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Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Titel: Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)
Autoren: Frank Wittig
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angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses erstellt wurde, hat neben einer Vielzahl von chirurgischen Eingriffen auch die Entfernung der Eierstöcke in deutschen Krankenhäusern statistisch ausgewertet. 8 Der Report kommt zu dem Schluss, dass in 15,8 Prozent der Fälle (2899 Frauen) dieser Eingriff ohne pathologischen Befund durchgeführt wurde. Das ist erschreckend. Einer der vielen Gründe, weshalb das erschreckend ist: Frauen ohne Eierstöcke sterben früher. Eierstöcke haben (auch noch nach der Menopause) eine schützende Funktion im Körper: Ohne Eierstöcke, das ist aus anderen Studien bekannt, steigt das Risiko für Lungenkrebs, Schlaganfall und Herzinfarkt. 9

Kampf ums Herz
Stent: Überflüssiger Maschendraht für Milliarden Euro
    Ein Stent ist ein wundersames kleines Ding. Ein Röhrchen aus Drahtgeflecht. Als filigranes Stützkorsett kann er in verengte Blutgefäße gepflanzt werden, vorzugsweise in Herzkranzgefäße, um einen drohenden Herzinfarkt zu verhindern. Das sagen zumindest viele Kardiologen oder Radiologen, die mit dieser eleganten Technik viel Geld verdienen. Ein Stent wiegt im Schnitt kaum ein halbes Gramm. Der Materialwert des Maschendrahts, sei es nun eine Nickel-Kobalt-Legierung, eine Platinlegierung oder ein Polymer: 30 Cent? Berechnen wir die kunstvolle Bearbeitung des Materials und Gelder für Forschung großzügig, kommen wir auf einen Wert von vielleicht zehn Euro. Unser Gesundheitssystem kostet er aber – je nach Größe und Ausführung – zwischen 200 und 2000 Euro. Das sind Gewinnspannen! Und wir sprechen zunächst nur von dem Stückchen Drahtgeflecht. Das Einpflanzen schlägt noch mal mit 1500 Euro zu Buche. 330 000-mal pro Jahr wird in Deutschland ein Stent eingesetzt. Häufig »prophylaktisch«. Um einem möglichen Herzinfarkt vorzubeugen. Auch bei Patienten, die vollkommen ohne Symptome sind. Doch das ist Unsinn. Das haben Studien wiederholt gezeigt.
    Die aktuellste Studie kommt aus den USA und wurde im Fachmagazin Archives of Internal Medicine10 veröffentlicht. Sie stellt dem medizinischen Shootingstar, dem Stent, ein vernichtendes Urteil aus: Bei der Behandlung der sogenannten stabilen koronaren Herzkrankheit – des wichtigsten Einsatzgebietes des Stents – würden in den USA jedes Jahr sechs bis acht Milliarden Dollar verplempert. In Deutschland kostet diese medizinisch wertlose Überversorgung mit Stents nach vorsichtigen Schätzungen jährlich etwa eine Milliarde Euro. Mich würde es nicht wundern, wenn die Studie hierzulande – ebenso wie die Moseley-Studie zur sinnlosen Knorpelglättung im Knie – schlicht ignoriert würde. Die zuständige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, DGK, hat sich schon in früheren Leitlinien geweigert, kritische Studienergebnisse zum prophylaktischen Stenten ernst zu nehmen. Im Jahr 2008 hatte beispielsweise die Courage-Studie ergeben, dass der Maschendraht bei der stabilen koronaren Herzkrankheit keine Vorteile gegenüber der rein medikamentösen Behandlung zeigt. Die Fachgesellschaft mit der Deutungshoheit über kardiologische Sachverhalte spricht sich trotzdem nach wie vor für die wirtschaftlich interessantere Behandlung, das Stenten, aus. 11 Das Stenten ist wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Ein solches Geschäft lässt man sich nicht einfach so von wissenschaftlichen Erkenntnissen kaputt machen.
    Berlin-Mitte. Eines der renommiertesten Krankenhäuser in Deutschland. Wir sind mit dem Kamerateam im Katheterlabor. Die Atmosphäre ist ähnlich wie bei der endoskopisch durchgeführten Knorpelglättung, die wir in München miterlebt haben. Auch hier wird »elegant operiert«. Während bei einer »richtigen« Operation in der Regel ganz schön Blut fließt und das reichliche Rot auf den Kitteln, den Handschuhen und den Lappen am Boden nicht selten den Eindruck eines Gemetzels vermittelt, ist es hier im Katheterlabor fast clean. Nur ein paar Blutspritzer dort, wo der Kardiologe mit dem Katheter an der Leiste in eine große Ader eintaucht. Minimalinvasive Medizin eben.
Die Atmosphäre: easy und clean
    Kein Anästhesist, der Narkose oder Vitalfunktionen überprüft, kein Assisstenzarzt, der beim Schneiden und Nähen hilft, keine Schwester, die chirurgisches Werkzeug reicht. Wenn überhaupt, ist da neben dem Kardiologen ein Assistent oder eine Assistentin, die per Joystick den Patienten unter der Röntgenkamera hin- und
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