Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Karolina Halbach
Vom Netzwerk:
Mitglied der königlichen Familie zu erheben. Ottokar erwartete Wiedergutmachung. Wirtho von Brennberg musste fallen.
    Heinrich tastete nach den Schmuckzügeln seines Pferdes, während die Knappen ihm behilflich waren, die Eisenschuhe in die Steigbügel zu bekommen, und der Rotbart den Seilhaken löste. Dann ging der Bursche zum Ständer für die Lanzen, hob eine heraus, als handelte es sich um ein trockenes Ästchen und fuhr prüfend über die unverhüllte Spitze. Verwundert beobachtete Heinrich, dass der Knecht sie noch einmal mit einem Lappen polierte, den er vorher in eine klare Flüssigkeit getaucht hatte. Rasch ließ der Rotbart den Lappen in seiner Tasche verschwinden und reichte die Waffe dem dafür zuständigen Knappen. Heinrich kam nicht mehr dazu, Fragen zu stellen, denn sein Helm wurde ihm über den Kopf gestülpt und die Halsberge festgezurrt. Vom Stechplatz her hörte Heinrich nun vielstimmiges »Hoch«-Geschrei. Der König und seine Familie waren eingetroffen. Energisch fuhr Heinrichs Arm durch die Schlaufen des Schildes. Heute kämpfte er unter seinem Wappen, demjenigen derer von Meißen, und er war entschlossen, seiner Familie und seinem Namen Ehre zu machen. Mit aller gebotenen Sorgfalt ließ er sich vom ältesten und erfahrensten Knappen des königlichen Hofes helfen, die schwere Lanze in die Rechte zu legen. Dann preschte er auf den Platz hinaus.

*
    Es blieb Arigund keine Zeit, weiter ihren Gedanken nachzujagen, denn die Fanfaren kündigten die beiden Ritter an. Wie es der Anstand gebot, ritten sie zunächst mit offenem Visier zur königlichen Loge und entboten ihren Gruß. Arigunds Herz begann schneller zu schlagen. Ihr Ritter war ein wahrhaft prächtiger Anblick auf seinem in eine bunte Schabracke gehüllten Braunen. Wirthos Rappe tänzelte unruhig, wölbte den Hals und stieß das gewohnte Kriegsgewieher aus. Arigund sah zu dem Platz hinüber, an dem Heinrichs Knappe, ein hoch aufgeschossener blonder Jüngling, stand. Von dem Jungen halb verborgen entdeckte sie einen roten Haarschopf. Matthias. Was tat der im Gefolge des Meißeners? Als der Herold die Turnierregeln verlas, wurde Arigund mit einem Male erschreckend bewusst, das dies hier kein böser Traum war, aus dem man wieder erwachen konnte. Wirthos Rappe untermalte die Ankündigung des Herolds, dass so lange gekämpft werde, bis einer der beiden Kontrahenten kampfunfähig sei, mit boshaftem Stampfen. Wirtho brachte seinen Hengst mit einer energischen Parade zur Ruhe. Die Zuschauer begannen, Heinrich begeistert zuzujubeln, seinen Gegner, Wirtho von Brennberg, jedoch auszubuhen. Schließlich hatte man durchaus davon gehört, dass der Truchsess seine Hand gegen die kleine Prinzessin hatte erheben wollen. Ärgerlich trat Wirtho dem Rappen mit den Sporen in die Seiten, was der mit einem empörten Bocksprung quittierte. Der Herold brachte sich in Sicherheit, und die Zuschauer lachten ein wenig.
    Wütend packte Wirtho den Griff seiner Lanze fester. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände: Er würde sich nicht mit »Kampfunfähigkeit« zufriedengeben. Für ihn ging es in diesem Kampf um Sein oder Nichtsein. Heinrich wendete mit ausdrucksloser Miene sein Pferd. Arigund sah zu Reimar und flüsterte: »Wir sollten beten.«
    Der junge Ritter nickte und antwortete: »Ja, mein Liebes, das sollten wir.«
    Wirthos Hengst schien angesichts des Tumultes beinahe durchzudrehen. Er rollte mit den Augen, blähte die Nüstern und gebärdete sich, als sei er gerade erst zugeritten worden. Wild stieg er hoch und versuchte seinen Reiter abzuwerfen. Da griff plötzlich ein rotbärtiger Knecht in die Zügel des Pferdes. Arigund zuckte zusammen. Matthias! Schon wieder. War er nicht gerade eben noch in Heinrichs Gefolge gewesen? Er legte seine Hand über die Nüstern des Tieres, das sich sofort zu beruhigen schien. Arigund war es, als würde der Knecht noch etwas anderes in den Händen halten. Aber im nächsten Augenblick war nichts mehr zu sehen. Vermutlich hatte sie sich getäuscht. Nun schien auch Wirtho zu bemerken, wer da für ihn in die Bresche gesprungen war, doch eingeklemmt in seinen Sattel konnte er kaum mehr tun als einen wütenden Schrei auszustoßen, woraufhin der Rappe sich erneut losriss und sich so mächtig bäumte, dass Arigund glaubte, das Tier würde sich überschlagen. Nur Wirthos Sattelfestigkeit bewahrte ihn davor, abgeworfen zu werden. Allerdings musste ihn das Tier irgendwie am Kopf getroffen haben, denn Arigund sah, wie sich ihr Gatte an die Stirn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher