Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Titel: Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)
Autoren: Frank Wittig
Vom Netzwerk:
Geschlechtsorgan ›Gebärmutter‹ nach Erreichen der nichtfertilen Lebensphase einfach überflüssig sei und entfernt werden könne. Das sei ohnehin die beste Karzinom-Prävention … Später, in ihrer Arbeit in der Reha-Klinik Bad Salzuflen, wurde die Kollegin aufmerksam auf die Folgen dieses Eingriffs. Lernte, auf die Verlustempfindungen Betroffener zu hören, ließ sich ein auf die Schilderungen des sogenannten Posthysterektomie-Syndroms.
    Als ich für einen Beitrag über schonende Operationsverfahren bei Gebärmuttermyomen in das Internationale Zentrum für FrauenGesundheit nach Bad Salzuflen komme, treffe ich die Geschäftsführerin Dr. Barbara Ehret-Wagener. Obwohl schon deutlich über 70, engagiert sich die große, weißhaarige, vital wirkende Gynäkologin noch immer für das Thema Frauengesundheit. Und noch immer prangert sie die Geldschneiderei in ihrer Disziplin mit klaren Worten an:
    »Es sieht so aus, dass zwei Drittel der Gebärmutterentfernungen medizinisch nicht indiziert sind, das bedeutet, dass sich jährlich 80 000 bis 90 000 Frauen den Strapazen einer Gebärmutterentfernung überflüssigerweise unterziehen.« Der Grund für diesen überschießenden Fleiß in der Fachdisziplin der Frauenärzte? Die gynäkologische Chirurgie ist ein Zweig der Gesundheitsindustrie. Und die hat zunächst das Ziel, das bei jeder Industrie im Vordergrund steht: Geld zu verdienen. Dr. Barbara Ehret-Wagener formuliert es so: »Ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn die Operationen wegen gutartiger Erkrankungen wegfielen, ziemlich viele deutsche Kliniken schließen müssten.«
Wie behandelt man Myome?
    »Gutartige Erkrankungen«? Von welchen medizinischen Problemen ist da eigentlich die Rede? In den weitaus meisten Fällen werden Myome von den Gynäkologen als Grund für die Hysterektomie ins Feld geführt. Myome sind gutartige Wucherungen in der Muskelschicht der Gebärmutter. Sie sind äußerst verbreitet. In Europa sind mehr als zehn Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter davon betroffen. Allerdings: Solange Myome keine Beschwerden bereiten, wie Blutungsstörungen oder Schmerzen, gibt es keinen Grund für eine Operation. Und auch wenn sie zu einer Belastung werden, ist das noch lange kein Argument, gleich die ganze Gebärmutter zu entfernen. Myome können beispielsweise mit einer »heißen Schlinge« aus dem Uterus geschält werden.
    Doch diese organerhaltende Operation hat aus ökonomischer Sicht einen gravierenden Nachteil: Sie wird nur mit 900 Euro vergütet. Eine Gebärmutterentfernung bringt mit 3300 Euro mehr als das Dreifache. Dreimal dürfen Sie raten, welche Direktive die Klinikleitung normalerweise an ihre gynäkologischen Chirurgen abgibt, wie sie die Frauen hinsichtlich der Behandlung von Myomen beraten sollen.
    Ein weiterer Grund, weshalb die Gebärmutterentfernungen in den letzten Jahren wieder deutlich zugenommen haben, sieht Dr. Barbara Ehret-Wagener in der minimalinvasiven Chirurgie. Der Eingriff kann heute endoskopisch vorgenommen werden (wie das Knorpelglätten, Sie erinnern sich). Zwei kleine Schnitte in der Bauchdecke fallen auch kosmetisch kaum ins Gewicht. Wird der Eingriff durch die Scheide vorgenommen, bleiben außen gar keine Spuren der Operation. Das senkt die Hemmschwelle offenbar und hilft bei den »Verkaufsgesprächen«, die Kundinnen von diesem Service zu überzeugen.
    Bevor ich jetzt eine weitere bizarre Geschichte über einen geplanten Raubüberfall eines Gynäkologen auf seine Patientin erzähle, möchte ich eine Zwischenbemerkung machen. Die Gebärmutter soll hier nicht mystifiziert werden. Als unentbehrlich für die weibliche Identität. Auch nicht als medizinisch unverzichtbares Organ, ohne das der Frau sofort Krankheit und Siechtum drohen. Denn es gibt natürlich auch echte »Indikationen«, also medizinische Gründe für eine Hysterektomie. Gebärmutterkrebs etwa oder schwere Blutungsstörungen. Und wer die Vorstellung verbreitet, ohne dieses Organ sei ein zufriedenes und gesundes Leben nicht mehr möglich, der läuft Gefahr, Trauer und Verlustgefühle, die sich auch nach einer notwendigen Operation einstellen können, unnötig zu bestärken und zu vertiefen.
    Aber dass Zigtausende dieser Operationen ohne einen triftigen Grund vorgenommen werden, dass Frauenärzte dieses Organ so häufig als Objekt zur persönlichen Bereicherung missbrauchen, ist ein bitterböser Skandal. Meine dringende Bitte: Wenn Ihr Gynäkologe zu einem solchen Eingriff rät, holen Sie sich eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher