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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem
Autoren: Franziska Wulf
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es?«
    »Ja. Und ich habe gute Neuigkeiten. Ich bin wieder zurück .«
    »Jetzt schon?« Er klang überrascht. »Das nenne ich schnelle Arbeit. Und was ist mit …«
    »Ich habe es«, unterbrach sie ihn. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten. »Ich weiß zwar nicht, ob es wirklich genau das ist, was Sie suchen, ich kann es nicht lesen, es ist verschlüsselt, aber in der linken oberen Ecke befindet sich die Zeichnung eines Falken.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
    »Cosimo? Sind sie noch da?«
    »Ja. Ja, natürlich, ich bin nur …« Sie hörte, wie er sich am Kopf kratzte. »Gute Arbeit, Anne, wirklich gute Arbeit. Ich gratuliere ihnen.«
    »Danke. Und was jetzt?«
    »Warten sie, es ist jetzt …« Sie hörte es rascheln, seine Stimme veränderte sich, als hätte er den Hörer zwischen Kinn und Schulter geklemmt, dann klang er wieder normal. »Nein, jetzt ist es schon zu spät, wir bekommen jetzt keinen Flug mehr. Aber ich werde gleich einen für Sie buchen. Sie fliegen nach Madrid . Dort werden wir uns treffen. Wir holen Sie von ihrem Terminal ab. Aber jetzt sollten Sie erst einmal schlafen und sich von den Strapazen Ihrer Reise erholen. Sharon wird Ihnen morgen früh nach dem Frühstück alles Weitere erklären.«
    »In Ordnung. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Anne. Und, Anne?«
    »Ja?«
    »Sie sind eine fabelhafte Frau. Ich weiß, was Sie durchgemacht haben und …«
    »Lassen Sie uns bitte nicht jetzt darüber reden. Wir sehen uns in Madrid.«
    »Ja, gut.«
    Sie legte auf und starrte die Wand an. Madrid. Warum wollte Cosimo sie nach Madrid schicken? Was um alles in der Welt sollte sie dort? Wenn er nur das Pergament von ihr gewollt hätte, hätte er sie ebenso gut in Hamburg, Frankfurt oder hier in Jerusalem treffen können. Warum also ausgerechnet Madrid?
    Sie warf sich aufs Bett und sah zum Baldachin empor.
    Das hier war doch bestimmt nicht alles gewesen. Cosimo hatte sicher noch eine weitere Aufgabe für sie. Und diese Aufgabe konnte sie wahrscheinlich nur in Spanien erfüllen. Sie kam sich vor wie eine Geheimagentin. Wenn diese Aufgabe allerdings mit Giacomo de Pazzi zu tun hatte, würde sie mit Begeisterung dabei sein. Er hatte Giuliano auf dem Gewissen und ihr den Sohn geraubt. Und jetzt hatte er auch noch Rashid umgebracht . Allmählich reichte es.
    Morgen werden wir weitersehen, dachte sie und holte tief Luft. Nun werde ich erst einmal schlafen. Sie wickelte sich in ihre Decke ein und drehte sich auf die Seite. Da lag immer noch die Münze, mit deren Hilfe Rashid in Salomons Steinbrüchen die Richtung gewählt hatte. Sie war hochkant stehen geblieben. Wenn sie nun auf Kopf oder Zahl gelandet wäre, was wäre dann geschehen? Wären sie Giacomo trotzdem begegnet ? Wäre Rashid trotzdem tot? Und hätten sie trotzdem das wertvolle Pergament erbeutet?
    Man könnte es ausprobieren, dachte sie und drehte die Münze nachdenklich zwischen ihren Fingern. Sie glänzte immer noch wie neu, obwohl sie mittlerweile fünfhundert Jahre alt war. Sie brauchte nur etwas von dem Elixier zu trinken , sich wieder in das Jahr 1530 zu begeben und der Münze im entscheidenden Augenblick einen kleinen Schubs zu verpassen. Niemand würde es merken. Und doch wären die Folgen …
    … unabsehbar, dachte Anne. Allmählich verstehe ich, was Cosimo meint. Und ich begreife auch, weshalb dieses Elixier so gefährlich ist.
    Sie schloss ihre Finger um die Münze und legte den Arm unter den Kopf. Sie würde bestimmt nicht schlafen können. Es gab zu viel, womit sich ihre Gedanken beschäftigten.
    Doch entgegen ihrer Erwartung wälzte sie sich nicht im Bett herum und grübelte über Madrid nach oder über das, was sie in Jerusalem erlebt hatte. Sie dachte nur an Rashid. Er lächelte ihr zu, und seine Augen, so blau wie Saphire, funkelten. Und dann war sie auch schon eingeschlafen.
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