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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong
Autoren: Harry Thürk
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Mädchen schüttelte betrübt den Kopf. »Morgen früh wird Madame Dorothy mich tadeln. Sie wird sagen, ich wäre nicht nett genug zu dir gewesen.«
    Er spürte, wie der Alkohol zu wirken begann. Mein Gott dachte er, wieviel Gallonen von diesem Zeug habe ich in den letzten Jahren in mich hineingegossen? Wie viele Nächte bei solchen Mädchen wie dieser Jane verbracht? Wie viele Stunden benebelt ins Leere gestarrt, froh darüber, daß die Trunkenheit die Gedanken verscheucht. Er zog einen Geldschein aus der Tasche und warf ihn dem Mädchen zu. »Da, nimm. Sag der Madame, es hat alles geklappt und ich hätte mich so bei dir ausgetobt, daß du drei Tage Urlaub verdienst.«
    Sie ließ den Schein blitzschnell verschwinden. Betrunkene waren oft eigenartig. Konnte man wissen, ob dieser Flieger das Geld nicht zehn Minuten später zurückforderte? Das beste war, ihn abzulenken. »Vielleicht gefällt es dir, wenn ich tanze?«
    Der Pilot nahm das Akkordeon wieder auf und überlegte, was er spielen sollte. Das Mädchen erhob sich. Er blickte an ihr vorbei und starrte auf den Spucknapf am Ende der Bar. »Meinetwegen tanz«, brummte er. »Aber mach den Leutnant da nicht wach.«
    Ein wenig abwesend sah er, wie sie das durchsichtige Gewand fallen ließ und einige rhythmische Bewegungen vollführte. Warum gehst du eigentlich nicht mit hinauf und vergnügst dich mit ihr, bis dir die Augen zufallen, fragte er sich. Sie ist jung und nicht schlechter als manche andere. Er spielte gedankenlos ein deutsches Lied; das Mädchen versuchte, nach der Musik zu tanzen. Da griff er in die Bässe, und das Instrument entfaltete seinen ganzen Wohlklang.
    Oben stolperte Conolly aus einem der kleinen Zimmer. Er ordnete oberflächlich seine Kleidung und fluchte, als er mit dem Kopf gegen einen Querbalken rannte. Torkelnd erreichte er die Tür, hinter der er Mazzoli wußte, und wollte sich gerade bemerkbar machen, als er auf das Akkordeonspiel im Salon aufmerksam wurde. Sein gerötetes Gesicht überzog sich mit einem breiten Grinsen, er ging weiter und stolperte die Treppe abwärts, bis er durch den Glasperlenvorhang sehen konnte, was da drinnen geschah. Er pfiff leise durch die Zähne und schob die Perlenschnüre beiseite. »Jesus«, rief er, »dachte ich es mir doch! Mein werter Chef sitzt am knisternden Kaminfeuer und spielt stimmungsvolle teutonische Lieder!«
    Das Mädchen Jane erschrak. Sie raffte das Gewand vom Boden auf, warf es über und huschte zum Diwan zurück.
    »Siehst du, was du angerichtet hast?« sagte Kolberg vorwurfsvoll. Die Musik brach ab.
    Conolly holte tief Luft. Dann nahm er sich von der verlassenen Bar ein Glas, füllte es aus einer herumstehenden Flasche und ging damit zu Kolberg. »Bist du verrückt oder besoffen?« erkundigte er sich sachlich.
    »Ist das nicht egal?«
    Conolly schüttelte den Kopf. »Falls du verrückt bist, kriegst du diesen Drink hier. Wenn du nur besoffen bist, kippe ich ihn selber.«
    »Dann kipp ihn.« Kolberg zog seine Ginflasche aus der Tasche und prostete ihm zu.
    »Oh«, machte der Kopilot, »du mußt weit herunter sein. Wer Gin trinkt und noch dazu solchen wie den da, der ist des Geldmangels verdächtig, außerdem der Absicht zum Brudermord und des Bankeinbruchs. Soll ich dir hundert Dollar pumpen?«
    Er stellte das Glas auf das Klavier, dann hockte er sich auf die Armlehne von Kolbergs Sessel. Er steckte dem Piloten eine Zigarette zwischen die Lippen, brannte sie an und sagte gemütlich: »So, nun erzähl Pappi mal, was dich bedrückt. Aber halt mich nicht zu lange auf. Ich habe nämlich zwei Damen in meinem Zimmer.«
    »Warum hockst du dann hier herum?« gab Fred Kolberg mürrisch zurück. »Ich kann mich auch allein besaufen.«
    »Das tust du bloß nicht, Bruder. Du spielst nackten Siamesinnen germanische Lieder vor. So was ist nicht normal. Los, was ist passiert?«
    Das ist der Mann, der morgen wieder neben dir in der Kanzel sitzt, dachte Kolberg, und übermorgen in der B-29 über Korea; der Mann, dessen Leben mit dem deinen verkettet sein wird, dein Kamerad, dein Mitkämpfer - Ned Conolly und der Himmel über Korea, die Schwärme der Bomber und die einstürzende Welt unter dir auf der Erde. Mit Ned Conolly wirst du fliegen, für Claire Lee Chennault von der CAT, für die Vereinigten Staaten von Amerika, für den Präsidenten und den Kongreß und das Pentagon und, hol‘s der Satan, für alle Hurenhäuser der westlichen Hemisphäre!
    »In Erfurt haben wir mal als Jungens ... « Er stockte und
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