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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem
Autoren: Franziska Wulf
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täuschen.
    »Özdemir! Wir werden Özdemir in unseren Plan einweihen. Er soll mit seinen Leibwächtern die Straße absperren. Ihm wird bestimmt etwas einfallen. Es muss schließlich nicht den ganzen Tag dauern, sondern nur so lange, bis wir unbemerkt in den Stollen verschwunden sind. Und dann durchsuchen wir die Höhlen. Möglicherweise gibt es noch andere Ausgänge als diesen. Und vielleicht wartet an einem von ihnen Giacomo de Pazzi.«
    Anselmo nickte. »Und wer soll außer uns noch mitkommen ?«, fragte er.
    »Rashid natürlich. Und Anne.«
    Anselmo runzelte die Stirn. »Die Signorina auch? Aber sie ist eine Frau und …«
    »Das wird sie kaum davon abhalten, mit uns zu kommen. Wir müssten sie schon gefesselt und geknebelt hier zurücklassen . Und ich bin gewiss nicht derjenige, der sich mit ihr anlegen will.«
    »Aber ich«, sagte Anselmo trotzig. »Eine Frau sollte sich nicht unnötig in Gefahr begeben.«
    »Tu, was du für richtig hältst, Anselmo«, sagte Cosimo. »Ich kann dich ohnehin nicht davon abhalten. Aber behaupte hinterher nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte.«

X
    Die Höhle des Löwen
    Anne schäumte vor Wut. Sie hätte Anselmo am liebsten geohrfeigt, ihn durchgeschüttelt, am Kragen gepackt und aus dem Zimmer geworfen. Cosimo hatte ihr und Rashid gerade von den Ergebnissen von Anselmos Nachforschungen berichtet und ihnen erzählt, dass sie vorhatten, die Höhlen zu erforschen , um eine Spur von Giacomo zu finden. Und da wagte Anselmo es tatsächlich, ihr ins Gesicht zu sagen, sie solle zu Hause bleiben!
    »Jetzt hör mir mal gut zu, du neunmalkluger Hanswurst!«, sagte sie auf Italienisch und ging drohend auf Anselmo zu. »Giacomo hat mir mein Baby weggenommen. Auch wenn das jetzt schon ein paar Jahre her ist, für mich ist es praktisch erst gestern gewesen. Dieser Mistkerl hat meinen Sohn gestohlen. Und ich werde mitkommen, selbst wenn du dich auf den Kopf stellst. Hast du das kapiert?«
    Anselmo wich erschrocken einen Schritt zurück.
    »Natürlich … Ganz wie Ihr wollt. Kommt ruhig mit, ich wollte doch nur …«
    »Hör besser auf, etwas zu wollen«, fauchte sie ihn an und konnte gerade noch den triumphierenden, belustigten Blick sehen, den Cosimo Anselmo zuwarf. »Und Ihr seid auch still!«, herrschte sie ihn an. Dann wandte sie sich an Rashid, der auf einem Strohhalm kauend mit vor der Brust verschränkten Armen am Kamin lehnte und sich die ganze Szene ungerührt ansah .
    »Willst du auch noch etwas dazu sagen?«, fragte sie ihn auf Deutsch.
    »Wozu?«, fragte er zurück, und Anne fiel ein, dass er ja kein Italienisch verstand. »Hat Anselmo dich etwa davon abhalten wollen, mit uns in Salomons Steinbrüche zu gehen?« Er zuckte mit den Schultern. »Ich hätte ihm gleich sagen können, dass es vergebene Liebesmüh ist. Du bist …«
    »Stur? Willst du etwa behaupten, ich sei stur?« Anne sah Rashid streitlustig an.
    »Eigentlich wollte ich nur sagen, dass du eine Frau bist, die genau weiß, was sie will, die sich vermutlich nicht einmal von den Mächten des Himmels davon abbringen lassen würde, das zu tun, was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat. Aber«, seine Augen wurden schmal und funkelten spöttisch, »man könnte das natürlich auch ganz einfach stur nennen.«
    »Du bist doch …« Anne hob die Faust. Dann presste sie die Lippen aufeinander, um nicht zu lachen. Ihr Zorn war von einem Augenblick zum nächsten in einer riesigen Wolke verdampft . »Also ist es abgemacht. Ich komme mit.«
    Rashid zuckte wieder mit den Schultern. »Ich kann und werde dich nicht davon abhalten«, sagte er. »Und wenn Cosimo und Anselmo auch keine Einwände haben, ist es wohl abgemacht.«
    Cosimo sah sie an. Er hatte keine Deutschkenntnisse, konnte sich aber wohl vorstellen, worum es in ihrem Gespräch gegangen war.
    »Gut«, sagte er auf Hebräisch, »zuerst werden wir Özdemir aufsuchen und ihn um seine Hilfe bitten.«
    Sie brauchten Özdemir nicht lange um seine Unterstützung zu bitten. Cosimo hatte ihm kaum von dem berichtet, was Anselmo in der Nacht herausgefunden hatte, als er ihnen auch schon einen Plan unterbreitete. Sie würden sich in zwei Sänften verstecken, die genau auf der Höhe des geheimen Eingangs in einen Unfall mit zwei Ochsenkarren verwickelt werden würden. In dem dadurch entstehenden Durcheinander würde es den vieren wohl ohne Weiteres gelingen, sich unbemerkt in die Stollen zu schleichen.
    Die Vorbereitungen dazu waren schnell abgeschlossen, und es war noch nicht einmal
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