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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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jetzt die vom Blitz getroffenen Leichen der Wegelagerer. Sie wurden blaß und verneigten sich ehrfurchtsvoll vor der Priesterin.
    »Herrin… ich sehe, daß die Götter dich beschützen. Wir wollen zwar in eine andere Richtung, aber wir werden dich bis zum nächsten Dorf mitnehmen. Dort kannst du Sänftenträger und eine Eskorte bekommen.«
    Er reichte ihr die Hand und gab ihr eine trockene Decke, in die sie sich einhüllte. Langsam setzte sich der Wagen wieder in Bewegung; Caillean mußte einsehen, daß diese ehrlichen Leute ihr nicht besser helfen konnten. Aber keine Macht der Erde würde sie rechtzeitig zu Samhain nach Vernemeton bringen.

    Gaius stellte nicht sonderlich überrascht fest, daß der breite Weg nach Vernemeton mit Menschen bevölkert war, die zum Fest kamen. Die Blicke, die man ihm zuwarf, wenn er vorbeiritt, waren jedoch nicht gerade freundlich, und nach einer Weile hielt er es für klüger, die Straße zu verlassen und durch den Wald zu reiten. Er kannte den Weg über die Hügel, der ihn an der Hütte des Einsiedlers vorbei zu den Priesterinnen führen würde.
    Es blies ein kalter Wind. Die kahlen Zweige über seinem Kopf knackten und klapperten wie Knochen. Samhain war das Fest der Toten. Bei den Römern galt dieser Tag als unheilvoll, und Gaius war sicher, daß ihm nichts Gutes bevorstand. Trotzdem dachte er nicht daran, umzukehren. Ihn hatte inzwischen ein Fatalismus erfaßt, wie er ihn aus der Zeit bei den Legionen kannte - die bittere Entschlossenheit, mit der Männer manchmal in die Schlacht gehen, in der das Überleben weniger wichtig ist als die Ehre.
    Gaius zweifelte nach den Ereignissen der letzten Tage an seiner Ehre. Aber er würde sie zurückgewinnen, koste es, was es wolle. Es lag in seinen Händen, ohne großes Aufsehen ein Unheil zu verhindern, das blitzschnell von einem Funken zu einem erschreckenden Brand werden konnte. Wie ihm das gelingen sollte, wußte er nicht. Er wußte nur, daß, wenn überhaupt jemand, dann er dazu in der Lage war.
    Er sah Rauch über der Hütte von Vater Petros und überlegte kurz, ob er mit dem Einsiedler sprechen sollte. Aber die Hütte erinnerte ihn an Senara, an Eilan und an Gawen. Diesen Erinnerungen konnte er sich jetzt nicht stellen. Außerdem fehlte ihm die Geduld, sich die religiösen Plattheiten des Einsiedlers anzuhören.
    Die Legionäre hielten sich vermutlich bis zum Einbruch der Dunkelheit versteckt. Im Wald sah er jedoch niemanden, und schließlich tauchten die Palisaden von Vernemeton vor ihm auf.
    Es dämmerte bereits. Wo war das Versteck der Männer? Er mußte sie um jeden Preis finden, bevor sie versuchten, ihren Plan in die Tat umzusetzen. Er saß ab, band den Hengst locker an einen Ast, damit das Pferd sich losreißen konnte, falls er nicht zurückkommen sollte. Dann umrundete er langsam im Schutz der Bäume das Gelände.
    Es war schon fast dunkel, als er hinter den Büschen nicht weit vor sich Stimmen hörte, die ihm der Wind zutrug. Vorsichtig wie eine Katze schlich er näher, und dann sah er sie.
    Die Soldaten hatten unter Haselnußsträuchern einen Windschutz aus trockenen Zweigen gebaut und würfelten, um sich die Zeit zu vertreiben. Sie stritten sich gerade darüber, ob sie es wagen konnten, ein Feuer zu machen.
    »Flavius Marco!« rief Gaius in barschem Befehlston. Der Mann sprang, ohne nachzudenken, auf und salutierte. Dann blickte er sich verwirrt um.
    »Wer ist da?« Der zweite Soldat zog sein Schwert. Gaius trat bewußt auf einen trockenen Zweig, der knackend unter seinen Füßen zerbrach, und kam schnell unter dem Baum hervor.
    »… Gaius Macellius«, sagte Marco. »Herr, wie kommst du hierher?«
    »Es ist wohl an mir, euch diese Frage zu stellen«, erwiderte Gaius streng. »Man weiß in Deva, daß ihr davongelaufen seid. Was glaubt ihr wohl, wird geschehen, wenn man erfährt, mit welcher Absicht ihr euch hier im Wald versteckt?«
    Marco wurde blaß und sagte kleinlaut: »Aber du wirst uns nicht verraten… ?«
    Gaius wartete lange genug, um den Männern gehörig Angst einzujagen, dann sagte er: »Ich bin nicht mehr euer Offizier. Wenn ihr auf der Stelle nach Deva zurückkehrt, wird euch vermutlich nicht viel passieren. Im Augenblick ist der Legat durchaus bereit, ein Auge zuzudrücken.«
    »Aber wir können nicht hier weg«, sagte der andere Soldat. »Longus ist noch da drinnen… « Er deutete auf die Palisaden.
    Gaius erschrak, aber er ließ sich nichts anmerken und antwortete ruhig: »Ihr könnt ihm nicht helfen, indem
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