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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition)
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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kehrt. Er riss die Tür auf, zerrte Franke an den Haaren mit sich und verschwand im Dunkel des Eingangs. Die Frau schrie auf, die Tür fiel zu.
    Verdammte Scheiße!
    Hartmann winkte die Kollegen heran. Er zog seine SIG Sauer P6 aus dem Holster und nahm die Eingangstreppe in wenigen Schritten. Oben auf dem Absatz hielt er inne und wagte einen Blick durch die Glasscheibe. Lefeber drehte sich hektisch um die eigene Achse, einen Ausweg suchend, wobei er Ina Franke mitschleifte. Dabei kreuzten sich Hartmanns und sein Blick plötzlich in der Scheibe.
    Lefeber presste Franke an sich und hielt ihr ein Cuttermesser an die Kehle – eines von der Art, mit der man Linoleum schneidet. Hartmann schob langsam die Tür auf. Der Lauf seiner entsicherten Waffe deutete schräg auf den Boden, den ausgestreckten Zeigefinger hatte er neben den Abzug gelegt.
    Er hatte gute Lust, dem Kerl an Ort und Stelle eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Aber Werner Hartmann war Profi. Er atmete tief durch.
    »Können wir rausgehen auf den Hof?«
    »Ganz sicher nicht«, plärrte Lefeber. »Für wie dumm halten Sie mich?«
    »Kommen Sie, Herr Lefeber. So ein billiges Theater haben Sie doch gar nicht nötig.« Hartmann deutete mit einem Kopfnicken auf Lefebers verängstigte Geisel. »Lassen Sie Frau Franke gehen.«
    »Und dann?« Lefebers Stimme nahm einen beinahe weinerlichen Tonfall an.
    »Dann reden wir.«
    »Worüber?«
    »Worüber Sie möchten. Vielleicht – wie ich Ihnen helfen kann.«
    »Sie können mir nicht helfen.«
    »Die Jungen«, sagte Hartmann und ließ das Wort eine Weile nachwirken.
    Der Geiselnehmer sah ihn durchdringend an. »Was? Was ist mit den Jungen?«
    »Die beiden haben Sie provoziert, nicht wahr, die sauberen Früchtchen. Haben ihren Lehrer … verführt.«
    Lefeber schien nachzudenken. Dann nickte er fast wie in Zeitlupe. »Sie haben mich geradezu angebettelt. Schon im Unterricht haben sie mir immer diese Blicke zugeworfen. Diese unschuldigen Blicke. Ich wollte es nicht.« Ein feuchter Schleier legte sich auf seine Augen. »Ich wollte es wirklich nicht. Aber diese kleinen verdorbenen …«, Lefebers Stimme versagte.
    »Es ist nicht Ihre Schuld«, beschwichtigte ihn Hartmann. Er klang jetzt wie ein Vater, der seinem Sohn tröstend durchs Haar fuhr. Nur der hohe Adrenalinpegel in seinem Blut verhinderte, dass der Ekel vor diesem Ungeheuer ihn überwältigte. »Nicht Ihre Schuld«, wiederholte er. »Das wird das Gericht sicher anerkennen.«
    In Lefebers Ausdruck schlich sich Verwunderung. Plötzlich fixierte er Hartmanns Pistole, deren Mündung auf eine unbestimmte Stelle am Boden direkt vor seinen Füßen zeigte.
    »Keine Gerichtsverhandlung! Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen«, sagte er trotzig und drückte die Klinge des Cuttermessers noch etwas fester an Ina Frankes Hals, was sie mit einem Wimmern quittierte. Hartmann hob die Waffe. »Lefeber, seien Sie vernünftig! Sie lassen jetzt die Frau gehen und dann besprechen wir alles Weitere.«
    Die Tür hinter Hartmann wurde aufgerissen.
    »Werner!«, hörte er Felix Abel keuchen. Sein Kollege stand mit gezückter Waffe neben ihm.
    »Hau ab, Felix!«, herrschte Hartmann ihn an, aber es war bereits zu spät. Lefeber wich einen Schritt zurück, dann noch einen. Was auch immer sich gerade zwischen dem Polizisten und dem Geiselnehmer angebahnt hatte, war jäh beendet.
    »Verschwindet!«, schrie der Lehrer, »Beide! Sofort raus!«
    Abel ging langsam rückwärts, die Tür quietschte, als er das Gebäude verließ.
    »Geben Sie auf, Mann. Sie haben doch keine Chance.«
    »Ich weiß, aber Ina auch nicht«, stellte er nüchtern fest.
    In diesem Moment machte Franke einen letzten verzweifelten Versuch, sich loszureißen. Ihr Fuß schnellte hoch und traf Lefeber in die Genitalien. Der Mann krümmte sich, im Reflex riss er Franke beinahe zu Boden. Mit einem gequälten Grinsen zog er die Klinge quer über ihren Hals. Blut spritzte aus der klaffenden Wunde hervor. Mit einem Aufschrei stürzte Franke zu Boden und umklammerte ihren Hals. Ein feiner roter Sprühregen schoss zwischen ihren Fingern hervor.
    Hartmanns Gehirn brauchte eine Millisekunde, um das Geschehen zu verarbeiten und zu reagieren. Die Verhandlungsphase war ganz offensichtlich beendet.
    »Nur zu!«, schrie Lefeber. Klappernd fiel das Messer zu Boden. Hartmann wusste zuerst nicht, was er meinte. Dann registrierte er, dass seine Waffe auf Lefebers Kopf gerichtet war.
    »Los doch, erschießen Sie mich!«
    Hartmann betrachtete
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