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Die Weiße Burg

Die Weiße Burg

Titel: Die Weiße Burg
Autoren: Robert Jordan
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die Dienerin in ihren Sätteln verbeugten, trieb sie ihr Pferd auf Elenia zu, und zwar in einem Tempo, dass die Hufe ihres schwarzen Wallachs Schneeklumpen in die Höhe schleuderten. Das Licht sollte diese Närrin verbrennen! Andererseits, was auch immer Naean zu einer solchen Unbesonnenheit veranlasste, war möglicherweise interessant und zu wissen wert, ob es nun gefährlich war oder nicht. Möglicherweise, aber es herauszufinden barg seine eigenen Gefahren.
    »Bleibt hier und vergesst nicht, dass ihr nichts seht«, fauchte Elenia ihr Gefolge an und stieß Morgenwind die Absätze in die Flanken, ohne auf eine Erwiderung zu warten. Sie brauchte nicht bei jeder Gelegenheit Verbeugungen und Hofknickse, jedenfalls nicht über das übliche Maß des Anstands hinaus, und ihre Leute wussten es besser, etwas anderes als befohlen zu tun. Um alle anderen musste sie sich Sorgen machen, sollten sie doch alle zu Asche verbrennen! Als die langbeinige Stute einen Satz nach vorn machte, entglitt ihr der Saum ihres Umhangs, und er flatterte hinter ihr her wie das blutrote Banner von Sarand. Sie verzichtete darauf, den Umhang wieder unter Kontrolle zu bringen, sich vor Bauern und das Licht allein wusste wem noch zu verrenken, also schnitt der Wind durch ihr Reitgewand, ein weiterer Grund für schlechte Laune.
    Naean hatte wenigstens den Verstand, das Tempo zu drosseln und sie auf halbem Weg zu treffen, neben zwei schwer beladenen Karren, deren abgeschirrte Deichseln im Dreck lagen. Das nächste Feuer war mindestens zwanzig Schritte entfernt, die nächsten Zelte noch weiter, und ihre Eingänge waren fest gegen die Kälte verschnürt. Die Männer am Feuer richteten ihre Aufmerksamkeit auf den großen Eisenkessel, der über dem Feuer dampfte, und der entströmende Gestank reichte aus, dass sich Elenia am liebsten übergeben hätte, aber wenigstens würde der Wind, der den Geruch heranwehte, keine Wortfetzen bis zu ihnen tragen. Aber es sollten besser wichtige Worte sein.
    Man hätte Naean als Schönheit bezeichnen können. Der schwarze Pelz rahmte ein Gesicht so hell wie Elfenbein ein, und es störte nicht einmal der strenge Zug um ihren Mund oder die Augen, die so kalt wie blaues Eis erschienen. Hoch aufgerichtet und nach außen hin ganz ruhig, wirkte sie von allem unberührt. Ihr Atem, der sich in weißen Nebel verwandelte, kam gleichmäßig und beherrscht.
    »Wisst Ihr schon, wo Ihr diese Nacht schlafen werdet, Elenia?«, fragte sie.
    Elenia gab sich nicht die geringste Mühe, ihren wütenden Blick zu verbergen. »Das wollt Ihr wissen?« Arymillas Zorn für eine hirnlose Frage zu riskieren! Der Gedanke daran, Arymillas Zorn heraufzubeschwören, allein die Vorstellung, dass Arymillas Zorn etwas war, dem sie aus dem Weg gehen musste, ließ sie fauchen. »Da wisst Ihr so viel wie ich, Naean.« Sie zog an den Zügeln und wollte gerade ihr Pferd herumreißen, als Naean erneut das Wort ergriff, diesmal mit einer Spur Leidenschaft.
    »Spielt mir nicht die Dumme vor, Elenia. Und erzählt mir nicht, dass Ihr nicht genauso wie ich bereit seid, Euch den eigenen Fuß abzubeißen, um aus dieser Falle herauszukommen. Können wir jetzt wenigstens so tun, als wären wir höflich zueinander?«
    Elenia hielt Morgenwind halb von der anderen Frau abgewandt und sah sie von der Seite an, vorbei an dem pelzverbrämten Saum ihrer Kapuze. So konnte sie auch die Männer im Auge behalten, die sich ums Feuer drängten. Hier waren keine Haus-Abzeichen zu sehen. Sie konnten zu jedem gehören. Gelegentlich warf einer der Burschen, die ihre Hände unter die Achseln geschoben hatten, den beiden Ladys im Sattel einen Blick zu, aber ihr wahres Interesse galt dem Feuer und wie lange es dauern würde, bis das Rindfleisch zu so etwas wie Brei zerkochte. Solche Männer schienen alles essen zu können.
    »Glaubt Ihr, Ihr könnt entkommen?«, fragte sie leise.
    Höflichkeit war schön und gut, aber nicht, wenn es bedeutete, sich hier länger als nötig allen Blicken preiszugeben. Aber wenn Naean einen Ausweg sah... »Wie? Das Treuegelöbnis, das Ihr unterzeichnet habt, um Marne zu unterstützen, ist mittlerweile in halb Andor verteilt worden. Davon abgesehen glaubt Ihr ja wohl kaum, dass Arymilla Euch so ohne weiteres abreisen lassen wird.« Naean zuckte zusammen, und Elenia konnte ein schmales Lächeln nicht unterdrücken. Die Frau war nicht so unbeteiligt, wie sie zu sein vorgab. Aber sie schaffte es immerhin, ihre Stimme ganz ruhig klingen zu lassen.
    »Ich habe gestern
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