopf. »Und wenn wir vor Anker gehen, haben sie uns umso schneller.«
    »Also?«, fragte der Händler.
    »Wir können nur hoffen, dass Constantine wütend genug ist, uns sofort zu folgen. Nur dann haben wir eine Chance. Falls ich mich hier wirklich besser auskenne als er, dann kann ich ihn vielleicht auf ein Riff oder eine Sandbank locken.«
    »Im Dunkeln?«, fragte Jolly skeptisch. Auch Bannon hatte sich auf
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