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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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    Er verzog die Lippen und sah plötzlich wie ein Wolf aus, der die Zähne bleckt.
    »Es gibt keinen besseren Augenblick, um den Aufstand zu beginnen. Es ist die Zeit der Toten. Die Tore zwischen den Welten haben sich geöffnet. Also laß uns heute Cathubodva anrufen. Sie soll die Geister der Toten gegen unsere Feinde hetzen. Die Stämme sollen sich gegen Rom erheben. Meine Tochter, du kannst ihnen den Krieg befehlen!«
    Eilan unterdrückte ein Zittern. Sie hatte Ardanos gehaßt, aber sie wußte, daß ihr Großvater ein schlauer und gerissener Mann gewesen war. Trotz seiner Blindheit hatte er sich nie soweit verrannt, daß man ihn nicht umstimmen konnte, wenn sich ihm dadurch ein anderer Weg öffnete, sein Ziel zu erreichen.
    Eilans Vater war in seiner Direktheit bewundernswerter, aber auch sehr viel gefährlicher. Bendeigid würde alles für seine Ideale aufs Spiel setzen. Menschenleben zählten für ihn nicht.
    Sie wußte, in diesem Augenblick durfte sie ihm nicht widersprechen, sonst war alles vorbei. Plötzlich spürte sie wieder das Stechen im Kopf. Einen Augenblick lang wurde alles um sie herum dunkel, und sie hörte die vertraute Stimme.
    Was du auch tust, es wird nicht für lange sein.
    Eilan hörte die tröstlichen Worte und wußte, was sie Bendeigid zu sagen hatte.
    »Vater«, begann sie leise, »Ardanos hat meine Antworten nach eigenem Ermessen gedeutet. Ich nehme an, das wirst auch du tun. Aber du weißt nichts über die heilige Trance und über das Kommen und Gehen der Göttin.«
    Draußen entstand plötzlich Lärm, und Eilan stellte fest, daß Bendeigid ihr nicht mehr zuhörte. Jemand rief nach ihr. Im nächsten Augenblick wurde der Vorhang zur Seite gerissen, und sie sah, daß sich im Gang viele Menschen drängten. Es waren Druiden in blutverschmierten Gewändern, die einen Mann mit sich schleppten.
    »Was soll das bedeuten?«
    Eilan legte ihre ganze Autorität in diese Frage, und es wurde augenblicklich still.
    »Ein Eindringling, Herrin«, sagte jemand. »Wir haben ihn vor dem Haus der Frauen entdeckt. Er war nicht allein, aber der andere ist geflohen… «
    »Er muß es auf eine der Priesterinnen abgesehen haben!«
    Das Stimmengewirr setzte wieder ein.
    Der höchste Druide verschaffte sich Ruhe, indem er seinen Stab auf den Boden stieß.
    »Wer bist du, und was hast du hier zu tun?«
    Eilan schloß die Augen, denn auch blutüberströmt hatte sie die dunklen Locken und das Gesicht erkannt.
    Wollte er Senara entführen oder seinen Sohn?
    »Höchster Druide, erkennst du ihn nicht?«
    Dieda drängte sich vor, und Eilan zuckte unter Diedas boshaftem Lachen zusammen.
    »Nun ja, vielleicht sieht er nicht mehr so gut aus. Deine Priester haben ihn beinahe wie ein Schwein abgestochen. Aber das ist Gaius Macellius. Wenn du mir nicht glaubst, dann überzeuge dich selbst. Du wirst dich bestimmt an die Narbe an seiner Schulter erinnern!«
    Bendeigid hätte dein Vater sein sollen und ich die Tochter von Ardanos!
    Eilan blickte fassungslos Dieda an, die auf den Gefangenen zutrat und seinen Kopf hochzog. Er schlug mühsam die Augen auf und sah sie kurz an. Dieda deutete auf Bendeigid.
    »Du!« Bendeigid war verblüfft. »Hast du meiner Sippe nicht schon genug geschadet? Was hattest du heute im Sinn?«
    Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er zog finster die Brauen zusammen und sagte drohend: »Das hat nun alles ein Ende.« Den Priestern befahl er: »Säubert seine Wunden. Wascht ihn, aber laßt ihn auf keinen Fall frei. Wenn das geschehen ist, zieht ihm ein weißes Gewand an.«
    Eilan hielt bei seinen Worten den Atem an. Sie sah vor ihrem inneren Auge den Sommerkönig, der an Beltane mit einer weißen Tunika und einer Girlande auf dem Kopf auf sie zukam - und dieser Mann war Gaius.
    Eilan wußte sofort, was ihr Vater plante. Sie konnte ihn sogar verstehen. In alter Zeit suchte man die Gunst der Göttin Cathubodva zu erlangen, indem man ihr den vornehmsten Gefangenen opferte. Wenn Bendeigid als höchster Druide dieses Ritual jetzt wiederholte, dann lud er den Zorn der Römer auf die Stämme, und die Britonen würden zu den Waffen greifen müssen.
    »Ist das mit deinem Wissen geschehen?« fragte Bendeigid, als man den Gefangenen weggebracht hatte. »Hast du dich etwa die ganze Zeit über mit diesem Verräter getroffen?«
    »Nein, das habe ich nicht«, erwiderte sie leise. »Ich schwöre bei der Göttin, daß ich das nicht getan habe.«
    »Nun ja«, murmelte der höchste Druide und kniff die Augen
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