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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Karolina Halbach
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Seite zur anderen. Der Dämon, der von ihrem Gatten Besitz ergriffen hatte, schien seinen Körper verlassen zu wollen. Arigund schloss für einen Moment die Augen. Ihr Herz raste derart, dass sie glaubte, es müsste in ihrer Brust zerspringen. Auch Reimar blickte bestürzt auf seinen Bruder.
    Der König erhob sich und starrte ungläubig auf den Brennberger hinab: »Berichte, Herold!«, rief er laut.
    Der Mann verneigte sich vor seinem Herrscher. Dann ließ er die Posaunen erklingen: »Hört, ihr Edlen und ihr Bürger Wiens. Gott hat mit seinem Finger auf Wirtho von Brennberg gezeigt und seine lügnerischen Reden bestraft. Das Schwert Heinrichs von Meißen war nicht nötig, die Schlechtigkeit dieses Menschen zu offenbaren. Dennoch soll er zum Sieger dieses Zweikampfes ernannt werden.«
    Die Menge wollte bereits wieder in Jubelrufe ausbrechen, doch Ottokar brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Mit sichtlich ergriffener Stimme sagte er: »Das war wahrlich ein Gottesurteil!«
    Bischof Bruno nickte. Der König winkte zu Reimar und Arigund. Die Wachen geleiteten sie bis vor den Herrscher. Vor seiner Loge knieten sie nebeneinander nieder und senkten ihr Haupt. Ottokar ließ erneut die Posaunen erklingen und verkündete:
    »Die Unschuld des Herrn Reimar von Brennberg und der Dame Arigund von Brennberg ist unzweifelhaft bewiesen. Vom heutigen Tag an sei es unter Strafe niemandem mehr erlaubt, Ehrenrühriges über die beiden Edelleute verlauten zu lassen.«
    Arigunds Erleichterung ging im Jubel der Menge unter. Blumen wurden ihr zugeworfen. Sie hob den Kopf und sah zu Kunigunde. Das Mädchen strahlte und winkte ihr zu, bis ihre Amme sie fortzog. Heinrich trat an ihre Seite und küsste minniglich ihre Fingerspitzen. Arigund verneigte sich tief vor ihrem Ritter und schenkte ihm das Einzige, was sie ihm geben konnte, ihr Lächeln. Auch er neigte artig sein Haupt. Doch dann ging er zu den Männern zurück. Arigund sah ihm sehnsüchtig nach. Die Zeit des Schulterklopfens und der Abenteuer war für sie vorbei. Heinrich würde nur in ihren Träumen ihr Lager teilen – vielleicht auch sie in seinen? Reimar ergriff zärtlich ihre Hand. Sie fühlte sich eiskalt an. Behutsam führte er sie zu seinem Mund, küsste sie kurz, wollte ihre Finger mit seinem Atem erwärmen. Es fühlte sich gut und richtig an, dennoch entzog sie sich ihm: »Ich muss nach meinem Gatten sehen, wie es Anstand und Sitte von mir verlangen«, sagte sie mit gepresster Stimme.
    Überrascht sah Reimar sie an. Ließ sie ihn stehen für dieses Monster? Für einen Moment wollte Reimar sie nicht freigeben, aber dann ließ er sie gewähren.

*
    Wirtho von Brennberg starb am dritten Tag nach dem Turnier ohne seine Sprache wiedererlangt zu haben oder die Fähigkeit, seine rechte Körperseite bewegen zu können. Im Morgengrauen verlor er das Bewusstsein, und kurz danach griff der Tod nach ihm. Seine Gattin wich in dieser Zeit nicht von seinem Lager, und so lobte später jedermann den Edelmut der Herrin von Brennberg. Bischof Bruno gestattete ihr, in des Königs Namen, den Truchsess in dem neu gegründeten Dominikanerkloster der Wiener Neustadt beisetzen zu lassen. Maestoso ging seinem Herrn schon in der Nacht des Ehrenhändels voran. Eine schwere Kolik warf ihn ins Stroh, aus der er sich nicht mehr erholte. Unmittelbar nach der Totenfeier verließ Arigund gemeinsam mit ihrem Schwager, dem zukünftigen Truchsess, Wien, um nach Brennberg zurückzukehren. Gerne hätte sie sich noch von Annelies und Matthias verabschiedet, doch die beiden schienen nach dem Turnier wie vom Erdboden verschluckt. Arigund unterließ alle weiteren Versuche, ihre ehemalige Zofe aufzuspüren. Sie und ihr Gatte mochten ihre Gründe haben, weshalb sie unentdeckt bleiben wollten. Stattdessen sandte die neue und alte Herrin von Brennberg einen Boten nach Eichstätt mit der Bitte, Kunigund von Brennberg von ihrem Gelübde zu entbinden. Ihre Hilfe würde dringend auf der Burg benötigt. Heinrich von Meißen zog seiner Wege, den Verlautbarungen nach wollte er den Winter in Frankreich am Hofe Ludwig IX. verbringen.

Z UM S CHLUSS
    Die Geschichte von Arigund DeCapella und Reimar von Brennberg ist gänzlich erfunden. Das Geschlecht der Brennberger allerdings ist geschichtlich belegt. Die Burg steht im gleichnamigen Örtchen als sehenswürdige Ruine im Landkreis Regensburg und lohnt – genau wie das nahe gelegene Höllbachtal – in jedem Fall einen Besuch. Wer sich um die Mitternachtsstunde bei
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