Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Karolina Halbach
Vom Netzwerk:
griff, als litte er Schmerzen. Mit verbissenem Gesichtsausdruck schloss Wirtho sein Visier.
    Heinrich wartete bereits. Arigunds Tüchlein wehte am Griff seiner Lanze, die er nun fest gepackt hatte. Die Fanfaren erklangen. Der Herold gab das Zeichen, und die Pferde pflügten mit ihren Hufen durch den mit Binsen und Mulch bedeckten Boden. Arigund schwindelte ein wenig angesichts des Tempos, mit dem die Tiere gegeneinanderstürmten. Die Fassaden der Patrizierhäuser tanzten vor ihren Augen. Die Giebel und Türmchen drehten sich, eine fauchende Böe fegte in die Banner der Kaufleute und ließ sie über den Kontrahenten flattern. Arigund stockte der Atem. Beide Ritter schienen wild entschlossen, den Kampf schon im ersten Waffengang für sich zu entscheiden. Das Eisen der Rüstungen quietschte, knarrte protestierend unter den mächtigen Sprüngen der Rösser, die mit angelegten Ohren und schäumenden Mäulern einander fast erreicht hatten. Die scharfen Spitzen der Lanzen zielten eine jede auf den Hals des Gegners. Diese Stelle war besonders empfindlich. Ein Treffer konnte tödlich enden. Das Geschrei der Zuschauer steigerte sich zu einem Inferno. Beim nächsten Herzschlag senkte Wirtho seine Waffe, um in altbewährter Manier den Gegner zu täuschen, ihn dazu zu bringen, den Schild zu senken, dann aber die Lanze in letzter Sekunde doch noch hochzureißen und den Widersacher am Kopf zu treffen. Doch Heinrich ließ sich durch die Finte nicht irritieren. Mit einem wütenden Schrei hielt er seinen Schild eisern schützend vor seinen Körper, während seine Lanze in die Hüfte des Brennbergers fuhr, wo sie zwar am glatten Metall der Rüstung abglitt, aber dennoch zersplitterte. Umso erstaunter beobachtete Arigund, dass ihr Gatte die Zügel fahren ließ, sich erneut an den Kopf griff und im Sattel schwankte. Sein herrenloses Pferd führte nun seinen eigenen Kampf, und der galt dem Braunen. Mit gebleckten Zähnen versuchte der Hengst den anderen zu packen, erwischte jedoch nur die Schabracke. Heinrich richtete sein Pferd rückwärts, bis die Schranke das führerlose Pferd hinderte, seines zu attackieren. Der Rappe machte erneut einen Satz nach vorne. Wirtho verlor den Steigbügel, rutschte aus dem Sattel und fiel krachend zu Boden. Heinrich sah sich nach seinem Reitknecht um und schwang sich ebenfalls vom Pferd. Unter dem Jubel der Zuschauer hasteten die Reitknechte eilig in die Bahn, ergriffen die Zügel des Braunen und versuchten den Rappen zu bändigen, der nun seinerseits schwankte, als hätte er bei dem Streit eine Verletzung davongetragen. Endlich
    gelang es den Brennberger Helfern, das Pferd zu packen und vom Platz zu führen. Arigund konzentrierte sich wieder auf die beiden Ritter. Ihre Finger krallten sich in das Holz der Absperrung. Heinrich wartete mit gespreizten Beinen, das Schwert mit beiden Händen gefasst, auf seinen Gegner. Das Herz der Zuschauer hatte er längst gewonnen. Kusshände und Tüchlein flogen ihm zu. Adelsfräulein sandten schmachtende Blicke zu ihrem Helden. Doch Arigund wusste, der Kampf war noch nicht entschieden. Zwei Knappen halfen Wirtho hoch, doch der schien angeschlagen, denn so kannte ihn Arigund gar nicht. Normalerweise hätte der Schwarzbart nun sofort angegriffen und so lange auf seinen Gegner eingedroschen, bis der unter seinen Hieben zusammenbrach. Stattdessen schien Wirtho seine liebe Not zu haben, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. Endlich stand er, halb auf das Schwert gestützt. Langsam kam Heinrich auf ihn zu und schien dem Brennberger die Hand reichen zu wollen. Statt einzuschlagen, hob Wirtho unvermittelt das Schwert und stieß einen fürchterlichen Schrei aus. Arigund hielt sich die Hand vor den Mund. Eine List! Der Brennberger wollte seinen Gegner ungeschützt attackieren! Die Klinge surrte direkt auf Heinrichs Kopf zu. Der machte einen Schritt zur Seite. Die Menge kreischte, buhte und johlte. Doch im nächsten Augenblick brach Wirtho einfach zusammen, ohne dass ihn Heinrichs Schwert auch nur berührt hätte. Reglos blieb der Brennberger liegen. Die Schreie der Menge erstarben. Der Herold eilte herbei und beobachtete, wie Wirthos Helm geöffnet wurde. Von ihrem Platz aus konnte Arigund direkt in das Gesicht des Ritters blicken. Es wirkte seltsam verzerrt. Das rechte Auge starrte leer in den Himmel, Wangen und Mundwinkel hingen auf dieser Seite schlaff herab, und Speichel troff aus dem Mund, der unverständliche Laute von sich gab. Das andere Auge rollte wild von einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher